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Zur Erlangung einer Güterkraftverkehrslizenz in Deutschland

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Ratgeber Transportrecht: Voraussetzungen für die Erlangung einer Güterkraftverkehrslizenz in Deutschland

Das Güterkraftverkehrsgewerbe ist bei Transporten mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen erlaubnispflichtig. Die zu erfüllenden Voraussetzungen zur Erlangung einer Güterkraftverkehrslizenz werden nachfolgend überblicksmäßig beschrieben.

close up of truck on parking

Rechtsgrundlagen der Güterkraftverkehrslizenz

Die meisten Anforderungen folgen unmittelbar aus dem EU-Recht, dort Art. 3 der VO (EG) Nr. 1071/2009. In Deutschland ist Art. 3 der vorgenannten Verordnung in § 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) umgesetzt worden. § 3  GüKG lautet:

㤠3 Erlaubnispflicht

(1) Der gewerbliche Güterkraftverkehr ist erlaubnispflichtig, soweit sich nicht aus dem unmittelbar geltenden europäischen Gemeinschaftsrecht etwas anderes ergibt.

(2) Die Erlaubnis wird einem Unternehmer, dessen Unternehmen seinen Sitz im

Inland hat, für die Dauer von bis zu zehn Jahren erteilt, wenn er die in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG (ABl. L 300 vom 14. 11.2009, S. 51) genannten

Voraussetzungen für die Ausübung des Berufs eines Kraftverkehrs-unternehmers erfüllt.

(…)“

Demnach sind folgende Voraussetzungen, die sich unmittelbar aus Art. 3 der VO (EG) Nr. 1071/2009 ergeben, zu erfüllen:

  • Tatsächliche und dauerhafte Niederlassung in der EU
  • Zuverlässigkeit
  • Angemessene finanzielle Leistungsfähigkeit
  • Fachliche Eignung

Die erforderliche Niederlassung muss im Inland, also in Deutschland, liegen (§ 3 Abs. 2 S. 1 GüKG). Die Anforderungen der Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung müssen bei der in dem Unternehmen für den Güterkraftverkehr verantwortlichen Person, seit 4.12.2011 als Verkehrsleiter bezeichnet, auf Dauer vorhanden sein.

Die vorgenannten Voraussetzungen müssen grundsätzlich bei der Antragstellung nach § 3 GüKG durch geeignete Nachweise belegt werden. Das erforderliche Antragsformular kann bei verschiedenen zuständigen Verwaltungsbehörden von deren Homepage heruntergeladen werden.

Wie die Voraussetzungen im Einzelnen zu erfüllen sind und was bei den einzelnen Erlaubnis-, Anhörungs- und Rücknahme-/Widerrufsverfahren gilt, ist in der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (GBZugV) und in der entsprechenden Verwaltungsvorschrift (GüKVwV) geregelt.

Niederlassung

Es bedarf einer Niederlassung in Deutschland.

Die zu erfüllenden Anforderungen ergeben sich aus Art. 5 der VO (EG) Nr. 1071/2009:

„Um die Anforderung nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a zu erfüllen, muss ein Unternehmen in dem betreffenden Mitgliedstaat

a)

über eine Niederlassung in dem genannten Mitgliedstaat verfügen, mit Räumlichkeiten, in denen seine wichtigsten Unternehmensunterlagen aufbewahrt werden, insbesondere seine Buchführungsunterlagen, Personalverwaltungsunterlagen, Dokumente mit den Daten über die Lenk- und Ruhezeiten sowie alle sonstigen Unterlagen, zu denen die zuständige Behörde Zugang haben muss, um die Erfüllung der in dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen überprüfen zu können. Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die Niederlassungen in ihrem Hoheitsgebiet auch andere Unterlagen jederzeit in ihren Räumlichkeiten zur Verfügung halten;

b)

