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Pacta sunt servanda – auch in Corona Zeiten!

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Pacta sunt servanda – auch in Corona Zeiten!

Der BGH hat jüngst in zwei richtungsweisenden Urteilen klargestellt, dass dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ („Verträge sind einzuhalten“) auch unter ungewöhnlichen, von niemanden einkalkulierten Umständen wie die Corona-Krise besondere Beachtung gebührt. Richtig so!

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Problembeschreibung

Unzählige Vertragsverhältnisse konnten seit Beginn der Corona-Krise nicht planmäßig durchgeführt werden (vgl. dazu auch diesen Beitrag). Schuld waren meist die staatlichen Corona-Maßnahmen, für die naturgemäß keine der Vertragsparteien eine Verantwortung trifft. Dies hat die spannende Frage aufgeworfen, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen die vertragliche Hauptleistung – z.B. die Überlassung der Räumlichkeiten in mietrechtlichen Konstellationen – trotz der Corona-Maßnahmen nach wie vor erbracht werden konnte, allerdings die Nutzung der Räume für den Mieter infolge der Corona-Maßnahme ganz oder teilsweise nicht möglich war.

Die Instanzgerichte haben in den zurückliegenden rund zwei Jahren allzu leicht der belasteten Partei – im vorgenannten Beispiel also dem Mieter – das Recht auf Kürzung oder gar Fortfall der eigenen Leistungspflicht (z.B. Mietzahlung) zugesprochen. Oft wurde dabei pauschal vorgegangen und z.B. eine Teilung ausgeurteilt.

Dieses Vorgehen ist nach nun ergangener BGH-Rechtsprechung rechtlich nicht haltbar. Dieser Rechtsprechung ist zuzustimmen!

Die Klarstellungen des BGH im Einzelnen 

Ausgangspunkt: pacta sunt servanda

Wie schon eingangs erwähnt, hat der BGH in zwei aktuellen, für das Recht auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) richtungsweisenden Entscheidungen in begrüßenswert deutlicher Form klargestellt, dass Verträge auch im Falle einer späteren schwerwiegenden Änderung der vertraglichen Grundlagen grundsätzlich einzuhalten sind.

Würdigung der vereinbarten und/oder im Vertrag angelegten Risikoverteilung – wer trägt das Verwendungsrisiko?

Dies gilt insbesondere und selbstverständlich dann, wenn das sich infolge der geänderten Umstände realisierte Risiko einer Vertragspartei gesetzlich und/oder vertraglich zugewiesen ist.

Am Beispiel des Gewerberaummietrechts hat der BGH in seinem Urteil vom 12. Januar 2022, Az. XII ZR 8/21, erläutert, wie streng die Verpflichtung zum Einhalten eines geschlossenen Gewerbemietvertrages zu verstehen ist.

Dazu Folgendes:

Gegenstand dieses neuen Urteils des BGH vom 12. Januar 2022 war die vollständige Schließung eines Ladengeschäfts, die durch Corona bedingte behördliche Maßnahmen erforderlich geworden war.

Für den Mieter bedeutete dies für den Schließungszeitraum einen vollständigen Wegfall der Verwendungsmöglichkeiten hinsichtlich des von ihm angemieteten Gewerberaums.

Zu diesem Sachverhalt hat der BGH festgestellt, dass

  • der komplette Fortfall der Verwendungsmöglichkeiten weder einen Mangel der Mietsache noch einen Fall der Unmöglichkeit der Überlassung der Mietsache darstellt, und
  • bei mietrechtlichen Vertragsverhältnissen das sogenannte Verwendungsrisiko qua Gesetz beim Mieter liegt.

Gegenstand des Verwendungsrisikos ist dabei laut BGH insbesondere auch die Erwartung des Mieters ist, Gewinne erwirtschaften zu können.

Noch bedeutsamer ist die weitere Feststellung des BGH, dass die Übernahme des vorgeschriebenen Verwendungsrisikos auch nachträglich eintretende Umstände, z.B. in Form behördlicher Maßnahmen, umfasst. Der BGH hat ausgeführt:

„Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. Dazu gehört vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Mieters kommt (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 – XII ZR 189/09NJW 2011, 3151 Rn. 8 f. mwN).“

Recht auf Vertragsanpassung als große Ausnahme

Als eine Konsequenz daraus, dass das Verwendungsrisiko auch nachträglich eintretende, dabei möglicherweise schwerwiegend wirkende, Umstände umfasst, hat der BGH weiterhin klargestellt, dass ein Anspruch der betroffenen Partei auf Vertragsanpassung unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB nicht in Betracht kommen kann, wenn und soweit die fraglichen Umstände, auf die ein solches Anpassungsrecht gestützt wird, vom von dieser Partei übernommenen Vertragsrisiko umfasst ist.

Der BGH hat dazu in wiederum begrüßenswerter Klarheit ausgeführt:

„Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (Senatsurteil BGHZ 223, 290 = NJW 2020, 331 Rn. 37 mwN).“

Zwischen Fazit

„Pacta sunt servanda“ bedeutet, dass übernommene Vertragspflichten grundsätzlich auch bei einer nachträglichen schwerwiegenden Veränderung der dem Vertrag zugrunde liegenden Umstände unverändert fortgelten.

Insbesondere wenn also nach den getroffenen Vereinbarungen ein bestimmtes Vertragsrisiko, z.B. das Verwendungsrisiko, von einer Partei übernommen worden ist, so können Umstände, die dieses übernommene Risiko betreffen, nicht Basis eines Vertragsanpassungsanspruchs sein.

BEACHTE:

Selbst wenn eine Auslegung der Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die im fraglichen Fall eingetretenen Umstände das übernommene Risiko „sprengen“, führt dies nicht dazu, dass die vereinbarte Risikoverteilung unbeachtlich wird.

Vielmehr trägt in solchen Fällen, auch dies hat der BGH klargestellt, die nach den getroffenen Vereinbarungen risikotragende Partei das verwirklichte Risiko nicht allein. Anhand der Umstände des Einzelfalles ist zu ermitteln, wie die Parteien an den Folgen des verwirklichten Risikos konkret zu beteiligen sind. Der BGH hat ausgeführt:

„Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht vertraglich das alleinige Verwendungsrisiko für den Fall einer pandemiebedingten Schließung ihres Einzelhandelsgeschäfts übernommen.“

Wichtig an vorzitierter Feststellung ist wie gesagt, dass der BGH selbst bei einer kompletten Schließung nur annimmt, dass in diesem Fall das Verwendungsrisiko nicht allein beim Mieter zu sehen ist.

Inhalt und Verlust des Vertragsanpassungsrechts

Für den Fall, dass der betroffenen Partei ausnahmsweise ein Recht auf Vertragsanpassung gemäß den vorgeschriebenen Kriterien zuzubilligen ist, hat der BGH auf Rechtsfolgenseite, also mit Blick auf den Inhalt einer etwaigen Vertragsanpassung, wiederum dem Grundsatz des pacta sunt servanda ein hohes Gewicht beigemessen.

Mit weiterem Urteil vom 2. März 2022, Az XII. ZR 36/21 hat der BGH zunächst darauf hingewiesen, dass es für ein Recht auf Vertragsanpassung noch nicht ausreichend ist, dass die fraglichen veränderten Umstände das vertraglich übernommene Risiko übersteigen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 12. Januar 2022 (Az. XII ZR 8/21) ausgeführt:

Auch wenn die mit einer pandemiebedingten Betriebsschließung verbundene

Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache nicht allein dem Verwendungsrisiko des Mieters zugeordnet werden kann, bedeutet dies aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann.“

Vielmehr muss hinzukommen, dass unter Würdigung wiederum aller Umstände des Einzelfalls das unveränderte Festhalten am Vertrag als gänzlich unzumutbar erscheint.

Für die Frage der Zumutbarkeit kommt der vereinbarten Risikoverteilung besondere Bedeutung zu. Dies hat der BGH in diesem weiteren Corona-Urteil vom 2. März 2022 (Az. XII ZR 36/21) explizit herausgestellt:

Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Das Gericht muss daher nach § 313 Abs. 1 BGB diejenigen Rechtsfolgen wählen, die den Parteien unter Berücksichtigung der Risikoverteilung zumutbar sind (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl. § 313 Rn. 89) und durch die eine interessengerechte Verteilung des verwirklichten Risikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt wird (BGH Urteil vom 21. September 1995 – VII ZR 80/94ZIP 1995, 1935, 1939 mwN).“

Den vorzitierten Ausführungen des BGH ist eine weitere wichtige und dabei sehr begrüßenswerte Feststellung zu entnehmen. Diese besteht darin, dass im Falle der Bejahung eines Vertragsanpassungsanspruchs inhaltlich eine Anpassung zu wählen ist, die einen möglichst geringen Eingriff in das ursprünglich Vereinbarte darstellt. Damit hat der BGH ein weiteres Mal den hohen Stellenwert des Pacta-sunt-servanda Grundsatzes herausgestellt.

Vertragsanpassungen sind nach den zutreffenden Ausführungen des BGH „Millimeter Arbeit“.

Jede inhaltliche Anpassung des Vereinbarten bedarf einer besonderen Rechtfertigung, die unter Beachtung der vorbeschriebenen Kriterien und unter Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu begründen ist.

BEACHTE:

Aus dem Dargestellten folgt, konsequenterweise, dass die unter Umständen anspruchsberechtigte Partei ihr Vertragsanpassungsrecht auch wieder – und zwar endgültig – verlieren kann!

Dies gilt nämlich dann, wenn die Partei das ihr angebotene Anpassungsrecht endgültig ablehnt. Letzteres war im vom BGH mit Urteil vom 2. März 2022 entschiedenen Fall gegeben.

In diesem Fall musste die dort streitgegenständliche Hochzeitsfeier Corona-bedingt für den geplanten Termin abgesagt werden. Vom Vermieter der Hochzeitsräumlichkeiten waren Ersatztermine genannt worden, an denen das Brautpaar allerdings kein Interesse mehr zeigte, es wollte ausschließlich die bereits gezahlte Miete erstattet bekommen.

Der BGH hat dazu entschieden, dass der Anspruch auf Rückzahlung der Miete nicht besteht. Das Ehepaar hätte sich zumindest mit einer Verschiebung der Feier einverstanden erklären müssen. Da es dies abgelehnt hatte, blieb es bei der Mietzahlungspflicht. 

Der BGH hat ausgeführt (ab Rz. 41 des Urteils):

(…) Rechtsfehlerhaft ist dagegen, dass das Berufungsgericht nicht ausreichend in den Blick genommen hat, ob sich der Anspruch der Kläger nach § 313 Abs. 1 BGB auf Vertragsanpassung auf die von der Beklagten angebotene Verlegung der Hochzeitsfeier beschränkt, weil bereits dadurch eine interessengerechte Verteilung des Pandemierisikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt werden kann. (…)  Dabei hat es jedoch nicht angemessen berücksichtigt, dass die Beklagte den Klägern bereits am 26. März 2020 eine Vielzahl von Ausweichterminen, auch für das Jahr 2021, angeboten hat, die den Klägern eine langfristige Planung auch unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklung des Pandemiegeschehens ermöglicht hätte. Dieses Angebot zu einer kostenlosen Umbuchung des Termins hat die Beklagte am 25. April 2020 wiederholt. Die Kläger waren jedoch zu weiteren Verhandlungen mit der Beklagten über eine angemessene Vertragsanpassung nicht bereit und haben das Angebot auf Verlegung des Termins pauschal abgelehnt. Dies zeigt, dass die Kläger an einer interessengerechten Lösung nicht interessiert waren, sondern allein eine Aufhebung des Mietvertrags erreichen und damit das Risiko der Absage der Feier einseitig auf die Beklagte verlagern wollten.

(…)

Die von den Klägern angestrebte Vertragsanpassung dahingehend, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung ganz oder teilweise befreit werden, kommt somit nicht in Betracht, weil ihnen die Annahme des Angebots der Beklagten auf Verlegung des Termins für die geplante Hochzeitsfeier unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung (§ 313 Abs. 1 BGB) zumutbar ist. (…)“

BEACHTE:

Wesentlich ist das vorzitierte Urteil vom 2. März 2022 auch unter einem weiteren Gesichtspunkt. Denn der BGH hat in diesem Urteil, das im Anschluss an das erste Corona-Urteil vom 12. Januar 2022 (BGH-Urteil vom 12.02.2022, Az. XII ZR 8/21), bei dem es bekanntlich um Gewerbemietrecht ging, ergangen ist, nun auch für den  Verbraucherbereich entschieden, dass der Grundsatz „pacta sunt servanda“ sehr streng anzuwenden ist und eine Vertragsanpassung daher nur in absoluten Ausnahmefällen gerechtfertigt sein kann.

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Gesamt-Fazit

Pacta sunt servanda! Auch in Corona-Zeiten.

 

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EURO-Klauseln – Vorbeugung gegen Eurokrisenszenarien

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EURO-Klauseln: Vorbeugung gegen Eurokrisenszenarien

EURO-Klauseln werden bis heute überwiegend mit der Einführung des Euro in Verbindung gebracht. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit dem unschönen Fall, dass der Euro in eine Krise gerät, verbunden z.B. mit dem Ausstieg einzelner Staaten aus der Euro-Zone. Zur Vorbeugung dieses Falles lohnt es sich, über „Nach-EURO“-Klauseln nachzudenken.

Problembeschreibung

Die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist Eckfeiler eines jedes „guten“ Vertrages. Nun stelle man sich Folgendes vor: Lieferant A verpflichtet sich gegenüber Abnehmer B zur Lieferung einer komplexen industriellen Anlage zum Preis von 20 Mio. Euro. Die letzte Zahlungsrate in Höhe von 2 Millionen Euro wird erst nach Fertigstellung und Abnahme fällig. Mit der Abnahme ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach Plan erst nach 2 Jahren zu rechnen. Ohne viel Fantasie führt dies zu der Frage, wie bzw. ob eigentlich sichergestellt ist, dass 2 Mio. Euro zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und 2 Mio. Euro zum Zeitpunkt der Abnahme 2 Jahre später noch (in etwa) gleichwertig sind. Die Antwort ist: Dies ist schlichtweg nicht sichergestellt! Die aktuell wegen Vorrang des Gesundheitsschutzes noch nicht so sehr im Fokus stehenden wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise, die aus diversen Gründen wohl auch den Euro nicht unerheblich belasten werden, lassen die Frage, wie sich der Lieferant gegen Währungsrisiken und damit einem drohenden Wertverfall der ihm vereinbarungsgemäß zustehenden Gegenleistung vertraglich schützen kann, hoch aktuell erscheinen. Der nachfolgende Beitrag ordnet die Problematik zunächst rechtlich ein und zeigt einige vertragsrechtliche Lösungsansätze überblicksmäßig auf.

 

 

 
 
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Erforderlichkeit vertraglicher Regelungen

Die eingangs erwähnten wirtschaftlichen Folgen, die die Corona-Krise erst noch zutage bringen wird, bedrohen die Stabilität des Euro in vielerlei Hinsicht. Bliebe es bei nur bei einer wohl zu erwartenden überdurchschnittlichen Inflation wäre dies als Best Case zu bezeichnen. Nicht auszuschließen ist eine politisch motivierte schmerzhafte Geldentwertung, der Ausstieg einzelner Staaten aus der Euro-Zone oder gar ein Zerbrechen der Währungsunion. Ist ein Vertrag von diesem Szenario betroffen, stellt sich die Frage für den Lieferanten, ob er gegen eine hieraus resultierende Entwertung seiner Gegenleistung, die auf einen bestimmten Euro-Betrag gerichtet ist, rechtlich abgesichert ist.

Denken könnte man an eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Demnach kann Anpassung eines Vertrages gefordert werden, wenn

„(…) sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, (…)“

Im Falle der hier diskutierten Währungsrisiken dürfte ein Anpassungsanspruch meist an der Voraussetzung mangelnder Vorhersehbarkeit scheitern. Die Risiken rund um die Euro-Zone sind seit langer Zeit in schwankender Intensität ein Thema.

Im Falle eines Austritts einzelner Euro-Staaten oder auch einer Beendigung der Währungsunion dürfte § 313 BGB zudem entgegenstehen, dass der Gesetzgeber ggf. – wie schon bei Einführung des Euro – den Grundsatz der Vertragskontinuität festschreiben wird. So wurde damals bei Einführung des Euro über Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17. Juni 1997 Folgendes geregelt:

„Die Einführung des Euro bewirkt weder eine Veränderung von Bestimmungen in Rechtsinstrumenten oder eine Schuldbefreiung noch rechtfertigt sie die Nichterfüllung rechtlicher Verpflichtungen, noch gibt sie einer Partei das Recht, ein Rechtsinstrument einseitig zu ändern oder zu beenden. Diese Bestimmung gilt vorbehaltlich etwaiger Vereinbarungen der Parteien.“

Zwischenergebnis zu EURO-Klauseln

Wie eingangs schon erwähnt, ist der Lieferant als Geldgläubiger gegen das Risiko einer Geldentwertung und damit einhergehend einer Störung des Aquivalenzverhältnisses
zwischen Leistung (= Lieferung) und Gegenleistung (= Geldzahlung) nicht geschützt. Er sollte daher nach Möglichkeiten suchen, sich hiergegen vertraglich abzusichern.

 

Formen zulässiger Vertragsklauseln

Nachdem herausgearbeitet ist, dass der Lieferant als Geldgläubiger gegen die Risiken, die mit einer „echten“ Euro-Krise einhergingen, nicht ohne weiteres geschützt ist, stellt sich die Frage, in welcher Form er mit seinem Geschäftspartner vertraglich vorbeugen kann.

Preisanpassungsklauseln

Auf den ersten Blick erscheinen automatische Preisanpassungsklauseln als das Mittel der Wahl. Bei solchen Klauseln wird der Preis orientiert an einem in Bezug genommen Index (z.B. Verbrauchpreisindex) automatisch angepasst.

Zwar sind solche Klauseln zur Wertsicherung im Grundsatz höchstrichterlich anerkannt. Leider hat der Gesetzgeber dieser Lösung aber recht enge Grenzen gesetzt. Insbesondere ist eine automatische Preisanpassung verboten. Zu nennen sind das Preisklauselgesetz sowie das AGB-Recht. Gemäß Preisklauselgesetz gilt ein sog. Indexierungsverbot, das die Vereinbarung einer automatischen Preisanpassung grundsätzlich untersagt, vgl. § 1 Abs. 1 Preisklauselgesetz:

„Der Betrag von Geldschulden darf nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind.“

Hintergrund ist, dass ansonsten befürchtet würde, dass durch automatische Preisanpassungsklauseln unerwünschte Inflation unkontrolliert angetrieben werden könnte.

Das Gesetz sieht allerdings Ausnahmen vor, die eine (nicht automatische) Preisanpassung erlauben, vgl. § 1 Abs. 2 Preisklauselgesetz:

(2) Das Verbot nach Absatz 1 gilt nicht für Klauseln,

1. die hinsichtlich des Ausmaßes der Änderung des geschuldeten Betrages einen Ermessensspielraum lassen, der es ermöglicht, die neue Höhe der Geldschuld nach Billigkeitsgrundsätzen zu bestimmen (Leistungsvorbehaltsklauseln),
2. bei denen die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Güter oder Leistungen im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind (Spannungsklauseln),
3. nach denen der geschuldete Betrag insoweit von der Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen abhängig gemacht wird, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen (Kostenelementeklauseln),
4. die lediglich zu einer Ermäßigung der Geldschuld führen können

Von diesen Ausnahmen interessant sind insbesondere die Leistungsvorbehaltsklauseln sowie die Spannungsklauseln.

Zulässige Leistungsvorbehaltsklauseln sehen anstatt einer – verbotenen – automatischen Preisanpassung vor, dass der Berechtigte bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen (insb. Änderung der Bezugsgröße, Eintritt eines bestimmten Ereignisses) nach seinem Ermessen den Preis neu bestimmen darf. Es dürfte jedem einleuchten, dass ein solches einseitiges Bestimmungsrecht (§ 315 BGB) rechtlich schnell auf Bedenken stößt. Hier kommt dann ggf. auch schnell das AGB-Recht ins Spiel. Der BGH hat zur grundsätzlichen Zulässigkeit und Berechtigung von Leistungsvorbehaltsklauseln mit Urteil vom 9. Mai 2012 (Az. XII ZR 79/10) ausgeführt:

„Nach der Rechtsprechung des BGH stellen Preisänderungsklauseln bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insbesondere solchen, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind, ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung dar. Denn sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (…)

Dabei ist das Interesse des Vertragspartners des Verwenders einer Preisänderungsklausel daran zu berücksichtigen, vor Preisanpassungen geschützt zu werden, die über die Wahrung des ursprünglich festgelegten Äquivalenzverhältnisses hinausgehen (vgl. BGHZ 94, BGHZ Band 94 Seite 355 = NJW 1985, NJW Jahr 1985 Seite 2270; BGHZ 158, BGHZ Band 158 Seite 149 = NJW 2004, NJW Jahr 2004 Seite 1588 [NJW Jahr 2004 1590]; jew. m. w. Nachw.).“

Erforderlich und unabdingbar ist nach der Rechtsprechung des BGH ein berechtigtes Interesse des von der Klausel Begünstigten sowie eine hinreichende Konkretisierung der Voraussetzungen für das Anpassungsrecht, um die Interessen des Vertragspartners ausreichend und damit AGB-sicher zu schützen. Für den Vertragspartner muss hinreichend ersichtlich sein, was auf ihn zukommt. Der BGH hat mit Urteil vom 25. November 2015 (Az. VIII ZR 360/14) ausgeführt:

„(…) Allerdings kann sich nach § 307 I 2 BGB eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners iSd § 307 I 1 BGB auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen sowie wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen zu lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (…)“

Spannungsklauseln nehmen für eine Preisanpassung einen bestimmten Index in Bezug, der sich auf mit dem Vertragsprodukt vergleichbare Güter bezieht. Um die Wirksamkeit der Klausel zu gewährleisten, muss die Regelung hinreichend bestimmt und dem Kriterium der Vergleichbarkeit genüge getan sein. „Vergleichbarkeit“ erfordert, dass das in Bezug genommene Vergleichsgut gleichartig ist oder zumindest dem Wesen nach vergleichbar ist. Das Verhältnis zwischen Geldschuld und Bezugsgröße muss „nach der Verkehrsanschauung“ gleichartig sein. Die Bezugsgröße muss dem zu sichernden Schuldverhältnis eigentümlich und wesensgemäß sein. Nach allem handelt es sich um eine Wertungsfrage, so dass bei Gestaltung einer entsprechenden Klausel besondere Vorsicht geboten ist, um das Risiko der Unwirksamkeit zu minimieren.