nach Erhalt der Zulassung über ein oder mehrere Fahrzeuge verfügen, die sein Eigentum oder aufgrund eines sonstiges Rechts, beispielsweise aufgrund eines Mietkauf- oder Miet-oder Leasingvertrags, in seinem Besitz sind sowie in dem betreffenden Mitgliedstaat zugelassen sind oder auf andere Art und Weise entsprechend den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats in Betrieb genommen werden;

c)

seine Tätigkeit betreffend die unter Buchstabe b genannten Fahrzeuge tatsächlich und dauerhaft, mittels der erforderlichen verwaltungstechnischen Ausstattung und der angemessenen technischen Ausstattung und Einrichtung, an einer in dem betreffenden Mitgliedstaat gelegenen Betriebsstätte ausüben.“

Die Niederlassung muss am betreffenden Ort über Räumlichkeiten zur stetigen und dauerhaften Teilnahme am Geschäftsleben und zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen verfügen, eine Tätigkeit als Güterkraftverkehrsunternehmer mit Standort und Disposition von Fahrzeugen sowie angestelltem Personal ausüben, und zwar durch zum selbständigen Handeln befugte und mit den Geschäftsvorgängen vertraute Personen.

Folgende Anforderungen muss die Niederlassung demnach erfüllen:

  • eigene Räumlichkeiten
  • dortige Aufbewahrung der wesentlichen Buchführungsunterlagen, Personalverwaltungsunterlagen, Dokumente mit den Daten über Lenk- und Ruhezeiten, zu denen die Behörden im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht Zugang haben müssen.
  • Betrieb von Fahrzeugen über diese Niederlassung. Diese können auch gemietet oder geleast sein.
  • Tatsächliche Ausübung Güterkraftverkehrstätigkeit am Ort der Niederlassung

 

Wichtig:

Büroräume für die Aktenverwahrung und gelegentliche Personalbesprechungen ohne erkennbare Hinweise auf regelmäßige Benutzung durch Mitarbeiter reichen nicht aus (Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 11.2.2016 – 2 L 901/15).

Die Gerichte untersuchen im Streitfall sehr streng, ob die äußeren Umstände die Annahme, dass es sich tatsächlich um eine Niederlassung im vorbeschriebenen Sinne handelt, zulassen.

Das Verwaltungsgericht Augsburg (Urteil vom 27.03.2012 – Au 3 K 11.1212) hat z.B. in einem von diesem untersuchten Fall die örtlichen/baurechtlichen Gegebenheiten genauestens untersucht und u.a. mit folgender Begründung das Bestehen einer (Zweig-)Niederlassung abgelehnt:

„(…) Ein häufigeres Anfahren des angeblichen Sitzes der Zweigniederlassung mit Lastkraftwagen verbietet sich zudem schon aus baurechtlichen Gründen. Nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbildern liegt das Gebäude, in dem sich die Wohnung der stellvertretenden Geschäftsführerin der Klägerin befindet, in einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne von § 4 der Baunutzungsverordnung. Dort sind selbst nicht störende Gewerbebetriebe nur ausnahmsweise zulässig. Wurde die Wohnung regelmäßig mit Lastkraftwagen angefahren, wäre die Nutzung als Zweigniederlassung unzulässig. (…)

Dies alles lässt nur den Schluss zu, dass es der Klägerin nur darum geht, formal eine Niederlassung in Deutschland zu besitzen, um Einschränkungen im Transportgeschäft zu umgehen, … wurde lediglich gewählt, weil die Geschäftsführerin der Klägerin dort eine Wohnung besitzt und so keine Geschäftsräume angemietet werden mussten.“

 Nach allem ist dringend  zu empfehlen,

  • tatsächlich Räumlichkeiten anzumieten, die nach den örtlichen Gegebenheiten rechtlich und tatsächlich einen Güterkraftverkehrsbetrieb zulassen,
  • die Räumlichkeiten technisch so auszustatten, dass dort sämtliche Verwaltungsaufgaben eines Güterkraftverkehrsbetrieb wahrgenommen werden können,
  • mindestens einen LKW über die Niederlassung anzumelden
  • zumindest in einem gewissen Umfang vom Ort der Niederlassung Transporte durchzuführen.