Nachverhandlungsklauseln

Die oben beschriebenen Unsicherheiten bei der vertraglichen Ausgestaltung einer Preisanpassungsklausel lassen sich durch eine reine Nachverhandlungsklausel umgehen.

Mit einer Nachverhandlungsklausel lässt sich vereinbaren, dass die Parteien bei erheblicher Veränderung der Umstände – hier also ggf. des Geldwertes – zu Nachverhandlungen verpflichtet sind. Es gibt also kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, sondern „nur“ die Verpflichtung beider Parteien, den ursprünglichen Preis nachzuverhandeln. Großer Vorteil einer solchen Regelung ist, dass deren Wirksamkeit kaum in Frage gestellt werden kann. Über eine geeignete Formulierung der Klausel lässt sich dabei weitgehend sicherstellen, dass sich der Vertragspartner einer Preisanpassung nicht gänzlich versperren kann.

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Fazit zu (Nach) EURO-Klauseln

Das einleitend beschriebene Risiko hinsichtlich des Euro ist seiner Höhe nach schwer einzuschätzen. Durch eine „Nach-EURO“-Klausel zur Wertsicherung lässt sich dieses Risiko im beschriebenen Rahmen ausschalten. Sie als Unternehmer haben so eine Sorge weniger.

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Vereinbarung von Freihaltepflichten

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Die Vereinbarung von Freihaltepflichten – ein unterschätztes Instrument des Vertragsrechts

Die vertragliche Vereinbarung von Freihaltepflichten ist ein bis heute selten angewandtes vertragliches Instrument. Dabei können solche Freihaltevereinbarungen gerade in Mehr-Parteien-Konstellationen sehr hilfreich sein. Ein besonders relevantes Beispiel liegt im Bereich des sehr komplexen und daher streitträchtigen Anlagenbaus. Hier kann sich durch Freihaltevereinbarungen die typischerweise unangenehme Position des Generalunternehmers gegenüber Auftraggeber und Subunternehmer erheblich verbessern, wenn es um die Gewerke seiner Subunternehmer geht.

Hierüber will der Autor das interessierte Publikum in nachfolgendem Beitrag informieren.

high angle view of lawyer and client discussing contract

Das Problem: Die „Sandwich-Position“ des Generalunternehmers

Bei den Gewerken seiner Subunternehmer sitzt der Generalunternehmer gewissermaßen „zwischen den Stühlen“.

Gibt es ein Problem, das auf ein Gewerk eines Subunternehmers zurückgeht, wird die Problematik leicht sichtbar:

Der Generalunternehmer hat zwei Vertragspartner, den Auftraggeber und den Subunternehmer. Nun stelle man sich folgende, nicht seltene Konstellation vor:

Der Auftraggeber konfrontiert den Generalunternehmer mit einer Mängelrüge, die ein Subunternehmer-Gewerk betrifft. Aus Sicht des Auftraggebers hat der Generalunternehmer als sein alleiniger Vertragspartner den Mangel zu verantworten. Aus Sicht des Generalunternehmers sieht dies wiederum anders aus, denn der Subunternehmer schuldet ihm gegenüber eine mangelfreie Lieferung. Folgerichtig wird der Generalunternehmer diese Mängelrüge an den betreffenden Subunternehmer weiterreichen. Im (seltenen) Idealfall herrscht Einigkeit über den Mangel und der Subunternehmer wird den Mangel zur allseitigen Zufriedenheit beheben. Doch was passiert, wenn der Subunternehmer streikt und das Vorliegen eines Mangels zurückweist? In diesen Fällen ann die Vereinbarung Freihaltepflichten zwischen Generalunternehmer und Subunternehmer helfen.

Was bedeutet Freihaltung?

Der (vermeintlichen) Unschärfe des Begriffs Freihaltung ist es wohl unter anderem geschuldet, dass wie eingangs erwähnt Freihaltevereinbarungen bis heute eher selten sind.

Tatsächlich hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der hohen praktischen Bedeutung der Übernahme von Freihaltepflichten bereits umfassend und aussagekräftig beschäftigt

Nach dieser als gefestigt zu bezeichnenden BGH-Rechtsprechung sind Freihaltepflichten sehr weitreichend (vgl. nur BGH, Urteil vom 15.12.2010, Az. VIII ZR 86/09, Rz. 12). So gehört gemäß dem vorbezeichneten Urteil des BGH zu jeder Freihaltepflicht

„(…) grundsätzlich auch die Pflicht zur Abwehr unbegründeter Ansprüche Dritter (Senatsurteil vom 24.06.1970 – VIII ZR 268/67, NJW 1970, 1594 unter II 1 b; BGH, Urteile vom 19.01.1983 – IVa ZR 116/81, WM 1983, 387 unter 2 a; vom 19.04.2002 – V ZR 3/01, WM 2002, 1358 unter II 3; vom 24.10.2002 – IX ZR 355/00, BGHZ 152, 246, 255).

Zur Begründung führte der BGH aus:

„(….) Denn mit der Übernahme einer Freistellungspflicht soll der Freizustellende typischerweise jeglichen Risikos einer Inanspruchnahme durch Dritte enthoben werden und insbesondere nicht der Gefahr ausgesetzt sein, wegen einer begründeten Forderung Dritter mit einer Klage überzogen zu werden oder in Fehleinschätzung der Sach- und Rechtslage eine unbegründete Forderung zu erfüllen und sich dies als eigenes Fehlverhalten entgegenhalten lassen zu müssen (Senatsurteil vom 24. Juni 1970 – VIII ZR 268/67, aaO unter II 1 b, 2; BGH, Urteil vom 19. April 2002 – V ZR 3/01, aaO).“

Dies bedeutet:

Der zur Freistellung Verpflichtete hat den Freizustellenden grundsätzlich jeglichen Risikos einer Inanspruchnahme durch Dritte zu entheben, und demgemäß ggf. auch die Abwehr einen solchen Inanspruchnahme zu übernehmen.

Bei uneingeschränkter Freihaltepflicht darf der Freizustellende daher erwarten, dass der zur Freistellung Verpflichtete ihn sozusagen von allen Sorgen rund um Ansprüche der betroffenen Dritten entledigt.

 

 

Folgen der Verletzung von Freihaltepflichten

Verstößt der zur Freistellung Verpflichtete gegen die von ihm übernommene Freihaltepflicht, stellt sich die wichtige Frage, welche Reaktionsmöglichkeiten daraus für den Begünstigten erwachsen.

Freistellungsansprüche sind primär nicht auf Zahlung gerichtet. Der Freizustellende kann also zunächst nicht Zahlung an sich selbst verlangen. Auch umgekehrt kann der zur Freistellung Verpflichtete nicht durch Zahlung an den Freizustellenden erfüllen.

Allerdings kann sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch wandeln. Hierzu bedarf es einer erfolglosen Fristsetzung zur Erfüllung der primären Freistellungspflicht. Wenn nämlich der zur Freistellung Verpflichtete ernsthaft und endgültig die geforderte Freistellung verweigert, wandelt sich gemäß der ständigen Rechtsprechung des BGH der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch.

Hat der zur Freistellung Verpflichtete seine Freistellungsverpflichtung, z.B. durch nicht rechtzeitige Erfüllung, verletzt, steht dem Freizustellenden nach den §§ 280 Abs. 1, 286 BGB ein Schadensersatzanspruch zu. Dieser Anspruch wird mindestens auf Ersatz dessen gerichtet sein, was der Freizustellende an den Dritten infolge der Pflichtverletzung des zur Freistellung Verpflichteten leisten musste.

Wichtig ist, dass der Freizustellende dem zur Freistellung Verpflichteten vor einer Zahlung an den Dritten ausreichend Gelegenheit zur Prüfung und ggf. zur Abwehr der Forderung gegeben hat. Hat er dies getan, ist der zur Freistellung Verpflichtete danach nicht mehr berechtigt, einzuwenden, der zur Freizustellende habe zu Unrecht an den Dritten geleistet. Denn er hat es wegen der Verletzung seiner Freistellungspflichten selbst zu vertreten, dass der zur Freistzustellende an den Dritten zahlen musste.

Besonders relevant: Auswirkungen des Freistellungsanspruchs auf eigene Zahlungspflichten des Freizustellenden gegenüber dem zur Freistellung Verpflichteten

Wenn der zur Freistellung Verpflichtete seine Freistellungsverpflichtung verletzt und dadurch den Freizustellenden im Ergebnis denjenigen Risiken aussetzt, vor denen er schützen soll,

stellt sich die gerade in Generalunternehmerfällen praxisrelevante Frage, welche Auswirkung diese Verletzung der Freistellungsverpflichtung auf eine etwaig offene Vergütung des Freizustellenden (= Generalunternehmer) gegenüber dem zur Freistellung Verpflichteten (= Subunternehmer) hat. Meist wird es in diesen Fällen so sein, dass der Auftraggeber (= der Dritte) seinerseits Vergütung gegenüber dem Generalunternehmer zurückhält.

Eine vertragliche Freihalteverpflichtung in baurechtlichen Generalunternehmerkonstellationen

muss in Umsetzung der oben zitierten BGH-Rechtsprechung auch das Freihalten von Einbehalten des Dritten umfassen. Denn wenn nämlich gemäß gefestigter BGH-Rechtsprechung Freihaltung bedeutet,

    • den Freizustellenden jeglichen Risikos einer Inanspruchnahme durch Dritte zu entheben, und
    • demgemäß ggf. auch die Abwehr einer solchen Inanspruchnahme zu übernehmen,

dann muss der zur Freistellung Verpflichtete selbstverständlich auch einen entsprechenden

Einbehalt dieses Dritten verhindern bzw. geeignet abwehren.

Im Ergebnis kann der Freizustellende daher Einbehalte des Dritten, die zumindest auch auf der Verletzung der Freihaltepflichten beruhen, an den zur Freistellung Verpflichteten weitergeben.

 

Discussing contract.

 

Fazit zu Sinn und Zweck von Freihaltepflichten

Freistellungsansprüche sind ein weitreichendes und auch flexibles Instrument gerade für Generalunternehmer, um das von ihnen typischerweise umfangreich übernommene Risiko um ein wesentliches Stück auf die beteiligten Subunternehmer zu verlagern.
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Schätzung fiktiver Mängelbeseitigungskosten

Bereits seit einiger Zeit ist durch eine Grundsatzentscheidung des BGH geklärt, dass der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten „fiktiven“ Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann, vgl. BGH-Urteil vom 12.03.2021, Az. V ZR 33/19. Für die Praxis ist hieran anknüpfend von besonderer Relevanz, wie das im Einzelfall zur Entscheidung berufene Gericht die Höhe solcher fiktiven Schadenskosten zu bestimmen hat.

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EUGH-Urteil „LKW Walter“

Die im Ausgangspunkt sehr zu begrüßende Möglichkeit, auch im grenzüberscheitenden EU-Geschäftsverkehr eigene Rechte möglichst einfach und schnell durchsetzen zu können, birgt einige Tücken. Die Erfahrungen des Verfassers zeigen, dass die Wirtschaftsbeteiligten im Falle des Eingangs rechtlich relevanter Post aus dem Ausland oftmals überfordert sind. Dies hat nicht zuletzt auch damit zu tun, dass die aus dem Ausland eingehenden gerichtlichen Schriftstücke nicht selten den europarechtlichen Anforderungen nicht entsprechen.

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LEGAL+ meets Legal Tech: LEGAL+ startet Kooperation mit BlockAxs

 

 

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LEGAL+ meets Legal Tech: LEGAL+ startet Kooperation mit BlockAxs

Legal+ setzt ab sofort auf Legal Tech im Vertragsrecht und dabei auf die intelligente, auf künstlicher Intelligenz basierende digitale Vertragsmanagementlösung ContrAxs:

ContrAxs bildet den gesamten Lebenszyklus von juristischen Dokumenten ab. Dokumente können innovativ erstellt, schnell und innovativ verhandelt, digital signiert, automatisiert analysiert und am Ende durch smarte Visualisierung verwaltet werden.

Für die Mandaten von Legal+ bedeutet dies mehr Sicherheit und Effizienz bei der Erstellung, Verhandlung, Signatur und Verwaltung von Verträgen. Durch den Einsatz der Software erwartet Legal+  schnellere Prozesse, effizientere Abläufe und eine vereinfachte Bearbeitung von Vertragsdokumenten mit den Mandanten.

Wir sind davon überzeugt, dass der Einsatz von Software aus dem Feld der künstlichen Intelligenz unsere Beratungsleistungen für unsere Mandanten weiter verbessern wird. Unsere Mandanten werden nach unserer Überzeugung eine ganz neue Art der Zusammenarbeit im Vertragsmanagement genießen können.

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Über die BlockAxs GmbH:

Die BlockAxs GmbH (https://blockaxs.com) mit Sitz in Berlin ist ein deutsches Legal Tech-Start-Up.

Tätigkeitsschwerpunkt ist die Entwicklung eines Vertragsmanagementsystems für die Erstellung, die Verhandlung und wirksame digitale Signatur von Verträgen. BlockAxs verbindet juristisches Know-How mit disruptiver Technologie. Das Team hinter BlockAxs besteht zum Großteil aus Juristen und Informatikern. In engster Zusammenarbeit entstehen so hochtechnologische Module, die die tägliche Arbeit von Juristen beschleunigen und vor allem qualitativ verbessern.

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Bereits seit einiger Zeit ist durch eine Grundsatzentscheidung des BGH geklärt, dass der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten „fiktiven“ Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann, vgl. BGH-Urteil vom 12.03.2021, Az. V ZR 33/19. Für die Praxis ist hieran anknüpfend von besonderer Relevanz, wie das im Einzelfall zur Entscheidung berufene Gericht die Höhe solcher fiktiven Schadenskosten zu bestimmen hat.

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Corona Virus

Corona und Vertragsrecht: Störungen von Verträgen

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Corona und Vertragsrecht: Störungen von Verträgen wegen des Corona-Virus

Das Corona-Virus zwingt weltweit Staaten dazu, mittels drastischer Maßnahmen der Ausbreitung des Virus zu begegnen. Dies hat gravierende Auswirkungen auf das Vertragsrecht. Viele dieser Maßnahmen führen nämlich dazu, dass Verträge von zumindest einer Partei nicht mehr erfüllt werden können. Die betroffenen Fälle sind zahllos. Einige Bespiele sind:

  • der Liefervertrag, der nicht bedient werden kann,
  • der Gewerbemietvertrag, der mangels Umsatzerzielung vom Mieter nicht mehr erfüllt werden kann,
  • die Urlaubsreise, die vom Veranstalter oder Leistungserbringer abgesagt werden muss,
  • der gerichtliche geschlossene Vergleich, der wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise seine Grundlage verloren hat und nicht mehr (zumutbar) erfüllt werden kann,
  • etc.

Die Kette der Beispiele ließe sich fast endlos fortführen. Jeweils stellt sich die Frage, wie die jeweilige Situation vertragsrechtlich gelöst werden kann. In aller Munde ist in diesen Tagen das Schlagwort „Höhere Gewalt“, das allerdings für sich wenig weiterhilft. So erscheint bereits fraglich, ob sich das Aufkommen des Corona-Virus überhaupt als ein Ereignis „Höherer Gewalt“ einordnen lässt.

Nachfolgender Beitrag will und kann keine Lösung für den Einzelfall bieten. Es werden vielmehr rechtliche Denkansätze aufgezeigt, deren Vertiefung im Einzelfall die Lösung bereiten kann. Die Abhandlung beschränkt sich dabei auf den Fall, dass der jeweilige Vertrag keine bzw. nur unzureichende Regelungen bereithält.

Clients come to seek advice for the law regarding privacy violations with the lawyer at the office.

Folgen des Corona-Virus für laufende Verträge – Fallgruppen

Als Folge des Corona-Virus kommen verschiedene Szenarien in Betracht. Die drei Hauptfälle sind die Folgenden:

  • Der Vertrag kann von einer Partei endgültig nicht erfüllt werden (Beispiele: Flugausfall, Konzert-Absage, Absage von Messen, etc.).
  • Vorübergehend ist die Vertragserfüllung behindert (Prominentes Beispiel hierzu: Mieter kann mangels Umsatz Gewerbemiete vorübergehend nicht mehr bezahlen.).
  • Ein Vertrag ist zwar noch erfüllbar, seine Durchführung erscheint aber für zumindest eine Partei infolge der Corona-Auswirkungen nicht mehr zumutbar.

Corona und Vertragsrecht: Relevante rechtliche Grundprinzipien

Bei der Bewertung eines jeden Einzelfalles ist zunächst die Berücksichtigung folgender rechtlicher Grundprijzipien hilfreich.

 „pacta sunt servanda“ – Grundsatz der Vertragstreue

Oberstes, zugleich das allgemeinste Grundprinzip ist die Vertragstreue. Verträge sind grundsätzlich einzuhalten („pacta sunt servanda“).

Nach Vertragsschluss aufkommende, nicht bedachte bzw. einkalkulierte Erschwernisse der Leistungserbringung ändern an der übernommenen Leistungspflicht grundsätzlich nichts. Ausnahmen hiervon bedürfen daher einer besonderen Rechtfertigung.

„do ut des“-Prinzip bei gegenseitigen Verträgen  – § 326 BGB

Bei gegenseitigen Verträgen führt die Unmöglichkeit der Leistungserbringung eine Partei grundsätzlich dazu, dass diese von ihrer Leistungspflicht frei wird. Gleichzeitig verliert sie damit aber auch ihren Anspruch auf die Gegenleistung.  Dies kommt in  § 326 Abs. 1 S. 1 BGB zum Ausdruck:

„Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung (…)“

Ergänzende Vertragsauslegung und Störung der Geschäftsgrundlage

Enthält der betroffene Vertrag betreffend des fraglichen Umstandes eine Lücke, die durch (ergänzende) Vertragsauslegung nach den Grundsätzen der Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens (§§ 133, 157, 242 BGB) geschlossen werden kann, so hat dieser Lösungsansatz stets Vorrang vor etwaigen „Not-Instrumenten“ wie insbesondere die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB.

In der Rechtsprechung wird zu Recht immer wieder hervorgehoben, eine klare Abgrenzung zwischen ergänzender Vertragsauslegung und dem Institut der Störung der Geschäftsgrundlage kaum möglich sei.

Jedenfalls ist die getroffene rechtsgeschäftliche Regelung stets vorrangig zu berücksichtigen. In der Rechtsliteratur (vgl. Flume, BGB AT II, Das Rechtsgeschäft, 4. Auflage, 1992, Seite 326 f.) wird dabei zutreffend darauf hingewiesen, dass die Auslegung eines Vertrages nicht den Sinn haben kann, aus einem

  • „ungerechten“ Vertrag einen „gerechten“ zu machen,
    oder
  • „… die Vergesslichkeit oder Unbedachtsamkeit eines Vertragspartners bei der Stipulierung eines Rechtsgeschäfts dadurch zu korrigieren, dass sie (sc. die ergänzende Auslegung) zu Gunsten dieses Vertragspartners nachträglich die Regelungen in den Vertrag einführt, die er zwar, wenn er gut beraten gewesen wäre, zum Gegenstand des Vertrages gemacht hätte, aber eben nicht zum Gegenstand des Vertrages gemacht hat.

Schon aus dieser zutreffenden Einsicht ergibt sich, dass ein zu ermittelnder hypothetischer Parteiwille Vorrang vor einer „allgemeinen Interessenabwägung“ auf der Grundlage eines Vorverständnisses des Richters haben muss, die eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über die Geschäftsgrundlage bestimmt.

Corona und Vertragsrecht – Mögliche Lösungen der oben genannten Fallgruppen

Unter Berücksichtigung der vorstehend zusammenfassend beschriebenen Grundsätze und rechtlichen Instrumente ergeben sich nachfolgende Lösungsansätze.

Corona und Vertragsrecht – Fall 1: Ein Vertrag kann von einer Partei endgültig nicht erfüllt werden

Mangels anderslautender vertraglicher Regelung dürfte die Lösung in der Fallkonstellation 1 meist eindeutig sein:

Der Vertragspartner, der wegen höherer Gewalt endgültig nicht leisten kann, ist von seiner Leistungspflicht befreit, § 275 Abs. 1 BGB. Infolgedessen verliert er den Anspruch auf die vereinbarte Gegenleistung (= in der Regel: Vergütung), § 326 Abs. 1 S. 1 BGB. Mangels eines Verschuldens kommen Schadensersatzansprüche des Gläubigers regelmäßig nicht in Betracht.

Corona und Vertragsrecht – Fall 2: Ein Vertrag kann vorübergehend nicht erfüllt werden

Soweit kein sog. Fixgeschäft vorliegt, und die von der Höheren Gewalt betroffene Leistung voraussichtlich später nachgeholt werden kann, ist die Situation komplexer:

Insbesondere in dieser oft anzutreffenden Konstellation zeigt sich der Vorteil der Vereinbarung von Höhere Gewalt-Klauseln, in denen regelmäßig  vereinbart ist, wie mit Situationen umgegangen werden soll.

Primärer Lösungsansatz: Ergänzende Vertragsausslegung

Fehlt es hieran, kommt wie oben beschrieben zunächst die ergänzende Vertragsauslegung zum Tragen. Oftmals finden sich in Verträgen allgemein gehaltene Vereinbarungen, denen besondere Treue- und/oder Kooperationspflichten entnommen werden können. Über diesen Umweg lassen sich oftmals Ergebnisse erzielen, wie sie in Höhere Gewalt Klauseln ausdrücklich vorgesehen sind.

Namentlich zu nennen ist Pflicht zu gemeinsamen Anstrengungen zur beidseitigen Schadensbegrenzung. Gegenseitige Schadensersatzansprüche dürften mangels Verschulden auch ohne entsprechende vertragliche Regelung regelmäßig ausgeschlossen sein.

Notfalls: Rückgriff auf die Grundsätze zur Störung der Geschäftsgrundlage

Schwieriger zu beurteilen ist die Frage, wann die Leistungspflicht des betroffenen Schuldners endgültig entfällt mit der Folge, dass auch die andere Partei endgültig nicht zu leisten braucht.Hier kann das Instrument der Störung der Geschäftsgrundlage weiterhelfen. In § 313 Abs. 1 BGB heißt es:

  • „Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und
  • hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten,
  • so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.“

Ergänzend bietet auch das Leistungsverweigerungsrecht des § 275 Abs. 2 BGB Hilfe bei der Lösungsfindung:

„Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.“

Im Zusammenspiel obiger gesetzlicher Regelungen dürfte sich für den betroffenen Schuldner dann, wenn ein Fortfall des Leistungshindernisses nicht absehbar ist , ein Anspruch auf einvernehmliche Vertragsaufhebung ergeben.Dies beruht darauf, dass für den Schuldner ein Festhalten an den ursprünglich vereinbarten Leistungspflichten nicht zumutbar erscheint.