 

Zuverlässigkeit

Über die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit gibt § 2 der GBZugV Auskunft. Dort heißt es:

(1) Der Unternehmer und der Verkehrsleiter im Sinne des Artikels 4 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG des Rates (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 51) sind zuverlässig im Sinne des Artikels 6 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009, wenn keine Tatsachen dafür vorliegen, dass

  1. bei der Führung des Unternehmens gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen oder
  2. bei dem Betrieb des Unternehmens die Allgemeinheit geschädigt oder gefährdet

wird.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen der Unternehmer und der Verkehrsleiter in der Regel nicht, wenn sie wegen eines schwersten Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften im Sinne des Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009

  1. rechtskräftig verurteilt worden sind oder
  2. ein gegen sie ergangener Bußgeldbescheid unanfechtbar geworden ist.

(3) Darüber hinaus können der Unternehmer und der Verkehrsleiter insbesondere dann unzuverlässig sein, wenn sie rechtskräftig verurteilt worden sind oder ein gegen sie ergangener Bußgeldbescheid unanfechtbar geworden ist

  1. wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 Unterabsatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union,

  2. wegen eines schweren Verstoßes gegen strafrechtliche Vorschriften oder

  3. wegen eines schweren Verstoßes gegen

  4. a) Vorschriften des Güterkraftverkehrsgesetzes oder der auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen,

  5. b) arbeits- oder sozialrechtliche Pflichten,

  6. c) Vorschriften, die im Interesse der Verkehrs-, Betriebs- oder Lebensmittelsicherheit erlassen wurden, insbesondere gegen die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes, der Straßenverkehrs-Ordnung oder der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung,

  7. d) die abgabenrechtlichen Pflichten, die sich aus unternehmerischer Tätigkeit ergeben,

  8. e) § 1 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213) in der jeweils geltenden Fassung,

  9. f) umweltschützende Vorschriften, insbesondere des Abfall- und Immissionsschutzrechts oder gegen

  10. g) Vorschriften des Handels- und Insolvenzrechts.

Erforderlich ist demnach insbesondere

  • eine Berufsausübung im Einklang mit den Gesetzen sowie
  • das Fehlen rechtskräftiger Verurteilungen wegen erheblicher Verstöße gegen nationales und Gemeinschaftsrecht.

Es geht im Ergebnis darum, dass keine Tatsachen dafür vorliegen, dass bei der Führung des Unternehmens die geltenden (nationalen und europäischen) Vorschriften missachtet oder die Allgemeinheit geschädigt oder gefährdet werden.

Die Zuverlässigkeit steht z.B. bei folgenden Verstößen gegen einschlägiges Gemeinschaftsrecht in Frage (vgl. Auflistung in Anlage IV der VO (EG) 1071/2009):

  • Überschreitung der maximalen Tageslenkzeiten um 50 % und mehr, der 6-tägigen oder 14-tägigen Höchstlenkzeiten um 25 % oder mehr,
  • fehlenden Fahrtenschreibern oder Geschwindigkeitsbegrenzern,
  • Verwendung von Vorrichtungen zur betrügerischen
  • Veränderung oder Fälschung von Schaublättern und heruntergeladener Daten,
  • Fahren von vorschriftswidrig nicht überwachten Fahrzeugen und von solchen mit schwerwiegenden Mängeln, z.B. an Bremsen und Lenkung,
  • verbotener Verwahrung oder verbotener Beförderung gefährlicher Güter mit einer solchen Gefahr für Menschenleben und Umwelt, dass die Stilllegung des Fahrzeugs erfolgt,
  • Beförderung von Personen und Waren ohne gültigen Führerschein oder durch ein Unternehmen ohne Gemeinschaftslizenz
  • Verwendung gefälschter Fahrerkarten