Schadensersatzpflicht bei Leistungsfreiheit?

Nicht beantwortet ist damit freilich die Frage, ob der Gläubiger für die „Entlassung“ des Schuldners aus seiner Leistungspflicht ein Schadensersatzanspruch zuzusprechen ist. Dagegen spricht, dass den Schuldner kein Verschulden anzulasten ist. Dafür spricht, dass die Leistung grundsätzlich noch erbracht werden kann und das Fehlen einer vertraglichen Regelung tendenziell dafür spricht, dass der Schuldner das fragliche Risiko (Pandemie) trägt. Hierbei ist nicht zu vergessen, dass das in Rede stehende Risiko nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegt. Nicht ohne Grund sind Höhere Gewalt-Klauseln auch eher Regel als Ausnahme im Vertragsrecht.

Nach allem dürften die jeweiligen Umstände des Einzelfalles der Ausschlag geben.

Corona und Vertragsrecht – Fall 3: Ein Vertrag ist zwar noch erfüllbar, seine Durchführung erscheint für eine Partei aber nicht mehr zumutbar.

Die Fallkonstellation, wonach sich

  • ein Vertrag trotz Corona-Behinderungen zwar als später noch erfüllbar darstellt,
  • seine (spätere) Durchführung für zumindest eine Partei aber nicht mehr zumutbar erscheint,

zeigt im Besonderen, wie wichtig auch Eventualitäten wie „Corona“ berücksichtigende Vertragsklauseln sein können. Fehlt es hieran, hilft wiederum § 275 Abs. 2 BGB weiter, der auf das Gebot von Treu und Glauben und auch darauf abstellt, ob im Falle der Leistungserbringung eines „grobes Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers“ bestünde.

Im konkreten Fall wäre also zu untersuchen, ob der betroffene Schuldner, für den die Leistungserbringung infolge der Corona-Auswirkungen zwar möglich, aber deutlich erschwert wäre, sich mit Erfolg auf das vorbeschriebene Leistungsverweigerungsrecht aus § 275 Abs. 2 BGB berufen kann.

 

Discussing contract.
high angle view of lawyer and client discussing contract

Fazit zu Corona im Vertragsrecht: Störungen von Verträgen infolge des Corona-Virus bedürfen meist einer Einzelfall-Bewertung

Die möglichen Sachverhaltskonstellationen sind schier endlos. Musterlösungen hält das Gesetz nicht parat, wobei auch bei Vorhanden von Force Majeure Klauseln eine konkrete Lösung kaum „auf der Hand liegen“ dürfte. Meist dürfe die Lösungsfindung nur unter genauer Untersuchung aller Umstände des Einzelfalles möglich sein. Dies hat mittlerweile auch der BGH in ersten Corona-Urteilen bestätigt, vgl. dazu diesen Beitrag.

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Schätzung fiktiver Mängelbeseitigungskosten

Bereits seit einiger Zeit ist durch eine Grundsatzentscheidung des BGH geklärt, dass der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten „fiktiven“ Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann, vgl. BGH-Urteil vom 12.03.2021, Az. V ZR 33/19. Für die Praxis ist hieran anknüpfend von besonderer Relevanz, wie das im Einzelfall zur Entscheidung berufene Gericht die Höhe solcher fiktiven Schadenskosten zu bestimmen hat.

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EUGH-Urteil „LKW Walter“

Die im Ausgangspunkt sehr zu begrüßende Möglichkeit, auch im grenzüberscheitenden EU-Geschäftsverkehr eigene Rechte möglichst einfach und schnell durchsetzen zu können, birgt einige Tücken. Die Erfahrungen des Verfassers zeigen, dass die Wirtschaftsbeteiligten im Falle des Eingangs rechtlich relevanter Post aus dem Ausland oftmals überfordert sind. Dies hat nicht zuletzt auch damit zu tun, dass die aus dem Ausland eingehenden gerichtlichen Schriftstücke nicht selten den europarechtlichen Anforderungen nicht entsprechen.

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Bundestag beschließt massive Beschränkung der Vertragsfreiheit

 

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Gute Nacht, Vertragsfreiheit - Bundestag beschließt massive Beschränkung der Vertragsfreiheit 

 

Der Bundestag beschließt massive Beschränkung der Vertragsfreiheit. Das Bundesjustizministerium hat sich damit mit seinem Plan durchgesetzt, Laufzeiten von Verbraucherverträgen auf maximal ein Jahr zu begrenzen.

Lesen zu diesem nun ernst gewordenen Gesetzesvorhaben, insbesondere hinsichtlich der sich hieraus ergebenen höchst fragwürdigen Einschränkungen der Vertragsfreiheit meinen Beitrag vom 6. September 2019.

Den vom Bundestag beschlossenen Gesetzesentwurf können sie hier abrufen.

Der Gesetzentwurf zur Beschränkung der Vertragsfreiheit

Wie schon in meinem Beitrag vom 6. September 2019 kommentiert, bedeutet die nun beschlossene (weitere) Beschränkung der Möglichkeit, Verträge mit einer Bindungsdauer von zumindest zwei Jahren abzuschließen, eine massive Beschneidung der Vertragsfreiheit. Eine Rechtfertigung ist auch dem nun vorliegenden Gesetzentwurf nicht zu entnehmen. Im Gegenteil, er offenbart ein erhebliches Fehlverständnis der Vertragsfreiheit und ihrer positiven Bedeutung für Verbraucher und Wirtschaft. Auch setzt sich darin die Linie der Politik fort, Verbrauchern ihre Mündigkeit abzusprechen. Im Gesetzentwurf heißt es bezeichnender Weise:

„(…) In vielen Bereichen, in denen unbefristete Verträge früher üblich waren, werden heute Verbrauchern zu guten Konditionen oft nur noch Verträge mit zweijähriger Laufzeit angeboten, die sich automatisch verlängern, wenn der Verbraucher sie nicht rechtzeitig kündigt. Die bislang vorgesehenen Beschränkungen bei Laufzeiten sind nicht mehr sachgerecht. Die lange Vertragsbindung hemmt den Wechsel der Verbraucher zu einem anderen Anbieter und damit den Wettbewerb. Die Klauseln zur Vertragsverlängerung werden von Verbrauchern übersehen oder vergessen. Durch die Beschränkung der Laufzeit auf ein Jahr, die Verkürzung der automatischen Verlängerung und eine kürzere Kündigungsfrist von einem Monat soll der Verbraucher hinsichtlich der Wahlfreiheit hinsichtlich seines Vertragspartners gestärkt und der Wettbewerb gefördert werden. (…)“

 

Bewertung

Das Bundejustizministerium sollte sich einmal überlegen, ob durch das nun beschlossene Gesetz nicht sogar das Gegenteil dessen bewirkt wird, was damit vermeintlich beabsichtigt ist. Denn durch das Verbot längerer Laufzeiten werden die bisherigen Möglichkeiten der Vertragsgestaltung massiv eingeschränkt. Konnten die Beteiligten bisher noch an die jeweiligen Bedürfnisse angepasste Vertragsgestaltungen vereinbaren, werden durch die geplanten Beschränkungen Wettbewerb und Wahlfreiheit in Wahrheit erheblich eingeschränkt. Verlierer des Gesetzesvorhabens sind damit fast alle Beteiligten. „Gewinner“ sind allenfalls diejenigen Verbraucher, die Kündigungsfristen „vergessen“. Die Schutzwürdigkeit dieser Gruppe erscheint höchst fragwürdig, wenn man bedenkt, dass die Betroffenen, die eine Kündigung nach zweijähriger Vertragslaufzeit „vergessen“ haben, zuvor von zumeist sehr attraktiven Vertragskonditionen profitiert hatten. Künftig wird es Dank dieser Gruppe der „Vergesser“ die  vorerwähnten attraktiven Vertragskonditionen für niemanden mehr geben.

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Schätzung fiktiver Mängelbeseitigungskosten

Bereits seit einiger Zeit ist durch eine Grundsatzentscheidung des BGH geklärt, dass der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten „fiktiven“ Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann, vgl. BGH-Urteil vom 12.03.2021, Az. V ZR 33/19. Für die Praxis ist hieran anknüpfend von besonderer Relevanz, wie das im Einzelfall zur Entscheidung berufene Gericht die Höhe solcher fiktiven Schadenskosten zu bestimmen hat.

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Gesetz zur Begrenzung von Vertragslaufzeiten – Gute Nacht, Vertragsfreiheit ?

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Gesetz zur Begrenzung von Vertragslaufzeiten - Gute Nacht, Vertragsfreiheit ?

 

Das Bundesjustizministerium macht mit seinem Plan zur Begrenzung von Vertragslaufzeiten ernst. Mitte August 2019 wurde über die Presse öffentlich, dass das Gesetzesvorhaben zum „Schutz vor Kostenfallen“ weit fortgeschritten sei. Inhaltlich geht es dabei u.a. um die durchaus begrüßenswerte Beseitigung diverser Missstände (z.B. im Bereich Telefonwerbung). Weiterer, weniger begrüßenswerter Gegenstand des Vorhabens ist Begrenzung von Vertragslaufzeiten in bestimmten Branchen, z.B. in den Bereichen Mobilfunk und Energieversorgung. Der entsprechende Gesetzentwurf sei auf der Zielgeraden.

Betrachtet man das Gesetzesvorhaben näher, kommen hinsichtlich der geplanten Laufzeitenbegrenzung aus juristischer Sicht erhebliche Bedenken auf. Das geplante Gesetz schränkt die Vertragsfreiheit als elementarem Bestandteil der grundgesetzlich geschützten Privatautonomie elementar ein. Die erforderliche Rechtfertigung dieser Beschneidung der Vertragsfreiheit ist nicht ersichtlich.

Der Plan des Bundesjustizministerium zur Begrenzung von Vertragslaufzeiten

Gemäß seinem Eckpunktepapier „Schutz vor Kostenfallen“ plant das Bundesjustizministerium folgende Änderungen:

„Das Vertragslaufzeiten und –verlängerungen betreffende Klauselverbot in § 309 Nummer 9 BGB soll dahingehend geändert werden, dass durch AGB künftig keine längere Laufzeit als ein Jahr vereinbart werden kann. Eine automatische Verlängerung des Vertrages soll nur noch um jeweils drei Monate möglich sein, wenn nicht spätestens einen Monat vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gekündigt wird.“

Die Rechtfertigung des Vorhabens gemäß dem Eckpunktepapier „Schutz vor Kostenfallen“

Das Bundesjustizministerium rechtfertigt das geplante Vorhaben in seinem Eckpunktepapier „Schutz vor Kostenfallen“ wie folgt:

  • „Das strukturelle Ungleichgewicht zwischen Wirtschaft und Verbrauchern führt häufig dazu, dass (…) Verbraucher sich auf vertragliche Regelungen einlassen müssen, die nicht interessengerecht bzw. heute nicht mehr zeitgemäß sind. Oft ist dann der Ärger groß.“

  • „Verbraucher haben bei Verträgen über Warenlieferungen, Dienst- oder Werkleistungen regelmäßig kein großes Interesse an langen vertraglichen Bindungen.“

  • „Die derzeit möglichen zweijährigen Laufzeiten von Verträgen und die automatische Verlängerung des Vertrags um jeweils ein weiteres Jahr sind nicht mehr interessengerecht. Ein besonderes verbraucherpolitisches Ärgernis stellen die Verlängerungsklauseln in AGB dar. Sie werden von vielen Verbrauchern schlicht übersehen oder geraten wieder in Vergessenheit, so dass nicht mehr gewollte Verträge sich oft gegen den Willen der Verbraucher um weitere Jahre verlängern, weil eine rechtzeitige Kündigung versäumt wurde.“

 

Rechtliche Beurteilung des Vorhabens

Meines Erachtens ist die geplante Laufzeitenbegrenzung von Verträgen mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht zu vereinbaren. Die vom Bundesjustizministerium herangezogenen Argumente vermögen die geplante Einschränkung nicht zu rechtfertigen:

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit

Unter Vertragsfreiheit ist das Recht eines jeden Individuums zu verstehen, frei darüber zu entscheiden

  • einen Vertrag zu schließen (sog. Abschlussfreiheit), sowie
  • frei über den Inhalt eines Vertrages zu entscheiden (sog. Gestaltungsfreiheit).