Finanzielle Leistungsfähigkeit

Als finanziell leistungsfähig gilt der Unternehmer gem. § 3 GBZugV, wenn er die Voraussetzungen des Art. 7 der VO (EG) 1071/2009 erfüllt. Die nationale Bestimmung verweist unmittelbar auf die gemeinschaftsrechtliche Regelung, die die entsprechende Definition enthält. Dort heißt es in Absatz 1:

„Um die Anforderung nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c zu erfüllen, muss ein Unternehmen jederzeit in der Lage sein, imVerlauf des Geschäftsjahres seinen finanziellen Verpflichtungennachzukommen. Zu diesem Zweck weist das Unternehmenanhand der von einem Rechnungsprüfer oder einer ordnungsgemäß akkreditierten Person geprüften Jahresabschlüsse nach, dass es jedes Jahr über ein Eigenkapital und Reserven in Höhe vonmindestens 9000 EUR für nur ein genutztes Fahrzeug und 5000 EUR für jedes weitere genutzte Fahrzeug verfügt.“

Der Zeitwert der genutzten Fahrzeuge kann bei der Berechnung des Eigenkapitals nicht berücksichtigt werden, da es sich um Betriebsmittel handelt (Hamburgisches OVG 16.9.2012 – 3 Bs 5/12).

Bei der ersten Antragstellung ist das erforderliche Eigenkapital durch eine entsprechende Eigenkapitalbescheinigung z.B. eines Steuerberaters nachzuweisen. Ergänzend kann wohl trotz Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Vorgabe eine sog. Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes gefordert werden.

Fachliche Eignung

Die fachliche Eignung ist nach § 4 GBZugV i.V.m. Art. 8 VO (EG) 1071/2009 gegeben, wenn bei dem sog. „Verkehrsleiter“ die Kenntnisse zur Führung eines Güterkraftverkehrsunternehmens in den im Anhang I Teil 1 VO (EG) 1071/2009 aufgeführten Sachgebieten vorliegen.

Es geht um die Sachgebiete Bürgerliches Recht, Handelsrecht, Sozialrecht, Steuerrecht, kaufmännische und finanzielle Unternehmensführung, Zugang zum Markt, technische Normen, technischer Betrieb sowie Sicherheit im Straßenverkehr, jeweils bezogen auf den Güterkraftverkehr.

Der Nachweis ist grundsätzlich durch eine mündliche Prüfung zu erbringen, die vor einem Prüfungsausschuss der  zuständigen Industrie- und Handelskammer abzulegen ist.

Als gleichwertig werden nach geltendem Recht Abschlussprüfungen, wie z.B. als Speditionskaufmann, als Kaufmann im Straßen- und Eisenbahnverkehr, als Verkehrsfachwirt und in verschiedenen Studiengängen als Diplom-Betriebswirt angesehen (vgl. im Einzelnen Anlage 4 zur aF der GBZugV).

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Wichtig:

Ihre fachliche Eignung können Praktiker auch durch eine mindestens zehnjährige leitende ununterbrochene Tätigkeit in Unternehmen, die Güterkraftverkehr in der EU betreiben, nachweisen (§ 8 Abs. 1 GBZugV).

 

Verkehrseiter

Die oben beschriebenen Voraussetzungen der Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung müssen in Person des sog. Verkehrsleiters vorliegen.

Nach Art. 2 Nr. 5 der VO (EG) Nr. 1071/2009 ist Verkehrsleiter „eine von einem Unternehmen beschäftigte natürliche Person oder, falls es sich bei diesem Unternehmen um eine natürliche Person handelt, diese Person selbst oder gegebenenfalls eine von diesem Unternehmen vertraglich beauftragte andere natürliche Person, die tatsächlich und dauerhaft die Verkehrstätigkeiten dieses Unternehmens leitet.“

Nach Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1071/2009 ist zur Erlangung einer Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr die Benennung eines Verkehrsleiters i.S.d. Art. 2 Nr. 5 der VO (EG) Nr. 1071/2009 zwingend erforderlich.

„Verkehrsleiter“ kann nur sein, wer

  • Verkehrstätigkeiten des Unternehmens tatsächlich und dauerhaft leitet,
  • in einer echten Beziehung zu dem Unternehmen steht, beispielsweise als Angestellter, Direktor, Eigentümer oder Anteilseigner, oder die Verwaltungsgeschäfte des Unternehmens führt oder, wenn das Unternehmen eine natürliche Person ist, selbst diese Person ist und
  • ihren ständigen Aufenthalt in der Gemeinschaft hat.

    Wichtig:

    Es besteht bei Bedarf die Möglichkeit, einen Dritten, der nicht im eigenen Unternehmen angestellt ist, als Verkehrsleiter vertraglich zu beauftragen.

    Dies ergibt sich aus Art. 4 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1071/2009. Dort sind auch die zu erfüllenden Voraussetzungen aufgeführt. Wichtig ist insbesondere, dass in dem erforderlichen Verkehrsleiter-Vertrag der Inhalt der übernommenen Pflichten als Verkehrsleiter genau geregelt ist. Zudem darf die vertraglich beauftragte Person in höchstens 4 Unternehmen als Verkehrsleiter beschäftigt sein.

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Zur Verjährung von Frachtansprüchen – Ausnahme ist beim Frachtvergütungsanspruch die Regel!

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1, 2 oder 3? Zur Verjährung von Frachtansprüchen - Ausnahme ist beim Frachtvergütungsanspruch die Regel!

 

Das Frachtgeschäft ist Massengeschäft. Daher ist die Branche darauf angewiesen, einzelne Frachtaufträge zeitnah „ad acta“ legen zu können. Das internationale Frachtrecht, das die Frachtbranche schützen will, sieht aus diesem Grund für transportrechtliche Ansprüche eine gegenüber der Regelverjährung stark verkürze Verjährungsfrist vor. Nicht einfach ist die Frage zu beantworten, welche Frist für die Verjährung von Frachtansprüchen im konkreten Fall nun eigentlich gilt. 1, 2 oder 3?

Verjährung bei der Luftfracht

Beim Lufttransport ist die Frage noch relativ einfach zu beantworten. Hier gilt im Allgemeinen eine sog. Ausschlussfrist von 2 Jahren (vgl. Art. 35 MÜ). Zu beachten ist aber, dass diese Frist nur für Schadensersatzansprüche gegen den Frachtführer gilt. Zudem gilt diese Frist auch im Falle eines sog. qualifizierten Verschuldens, bei dem das Landfrachtrecht (dazu sogleich) eine Sonderregelung vorsieht. Für alle sonstigen Ansprüche gelten im Bereich der Luftfracht die einschlägigen allgemeinen Verjährungsregeln.

Verjährung bei Landtransporten

Im Landfrachtrecht wird es komplizierter:

Hier gilt für alle Ansprüche „aus einer Beförderung“ grundsätzlich eine kurze Frist von nur einem Jahr. Diese beginnt mit Ablieferung des Frachtguts bzw. ab dem Tag, an dem hätte abgeliefert werden müssen. Diese Rechtslage gilt – bezogen auf den Landtransport – im Wesentlichen gleichermaßen im nationalen (439 HGB) wie im internationalen Bereich (Art. 32 CMR).

3-jährige Verjährung von Frachtansprüchen bei qualifiziertem Verschulden – Beim Frachtvergütungsanspruch die Regel

Abweichend gilt – wiederum national wie international – eine 3-jährige Frist, wenn dem Anspruchsgegner ein sog. qualifiziertes Verschulden trifft.