Die Vertragsfreiheit ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, sie gehört zum verfassungsrechtlich geschützten Prinzip der Privatautonomie, wonach jedem Einzelnen das Recht eingeräumt ist, seine privaten Lebensverhältnisse frei zu gestalten.

Bestandteil hiervon ist die Freiheit, Verträge zu schließen und auch ihren Inhalt zu bestimmen. Um Letzteres geht es vorliegend.

Zulässige Einschränkungen der Vertragsfreiheit

Beide Ausprägungen der Vertragsfreiheit – also Abschlussfreiheit und Gestaltungsfreiheit – unterliegen anerkanntermaßen Beschränkungen.

So existiert in bestimmten Sachverhaltskonstellationen ein Kontrahierungszwang. Als Beispiel lässt sich die KFZ-Haftpflichtversicherung nennen. Dort besteht für die Versicherungsunternehmen nach § 5 Pflichtversicherungsgesetz ( mit dort geregelten Einschränkungen) ein Kontrahierungszwang. Die Erforderlichkeit liegt hier auf der Hand.

Auch die Gestaltungsfreiheit unterliegt zum Schutz höherwertiger Interessen gewissen Beschränkungen. So gibt es in diversen Rechtsbereichen gesetzliche Regelungen, die zwingender Natur sind und vertraglich nicht abbedungen werden können, solche Regelungen finden sich beispielsweise im AGB-Recht, das in erster Linie zum Schutze der Verbraucher bestimmte Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für nichtig erklärt. Weitere Einschränkungen ergeben sich aus gesetzlichen Formzwängen (Schriftform, notarielle Form etc.) sowie der gesetzlichen Nichtigkeitsanordnung bezüglich solcher Regelungen, die gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder gesetzliche Verbote (§ 134 BGB) verstoßen.

Keine Rechtfertigung der geplanten Beschränkung der Gestaltungsfreiheit ersichtlich

Wie eingangs ausgeführt, lässt sich meines Erachtens die geplante Begrenzung von Vertragslaufzeiten nicht ansatzweise rechtfertigen:

Gesetz betrifft alle künftigen Verträge der betroffenen Branchen

Zunächst ist vor Augen zu führen, dass das AGB-Recht nicht nur das sprichwörtlich „Kleingedruckte“ betrifft. In der Praxis – gerade in den hier betroffenen Branchen – unterfällt im Ergebnis jeder Vertrag dem AGB-Recht, da es schlicht nicht umsetzbar wäre, mit jedem Verbraucher Vertragslaufzeiten individualvertraglich zu vereinbaren. Kurz: Das Gesetzesvorhaben umfasst faktisch jeden künftigen Vertrag der betroffenen Branchen.

Vollständiger Fortfall der Option von 2-Jahres-Verträgen

Dies hat zur Folge, dass künftig die Option zum Abschluss eines Zwei-Jahres-Vertrages, der sich bei fehlender Kündigung jeweils um ein Jahr verlängert, nicht mehr zur Verfügung steht.

Womit ist zu rechtfertigen, dass man den Parteien diese Option nimmt? Meines Erachtens durch nichts:

Vertragsfreiheit bedeutet, dass die Parteien in den Grenzen der guten Sitten und der anerkannten allgemeinen die Vertragsfreiheit begrenzenden Gesetze selbst bestimmen können (und auch müssen), was für sie subjektiv richtig ist. Diese Entscheidung kann und darf ihnen niemand abnehmen.

Der Gesetzgeber, soweit er denn an der Privatautonomie festhalten will, muss diese Selbstbestimmung der Rechtssubjekte achten und darf sich nicht – z.B. getrieben von politischen Stimmungen – dazu verleiten lassen, durch die Vertragsfreiheit (unzulässig) begrenzende Gesetze seinerseits zu bestimmen, was richtig ist.

„Verbraucherschutz“ als nur vorgeschobenes Motiv zur Begrenzung Vertragslaufzeiten

Der Verbraucherschutz ist ein im Grundsatz nicht anzuzweifelndes Motiv für die Einschränkung der Vertragsfreiheit. Verbraucherschutz darf aber nicht missbräuchlich – wie meines Erachtens im vorliegenden Fall – vorgeschoben werden, um politisch getriebene Vorhaben zu rechtfertigen.

Das Bundesjustizministerium ist nach eigenen Angaben der Meinung, Laufzeiten von zwei Jahren seien „unfair“ und für die Verbraucher ein „Ärgernis“. Es übersieht dabei, dass den Verbrauchern in allen ins Visier genommenen Branchen (Mobilfunk, Energieversorgung etc.) unterschiedlichste Vertragsmodelle von einer Vielzahl von Anbietern zur Wahl stehen. Insbesondere haben Verbraucher stets die Möglichkeit, Verträge auch ohne jede Bindung einzugehen. Umgekehrt steht ihnen – jedenfalls bislang – zur Wahl, Bindungen einzugehen und im Gegenzug oft erhebliche Vorteile gewährt zu bekommen (z.B. deutlich günstigere Konditionen, vergünstigte Hardware etc.). Mit anderen Worten: Der Verbraucher kann heute zwischen einer Vielzahl von Vertragsmodellen wählen und selbst entscheiden, was für ihn „richtig“ ist. Hierzu gehört auch die allein von ihm – dem Verbraucher – obliegende Einschätzung der Nachteile, die mit einer Vertragsbindung einhergehen. Es kann daher aus gesetzgeberischer Sicht keine Relevanz haben, dass sich Verbraucher nach einiger Zeit über eine bestehende, vor einiger Zeit bewusst eingegangene Vertragsbindung „ärgern“ mögen.

Wettbewerbsrecht bietet bereits hinreichenden Schutz

Schutz bedarf der Verbraucher nach allem nur insoweit, dass er durch ein Vertragsangebot nicht Irre geführt wird, z.B. indem für ihn wesentliche Vertragskonditionen nicht hinreichend erkennbar sind. Hierfür ist allerdings das Wettbewerbsrecht zuständig, das dieser Aufgabe seit jeher hinreichend gerecht wird.

Fazit

Das geplante „Kostenfallen-Gesetz“ bedeutet im Hinblick auf die Begrenzung von Vertragslaufzeiten eine nicht zu rechtfertigende (weitere) Beschneidung der Vertragsfreiheit und einen weiteren Schritt in Richtung einer politisch gewollten oder zumindest billigend in Kauf genommenen Verabschiedung vom Grundsatz der Privatautonomie.

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Bereits seit einiger Zeit ist durch eine Grundsatzentscheidung des BGH geklärt, dass der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten „fiktiven“ Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann, vgl. BGH-Urteil vom 12.03.2021, Az. V ZR 33/19. Für die Praxis ist hieran anknüpfend von besonderer Relevanz, wie das im Einzelfall zur Entscheidung berufene Gericht die Höhe solcher fiktiven Schadenskosten zu bestimmen hat.

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EUGH-Urteil „LKW Walter“

Die im Ausgangspunkt sehr zu begrüßende Möglichkeit, auch im grenzüberscheitenden EU-Geschäftsverkehr eigene Rechte möglichst einfach und schnell durchsetzen zu können, birgt einige Tücken. Die Erfahrungen des Verfassers zeigen, dass die Wirtschaftsbeteiligten im Falle des Eingangs rechtlich relevanter Post aus dem Ausland oftmals überfordert sind. Dies hat nicht zuletzt auch damit zu tun, dass die aus dem Ausland eingehenden gerichtlichen Schriftstücke nicht selten den europarechtlichen Anforderungen nicht entsprechen.

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Die transportrechtliche Verjährung nach § 439 HGB

 

 

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Die transportrechtliche Verjährung nach § 439 HGB

Die transportrechtliche Verjährung  nach § 439 HGB beträgt ein Jahr ab Ablieferung des Transportgutes und ist damit deutlich kürzer als die 3-jährige Regelverjährung nach  § 195 BGB.

Aufgrund dieser deutlichen Verkürzung der Verjährung kommt der Frage der Reichweite des Anwendungsbereichs der transportrechtlichen Verjährung große Bedeutung zu. Aus Erfahrung kann ich berichten, dass die Frage, ob ein Anspruch der transportrechtlichen Verjährung oder aber der Regelverjährung unterliegt, oftmals Schwierigkeiten aufwirft. Es existieren insoweit zwei „Lager“, von denen eines eine enge Auslegung, und eines – zu Recht – eine weite Auslegung vertritt.

Nachfolgender Beitrag fasst die Rechtslage zusammen.

Gesetzeswortlaut: Ansprüche „aus einer Beförderung“

Gemäß § 439 Abs. 1 S.1 HGB verjähren Ansprüche „aus einer Beförderung“ nach den Vorschriften der §§ 407-450 HGB innerhalb eines Jahres ab Ablieferung des Gutes.

Die transportrechtliche Verjährungfrist  nach 439 HGB umfasst alle Ansprüche im Zusammenhang mit einer Beförderung

Auch wenn § 439 HGB seinem Wortlaut nach die Verjährung von Ansprüchen „aus einer Beförderung“ regelt, so werden nach vorzugswürdiger Auffassung alle Ansprüche erfasst, die mit der Beförderung in einem inneren Zusammenhang stehen.

Sinn und Zweck der einheitlichen Verjährungsvorschrift ist es, die Verjährungsbestimmungen zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten. Etwaigen Rechtsunsicherheiten aufgrund unterschiedlicher Verjährungsregelungen für Ansprüche aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt soll entgegen gewirkt werden (vgl. BT-Drucksache 13/8445 zu § 439 HGB).

Erfasst werden somit beispielsweise auch Ansprüche aus Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Organisation des Transports, Ansprüche aus Verzollung und Auskunftsansprüche (vgl. OLG Nürnberg vom 26.11.1974, NJW 1974, 501).

Die Verjährungsregelung gilt also insbesondere auch unabhängig davon, von welcher Seite der Anspruch geltend gemacht wird und auf welchem Rechtsgrund dieser beruht. Gleichgültig ist somit, ob der Frachtführer gegen den Auftraggeber vorgeht oder umgekehrt. (vgl. BT-Drucksache 13/8445 zu § 439 HGB).