Bezogen auf den Hauptanspruch (Primäranspruch) des Frachtführers lohnt sich dabei ein näherer Blick auf die Rechtslage:

Beim Frachtanspruch (Vergütungsanspruch des Frachtführers) ist bereits umstritten, ob die transportrechtlichen Verjährungsregeln überhaupt einschlägig sind. Legt man die transportrechtlichen Verjährungsvorschriften zugrunde, so haben  § 439 Abs. 1 S.2 HGB bzw. Art. 32 Abs. 1 S. 2 CMR beim Frachtvergütungsanspruch besondere Relevanz. Nach diesen Regelungen verjähren transportrechtliche Ansprüche erst in drei Jahren, wenn dem Anspruchsgegner ein sog. qualifiziertes Verschulden zur Last fällt. Im Falle der Verweigerung der Frachtzahlung dürfte dies oftmals der Fall ein.

Im Einzelnen:

BGH-Urteil vom 23.04.2010 (Az. I ZR 31/08) – § 439 HGB umfasst auch den Erfüllungsanspruch (Frachtanspruch)

Da die Verjährungsregeln vor allem darauf gerichtet sind, den Zeitraum zu begrenzen, in dem der Versender Ansprüche wegen Verlust, Beschädigung oder Verzögerung geltend machen kann, ist durchaus die Frage berechtigt, ob die kurze transportrechtliche Verjährungsfrist auch den Anspruch auf Vergütung der Transportleistung betrifft. Nahe liegt  ein Verständnis, wonach wie bei der Luftfracht (Art. 35 MÜ) nur Schadensersatzansprüche umfasst sind. Diese früher einmal „heiß“ diskutierte Frage dürfte mittlerweile durch den BGH als geklärt gelten. In seinem Urteil vom 23.04.2010  hat der BGH ausgeführt (Az. I ZR 31/08):

„(…) Gemäß § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB beträgt die Verjährungsfrist für Ansprüche aus einer den §§ 407 bis 452 HGB unterliegenden Beförderung grundsätzlich ein Jahr. (…)

Der Kläger verlangt der Sache nach eine Frachtvergütung für die im Februar 2004 nicht erteilten Einzelaufträge, (…) Ob die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auf primäre Erfüllungs- und vertragliche Aufwendungsersatzansprüche aus Frachtverträgen anwendbar ist, ist umstritten. (…)

Der Senat schließt sich der Ansicht an, die eine Anwendung des § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB auf Primärleistungsansprüche bejaht.

Ausnahme ist beim Frachtanspruch die Regel – Frachtansprüche verjähren in der Praxis oft in der Frist des § 439 Abs. S. 2 HGB bzw. Art. 32 Abs.  S. 2 CMR

Wesentlicher Grund dafür, warum die Anwendung des § 439 Abs. 1 HGB auf Frachtansprüche umstritten war, ist die Ausnahme des § 439 Abs. 1 S. 2 HGB.  Danach gilt im Falle eines qualifizierten Verschuldens auch im Transportrecht eine 3-jährige Verjährungsfrist. Dies hat nämlich in der Praxis häufig zur Folge, dass Frachtansprüche im Ergebnis erst nach 3 Jahren verjähren, weil die Verweigerung der Frachtzahlung in vielen Fällen ein eben solches qualifiziertes Verschulden begründen dürfte.  Mag der BGH dies mit der Begründung anders sehen, dass das Zivilrecht Rechtsirrtümer als Entlastungsgrund vorsieht, tatsächlich dürfte Folge der jetzt herrschenden BGH-Rechtsprechung sein, dass in vielen Fällen der Frachtanspruch erst nach 3 Jahren verjährt.

Verweigerung der Frachtzahlung regelmäßig vorsätzliche Nichterfüllung – OLG Frankfurt, Urteil vom 15. April 2005, Az. 24 U 11/05

Das OLG Frankfurt, das aus gleichen Gründen die Anwendung des § 439 Abs. 1 S. 2 HGB auf Erfüllungsansprüche abgelehnte, hat ausgeführt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 15. April 2005, Az. 24 U 11/05):

„(…) Praktisch betrachtet nämlich ist jede Nichterfüllung eines vertraglichen Vergütungsanspruches und meist auch jede Nichterfüllung eines vertraglichen Aufwendungsersatzanspruches seitens der Spediteurin, der Unterspediteurin wie des Frachtführers eine vorsätzliche Nichterfüllung. Kraft fachlicher Kenntnis wie konkret getroffener Vereinbarung wie erhaltener Rechnung wissen die Beteiligten des Fracht- bzw. Speditionsvertrages immer sehr genau, dass und was sie für die vertragliche Leistung der anderen Seite zu zahlen haben, welche Leistungen zur Erfüllung der vertraglich übernommenen Transport- bzw. Besorgungsaufgaben erforderlich werden und geworden sind. Eine „Nichtzahlung in unverschuldeter Unkenntnis“ ist praktisch gesehen kaum denkbar.“

Dem ist zuzustimmen. Die Nichtzahlung einer Frachtrechnung dürfte im Regelfall ein qualifiziertes Verschulden des Auftraggebers bedeuten.

Beispiel: Aufrechnungsverbot

Nahezu eindeutig ist dies insbesondere dann, wenn nach dem zugrunde liegenden Vertrag ein Aufrechnungsverbot mit bestrittenen Forderungen gilt. Nach den in vielen Fällen vereinbarten ADSP ist dies die Regel (vgl. Art. 19 ADSP). Denn in diesem Fall verstößt der Auftraggeber eindeutig und vorsätzlich gegen den Frachtvertrag mit der Folge, dass ihn ein qualifiziertes Verschulden trifft.

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Fazit zur Verjährung von Frachtansprüchen und Praxis-Tipp

Wenn nach allem der Auftraggeber die Fracht nicht zahlt, obwohl es sich ihm aufdrängen muss, dass die Zahlungsverweigerung unrechtmäßig ist, liegt die Annahme eines qualifizierten Verschuldens nahe.

Bei nach Ablauf eines Jahres noch offenen Frachtansprüchen sollten Sie daher stets prüfen, ob der Grund, den der Auftraggeber ihrem Anspruch entgegenhält, wirklich stichhaltig ist. Wenn nicht, lohnt sich eine nähere Prüfung, ob ihr Anspruch aus vorbeschriebenen Gründen noch unverjährt sein könnte.

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Die transportrechtliche Verjährung nach § 439 HGB

 

 

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Die transportrechtliche Verjährung nach § 439 HGB

Die transportrechtliche Verjährung  nach § 439 HGB beträgt ein Jahr ab Ablieferung des Transportgutes und ist damit deutlich kürzer als die 3-jährige Regelverjährung nach  § 195 BGB.

Aufgrund dieser deutlichen Verkürzung der Verjährung kommt der Frage der Reichweite des Anwendungsbereichs der transportrechtlichen Verjährung große Bedeutung zu. Aus Erfahrung kann ich berichten, dass die Frage, ob ein Anspruch der transportrechtlichen Verjährung oder aber der Regelverjährung unterliegt, oftmals Schwierigkeiten aufwirft. Es existieren insoweit zwei „Lager“, von denen eines eine enge Auslegung, und eines – zu Recht – eine weite Auslegung vertritt.

Nachfolgender Beitrag fasst die Rechtslage zusammen.

Gesetzeswortlaut: Ansprüche „aus einer Beförderung“

Gemäß § 439 Abs. 1 S.1 HGB verjähren Ansprüche „aus einer Beförderung“ nach den Vorschriften der §§ 407-450 HGB innerhalb eines Jahres ab Ablieferung des Gutes.