Die transportrechtliche Verjährungfrist nach 439 HGB ist nicht lediglich eine Haftungsbeschränkung oder -befreiung im Sinne der §§ 434, 436 HGB

Unzutreffend ist die gegenläufige Auffassung, wonach es sich bei § 439 HGB um eine Haftungsbeschränkung bzw. -befreiung im Sinne der §§ 434, 436 HGB handeln soll. Dies hätte insbesondere zur Folge, dass § 439 HGB allein auf Ansprüche der Parteien des betroffenen Transportvertrages anwendbar wäre. Diese Auffassung lässt sich nicht stichhaltig begründen. Zur Anwendung des § 439 HGB gelangt man nicht nur über § 434 Abs. 1 HGB oder § 436 HGB:

Gesetzesbgründung

Wie oben ausgeführt, ist Sinn und Zweck der einheitlichen Verjährungsvorschrift des § 439 HGB, die Verjährungsbestimmungen zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten (Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drs. 13/8445, S. 77). Die Verjährungsregel des § 439 HGB stellt allein darauf ab, ob die Beförderung als solche den Bestimmungen der §§ 407 ff. HGB unterliegt. Denn nur so kann ein Gleichlauf aller unmittelbar mit der Beförderung zusammenhängenden Ansprüche erreicht werden (vgl. BT-Drs. 13/8445, S. 77).

Der Hinweis auf § 439 HGB in der Gesetzesbegründung zu § 434 HGB und damit die Klarstellung der systematischen Verhältnisse in den transportrechtlichen Regelungen des HGB ist eindeutig, so dass kein ernster Zweifel an der Reichweite des § 439 HGB aufkommen kann. Der entscheidende Satz sei wie folgt zitiert:

Auf die Reichweite der Verjährungsregelung wird nicht gesondert hingewiesen, da bereits die Verjährungsvorschrift selbst (§ 439 HGB-E) in Übereinstimmung mit der Parallelvorschrift des Artikels 32 CMR alle aus einer Beförderung erwachsenden Ansprüche, somit auch außervertragliche Ansprüche, erfaßt.“.

BGH-Rechtsprechung

Nichts anderes besagt die absolut eindeutige Rechtsprechung des BGH, der (Urteil v. 10.1.2008, Az. I ZR 13/05, Tz. 13) ausgeführt hat:

„Die Bestimmung des § 439 Absatz I HGB knüpft für die Anwendung der eigenständigen frachtrechtlichen Verjährungsregelung allein daran an, dass sich der geltend gemachte Anspruch aus einer den Vorschriften dieses Unterabschnitts unterliegenden Beförderung ergibt. Ist von einer solchen Beförderung auszugehen, weil ein wirksamer Frachtvertrag i.S. von § 407 HGB zu Stande gekommen ist, so unterfallen alle Ansprüche, die mit dieser Beförderung in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, der Verjährungsregelung des § 439 HGB, unabhängig davon, von welcher Seite sie geltend gemacht werden und auf welchem Rechtsgrund sie beruhen (vgl. Begr. z. RegE des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Dr 13/8445, S. 77; BGH, NJOZ 2006, 1068).“.

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Fazit: § 439 HGB umfasst den gesamten „Sachverhalt“ im Zusammenhang mit einer Beförderung

Die transportrechtliche Verjährung knüpft nicht (allein) an einen Transportvertrag und den aus diesem resultierenden Ansprüchen an.

Umfasst von der kurzen Verjährung des § 439 HGB ist vielmehr jeder im Zusammenhang mit einer Beförderung stehende Anspruch. Insbesondere gilt die kurze Verjährung damit auch außerhalb des betroffenen Beförderungsvertrages, soweit der in Frage stehende Anspruch einen „inneren“, z.B. wirtschaftlichen, Zusammenhang mit der Beförderung aufweist.

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Bereits seit einiger Zeit ist durch eine Grundsatzentscheidung des BGH geklärt, dass der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten „fiktiven“ Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann, vgl. BGH-Urteil vom 12.03.2021, Az. V ZR 33/19. Für die Praxis ist hieran anknüpfend von besonderer Relevanz, wie das im Einzelfall zur Entscheidung berufene Gericht die Höhe solcher fiktiven Schadenskosten zu bestimmen hat.

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Bauvertragsrecht: Vergütung für „zusätzliche Leistungen“ bei Pauschalpreisverträgen

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Vergütung für „zusätzliche" Leistungen bei Pauschalpreisverträgen

Die Vergütung für „zusätzliche Leistungen“ bei Pauschalpreisverträgen im Falle von Nachtragsangeboten des Unternehmers, ist komplex. Grundsätzlich muss sich die aufgrund des Nachtrags zusätzlich geforderte Vergütung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen (Anlagen-)Bauvertrag ergeben. Handelt es sich hierbei um einen Pauschalpreisvertrag, kommt es oftmals auf die Details des vereinbarten Leistungsumfangs an, der zum vereinbarten Pauschalpreis geschuldet sein soll.

Nachfolgender Beitrag soll Betroffenen, die einen VOB/B-Pauschalpreisvertrag geschlossen haben, als Hilfestellung bei der Frage dienen, ob im konkreten Fall ein (zusätzlicher) Vergütungsanspruch besteht oder nicht.

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VOB/B-Grundsatz: Kein Anspruch auf eine andere Vergütung als den Pauschalpreis

Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 VOB/B sind grundsätzlich Änderungen am vertraglich vereinbarten Preis ausgeschlossen. Das bedeutet, dass sich der Auftraggeber grundsätzlich darauf verlassen darf, für die beauftragte Leistung nicht mehr als den festgelegten Gesamtpauschalfestpreis zahlen zu müssen.

VOB/B-Ausnahmen

Von dem Grundsatz der Unveränderlichkeit des Pauschalpreises gibt es nach VOB/B folgende Ausnahmen:

Die beiden erstgenannten Fälle verdienen besonderes Interesse:

Unzumutbarkeit des Festhaltens am Pauschalpreis

Auch bei Pauschalpreisen kann der ursprünglich vereinbarte Preis gemäß § 2 Abs. 7 Nr. 1 Satz 2 VOB/B geändert werden, wenn die ausgeführte Leistung von der vorhergesehenen Leistung so erheblich abweicht, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme für eine der Parteien nicht mehr zumutbar ist. In diesem Fall wird die unzumutbare Belastung ausgeglichen, indem die Mehr- oder Minderkosten gewährt werden.

Der Maßstab für die Unzumutbarkeit ergibt sich dabei aus § 313 BGB, der Störung der Geschäftsgrundlage. Verlangt wird hierfür ein krasses Missverhältnis zwischen der Leistung und der Pauschalsumme. Dabei werden äußerst strenge Anforderungen gestellt und eine Bewertung je nach Einzelfall getroffen.

Das Risiko für die richtige Kalkulation trägt bei der Vereinbarung eines Pauschalpreises der Auftragnehmer, soweit er hätte erkennen können, dass seine Leistungsbeschreibung unrichtig oder unvollständig ist, kann er sich im Nachhinein nicht auf einen unzumutbaren Pauschalpreis berufen. Ist ein „Festpreis“ vereinbart, bestehen für den Auftragnehmer besonders hohe Hürden, eine unzumutbare Belastung nachzuweisen.

Vergütung für „zusätzliche“ oder „geänderte“ Leistungen

Einen Anspruch auf Vergütung, die neben dem vereinbarten Pauschalpreis gefordert werden kann, gewährt § 2 Abs. 7 Nr. 2 VOB/B, wonach die Regelungen der § 2 Abs. 5, 6 VOB/B (Vergütung für zusätzliche oder geänderte Leistungen) auch dann gelten, wenn eine Pauschalsumme vereinbart wurde.

Dabei ist entscheidend, ob es sich bei der Leistung tatsächlich um eine „zusätzliche“ oder „geänderte“ Leistung handelt.

Das ist nur dann der Fall, wenn die Leistung nicht bereits in dem ursprünglich vereinbarten Leistungssoll enthalten ist. Es ist umstritten, wer die Beweislast dafür trägt, dass es die Leistung nicht Teil des ursprünglichen Leistungssolls ist.

Diese Frage bestimmt sich immer danach, was die Parteien konkret vereinbart haben:

Systematisch wird unterschieden zwischen einem Globalpauschalvertrag und einem Detailpauschalvertrag. In der Praxis gibt es eine Vielzahl von Mischformen, so dass die Zuordnung zu einem reinen Vertragstypus eher ungewöhnlich zu sein scheint. Die Einstufung kann aber Argumente dafür bieten, ob eine bestimmte Leistung bereits vertraglich geschuldet ist oder nicht. Lesen Sie zur Abgrenzung zwischen Globlpauschalvertrag und Detailpauschalvertrag meinen gesonderten BEITRAG. Nachfolgend daher nur folgende Stichpunkte:

Globalpauschalvertrag

In einem Globalpauschalvertrag wird die Leistung funktional beschrieben, der Auftragnehmer trägt das besondere Risiko, dass er auf jeden Fall die ursprüngliche grobe Leistungsbeschreibung ergänzen muss.

Detailpauschalvertrag

Im Detailpauschalvertrag hingegen wird nicht die Leistung pauschaliert, sondern der Preis. Diesem Vertrag liegt regelmäßig ein detailliertes Leistungsverzeichnis zugrunde. Der Pauschalpreis umfasst dann auch nur die im Leistungsverzeichnis beschriebenen Leistungen.

Verträge mit sog. Komplettheitsklausel

Bei sogenannten Komplettheitsklauseln, wonach der Auftragnehmer verpflichtet ist, alle erforderlichen Leistungen ohne gesonderte Vergütung zu erbringen, kommt es nach der Rechtsprechung darauf an, wer das Risiko von nicht vorhersehbaren Leistungen tragen soll. Bei Detailpauschalverträgen soll das Risiko sich dabei auf erhöhte Mengen beschränken, gänzlich neue Leistungen sollen nicht zu Lasten des Auftragnehmers gehen.

Zusammenfassung

Ob eine Vergütung für „zusätzliche Leistungen“ bei Pauschalpreisverträgen berechtigt ist, bestimmt sich vor allem danach, ob die fragliche Leistung, für die eine zusätzliche Vergütung gefordert wird, über das ursprünglich vereinbarte Leistungssoll hinausgeht. Ist dies nicht der Fall, dürfte eine zusätzliche Vergütung nur in seltenen Ausnahmefällen berechtigt sein.

Nach allem kommt der Vereinbarung des geschuldeten Leistungssolls bei (Anlagen)-Bauverträgen überragende Bedeutung zu. Es empfiehlt sich aus vielfacher Erfahrung, den Leistungsumfang mit größter Sorgfalt und möglichst hohem Detailgrad zu bestimmen. Hierbei kann es im Streitfall entscheidende Bedeutung haben, Auslegungsspielräume nach Möglichkeit vermieden zu haben.

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Bereits seit einiger Zeit ist durch eine Grundsatzentscheidung des BGH geklärt, dass der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten „fiktiven“ Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann, vgl. BGH-Urteil vom 12.03.2021, Az. V ZR 33/19. Für die Praxis ist hieran anknüpfend von besonderer Relevanz, wie das im Einzelfall zur Entscheidung berufene Gericht die Höhe solcher fiktiven Schadenskosten zu bestimmen hat.

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Die negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage

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Die negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage

Die negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage hat Relevanz in der folgenden, nach Erfahrung des Autors nicht seltenen Fallkonstellation:

Kommt es mit einem ausländischen Geschäftspartner zum Streit, z.B. hinsichtlich vermeintlicher Ansprüche aus einem Vertrag, ist es aus Sicht des deutschen Vertragspartners ratsam, sich frühzeitig über mögliche prozessuale Szenarien Gedanken zu machen für den Fall, dass eine Einigung scheitert. Ist entgegen der getroffenen Vereinbarungen damit zu rechnen, dass der ausländische Partner eine Klage im Heimatland beabsichtigt, so sollten Sie umgehend über die Erhebung einer präventiven sog. negativen Feststellungsklage am vereinbarten deutschen Gerichtsstand nachdenken. Dies legt allein schon der Umstand nahe, dass die Rechtsverfolgungskosten im Ausland meist sehr erheblich höher sind als in Deutschland. Zudem wird es dem deutschen Partner meist an einem geeigneten anwaltlichen Kontakt im betreffenden Land fehlen.

Zu richten wäre eine solche Klage, die ein ausländisches Verfahren verhindern soll, auf die Feststellung, dass die vom ausländischen Partner behaupteten Ansprüche nicht bestehen.

Nachfolgender Beitrag zeigt überblicksmäßig auf, was bei der negativen Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klagezu beachten ist.

Ausgangspunkt: Schneller sein!

Um die Erfolgsaussichten der beabsichtigten negativen Feststellungklage nicht grundlegend zu gefährden, sollten Sie unbedingt schneller sein als der ausländische Partner, um so den Einwand einer der negativen Feststellungklage entgegenstehenden anderweitigen internationalen Rechtshängigkeit zu vermeiden.

Die Berücksichtigung einer entgegenstehenden internationalen Rechtshängigkeit setzt voraus, dass eine Identität der Parteien in beiden Verfahren gegeben ist, der Streitgegenstand identisch ist und dass die ausländische Rechtshängigkeit vor der Rechtshängigkeit bei einem deutschen Gericht eingetreten ist (Prioritätsprinzip).

Rechtshängigkeit tritt mit wirksamer Zustellung der jeweiligen Klage ein. Es genügt mithin nicht, schnellstmöglich die negative Feststellungsklage bei Gericht einzureichen. Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Klage auf rechtlich wirksame Art und Weise die andere Partei erreicht. Zu empfehlen ist daher, die Zustellung der negativen Feststellungklage nicht einfach dem angerufenen deutschen Gericht zu überlassen und abzuwarten. Es hat sich bewährt, in direkten Kontakt mit dem zuständigen Richter zu treten und mit diesem die schnellstmögliche Zustellung abzustimmen.

Zuständigkeit des deutschen Gerichts

Die Abwehr einer Leistungsklage im Ausland mittels der negativen Feststellungsklage hat allein dann Aussicht auf Erfolg, wenn tatsächlich aus rechtlicher Sicht das deutsche Gericht für die Leistungsklage zuständig wäre.

Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts  folgt im Allgemeinen aus dem herrschenden Grundsatz, dass der Kläger einer negativen Feststellungsklage an seinem Wohn- bzw. Geschäftssitz, also dort, wo umgekehrt die Leistungsklage gegen ihn zu erheben wäre, klagen kann (Volkommer in: Zöller, ZPO, 29. Auflage 2012, § 12 Rn. 3).

Eine  Gerichtsstandsvereinbarung, wonach sich die Parteien auf einen Gerichtsstand am Sitz des deutschen Geschäftspartners verständigt haben, würde die Zuständigkeit des deutschen Gerichts zusätzlich bzw. alternativ begründen:

Gerichtsstandsvereinbarungen halten im Allgemeinen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand: Es ist bereits im nationalen Rechtsverkehr anerkannt, dass die in § 38 ZPO ausdrücklich vorgesehenen Gerichtsstandsklauseln zwischen Unternehmern prinzipiell nicht zu beanstanden sind (vgl. etwa OLG Schleswig, Beschluss vom 21. 6. 2006, Az.: 2 W 88/06; OLG Karlsruhe NJW 1996, 2041). Im internationalen Rechtsverkehr ist das Bedürfnis für Gerichtsstandsvereinbarungen noch erheblich größer. Denn nur durch sie können die Parteien im Voraus das Verfahrensrecht und indirekt damit auch das maßgebliche Sachrecht bestimmen, nach dem sich die Wirksamkeit der vertraglichen Regelungen richtet. Gerichtsstandsvereinbarungen sind Kern jedes transnationalen Vertrages. Grundsätzlich sind Gerichtsstandsklauseln in AGB daher auch und erst Recht im internationalen Rechtsverkehr weder überraschend noch als solche inhaltlich unangemessen (vgl. Wurmnest in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 307 Rn. 249).

Sonderfall: Mehrere deutsche Kläger

Für den Fall, dass es auf deutscher Seite mehrere Beteiligte gibt, von denen sich nur einer auf eine Gerichtsstandsvereinbarung berufen kann, hat das Oberlandesgericht München eine begrüßenswerte Entscheidung getroffen.  Das OLG München hat  zutreffend festgestellt (Beschluss vom 18.08.2009, Az.: 31 AR 355/09):

„Ist es dem Kläger ausnahmsweise gestattet, an seinem Wohnsitz zu klagen, so können mehrere Kläger als aktive Streitgenossen unter den verschiedenen Wohnsitzgerichten der Kläger auch dann wählen, wenn der Klägergerichtsstand nicht ausschließlich ist (hier: Klägergerichtsstand für negative Feststellungsklage).

Hieraus ist abzuleiten, dass sich einer zulässig in Deutschland erhobenen negativen Feststellungsklage weitere Kläger, soweit sich der Streitgegenstand deckt, anschließen können.

Bestehen eines Feststellungsinteresses für eine negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage

Neben der Zuständigkeit des deutschen Gerichts erfordert die negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage ein Feststellungsinteresse des Klägers.

Das für eine negative Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entsteht regelmäßig dann, wenn der Beklagte sich eines Anspruchs berühmt (vgl. z.B. BGH NJW 2008, 2842).

In der vorliegenden Konstellation geht es dem Kläger darum, eine Leistungsklage im Ausland zu verhindern. Gleichzeitig möchte er Rechtssicherheit hinsichtlich der vom ausländischen Partner behaupteten Ansprüche schaffen.

Dies begründet hinreichend ein Feststellungsinteresse zur Erhebung einer negativen Feststellungsklage.

Kein Wegfall des Feststellungsinteresses – Ausnahmsweise keine Subsidiarität der negativen Feststellungsklage bei Unzulässigkeit der Leistungsklage

Das zunächst begründete Feststellungsinteresse entfällt nach zutreffender Ansicht auch nicht, wenn der ausländische Beklagte eine Leistungsklage vor seinem Heimatgericht erhebt.

Eine solche Leistungsklage wäre in der vorliegenden Konstellation nicht geeignet, die negative Feststellungsklage zu verdrängen. Sie ist nicht vorrangig, denn auf die Leistungsklage hin kann keine Sachentscheidung ergehen, da die Leistungsklage mangels Zuständigkeit des ausländischen Gerichts unzulässig ist.

Grundsatz: Vorrang der Leistungsklage

Die Subsidiarität der negativen Feststellungsklage gegenüber einer Leistungsklage über denselben Streitgegenstand ist ein grundlegendes Prinzip des Prozessrechts und wird mit Erwägungen der Prozessökonomie und des Rechtsschutzes begründet (Foerste in: Musielak, Kommentar zur ZPO, 10. Auflage 2013, § 256, Rn 16).

Die Voraussetzungen für diesen Grundsatz wurden bereits durch das Reichsgericht formuliert und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur weitergetragen (statt aller: Urteil des BGH vom 21. Dezember 2012, X ZR 17/03).

Demnach entfällt das Feststellungsinteresse nicht automatisch aufgrund der Erhebung einer Leistungsklage. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Leistungsklage geeignet ist, das schon laufende Verfahren zur Feststellungsklage zu verdrängen oder ob anerkannte Ausnahmen von dem Grundsatz der Subsidiarität vorliegen, die die Fortführung des Verfahrens gebieten (Urteil des Reichsgerichts vom 25. März 1936, Seite 69 ganz oben).

Ausnahme: Auf Leistungsklage könnte kein Sachurteil ergehen

Die wesentliche Voraussetzung für die Verdrängung der zuerst rechtshängigen negativen Feststellungsklage ist, dass die Leistungsklage ein Sachurteil hervorbringen kann.

Der Reichsgerichtshof hat dazu grundlegend erklärt (Urteil des Reichsgerichts vom 25. März 1936, Seite 69 ganz unten):

„(… Es kommt) allein darauf an, dass zur Zeit der Schlussverhandlung im gegenwärtigen Rechtsstreit anzunehmen war, der Berliner Rechtsstreit [Anm.: Leistungsklage] werde zur sachlichen Entscheidung führen.“

Grund für die Verdrängung der negativen Feststellungsklage ist also, dass die Entscheidung über die Leistungsklage die Feststellungsklage überflüssig macht und der Prozess daher nicht mehr weitergeführt zu werden braucht. Dieser Umstand muss aber auch zwingend gegeben sein, um die Beendigung des laufenden Verfahrens zu rechtfertigen.

So führte der Bundesgerichtshof aus (BGH-Urteil vom 18. Oktober 1967, Rn 63):

„Es ist zwar denkbar, daß das Feststellungsinteresse bei einer leugnenden Feststellungsklage ausgeräumt wird, wenn der Gegner Klage auf Erfüllung der Forderung erhebt, deren Nichtbestehen festgestellt werden soll, und diese Klage nicht mehr einseitig zurücknehmen kann (RGZ 151, 65 f). Das kann aber nur gelten, wenn die Leistungsklage in einer prozeßwirtschaftlich ebenso geeigneten Weise wie die leugnende Feststellungsklage das streitige Rechtsverhältnis klärt, es also zur Beseitigung der Unsicherheit nicht mehr des Feststellungsurteils bedarf.“

Nur wenn sachlich über den Streit im Rahmen der Leistungsklage entschieden werden kann, entfällt das Feststellungsinteresse und die Leistungsklage genießt Vorrang (Becker-Eberhard in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 256, Rn 61). Die Vorrangwirkung der Leistungsklage setzt also ein Sachurteil voraus. Ein Sachurteil kann nur ergehen, wenn die Leistungsklage zulässig ist. Auf eine unzulässige Klage ergeht kein Sachurteil. Aus diesem Grund bleibt die unzulässige Leistungsklage ohne Einfluss.

Dies stellte der Bundesgerichtshof ausdrücklich fest (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1996 – VIII ZR 154/95):

„Das Feststellungsinteresse entfällt ausnahmsweise dann nicht, wenn […] die in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage auf Leistung […] unzulässig ist.“

Daraus folgt, dass eine unzulässige Leistungsklage keine Vorrangwirkung hat.

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Fazit

Die negative Feststellungsklage zur Verhinderung einer ausländischen Klage hat sich in der anwaltlichen Praxis des Autors bereits mehrfach bewährt. Droht im Konfliktfall mit einem ausländischen Partner ein Gerichtsverfahren im Heimatland des Partners, lässt sich dies über den Weg der negativen Feststellungsklage häufig verhindern und spart Ihnen viel Ärger und vor allem Kosten. Erforderlich ist, dass:

  • die deutschen Gerichte für den Konflikt zuständig sind,
  • Sie dem ausländischen Partner zeitlich zuvorkommen, und
  • der ausländische Partner bereits irgendwie angedeutet hatte, Forderungen gegen Sie einklagen zu wollen.

Sollten Sie demgegenüber bereits eine Klage aus dem Ausland erreicht haben, lesen Sie in meinem diesen Fall betreffenden Beitrag, welche Reaktionsmöglichkeiten für Sie dann in Betracht kommen.

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