Die transportrechtliche Verjährungfrist  nach 439 HGB umfasst alle Ansprüche im Zusammenhang mit einer Beförderung

Auch wenn § 439 HGB seinem Wortlaut nach die Verjährung von Ansprüchen „aus einer Beförderung“ regelt, so werden nach vorzugswürdiger Auffassung alle Ansprüche erfasst, die mit der Beförderung in einem inneren Zusammenhang stehen.

Sinn und Zweck der einheitlichen Verjährungsvorschrift ist es, die Verjährungsbestimmungen zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten. Etwaigen Rechtsunsicherheiten aufgrund unterschiedlicher Verjährungsregelungen für Ansprüche aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt soll entgegen gewirkt werden (vgl. BT-Drucksache 13/8445 zu § 439 HGB).

Erfasst werden somit beispielsweise auch Ansprüche aus Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Organisation des Transports, Ansprüche aus Verzollung und Auskunftsansprüche (vgl. OLG Nürnberg vom 26.11.1974, NJW 1974, 501).

Die Verjährungsregelung gilt also insbesondere auch unabhängig davon, von welcher Seite der Anspruch geltend gemacht wird und auf welchem Rechtsgrund dieser beruht. Gleichgültig ist somit, ob der Frachtführer gegen den Auftraggeber vorgeht oder umgekehrt. (vgl. BT-Drucksache 13/8445 zu § 439 HGB).

Die transportrechtliche Verjährungfrist nach 439 HGB ist nicht lediglich eine Haftungsbeschränkung oder -befreiung im Sinne der §§ 434, 436 HGB

Unzutreffend ist die gegenläufige Auffassung, wonach es sich bei § 439 HGB um eine Haftungsbeschränkung bzw. -befreiung im Sinne der §§ 434, 436 HGB handeln soll. Dies hätte insbesondere zur Folge, dass § 439 HGB allein auf Ansprüche der Parteien des betroffenen Transportvertrages anwendbar wäre. Diese Auffassung lässt sich nicht stichhaltig begründen. Zur Anwendung des § 439 HGB gelangt man nicht nur über § 434 Abs. 1 HGB oder § 436 HGB:

Gesetzesbgründung

Wie oben ausgeführt, ist Sinn und Zweck der einheitlichen Verjährungsvorschrift des § 439 HGB, die Verjährungsbestimmungen zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten (Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drs. 13/8445, S. 77). Die Verjährungsregel des § 439 HGB stellt allein darauf ab, ob die Beförderung als solche den Bestimmungen der §§ 407 ff. HGB unterliegt. Denn nur so kann ein Gleichlauf aller unmittelbar mit der Beförderung zusammenhängenden Ansprüche erreicht werden (vgl. BT-Drs. 13/8445, S. 77).

Der Hinweis auf § 439 HGB in der Gesetzesbegründung zu § 434 HGB und damit die Klarstellung der systematischen Verhältnisse in den transportrechtlichen Regelungen des HGB ist eindeutig, so dass kein ernster Zweifel an der Reichweite des § 439 HGB aufkommen kann. Der entscheidende Satz sei wie folgt zitiert:

Auf die Reichweite der Verjährungsregelung wird nicht gesondert hingewiesen, da bereits die Verjährungsvorschrift selbst (§ 439 HGB-E) in Übereinstimmung mit der Parallelvorschrift des Artikels 32 CMR alle aus einer Beförderung erwachsenden Ansprüche, somit auch außervertragliche Ansprüche, erfaßt.“.

BGH-Rechtsprechung

Nichts anderes besagt die absolut eindeutige Rechtsprechung des BGH, der (Urteil v. 10.1.2008, Az. I ZR 13/05, Tz. 13) ausgeführt hat:

„Die Bestimmung des § 439 Absatz I HGB knüpft für die Anwendung der eigenständigen frachtrechtlichen Verjährungsregelung allein daran an, dass sich der geltend gemachte Anspruch aus einer den Vorschriften dieses Unterabschnitts unterliegenden Beförderung ergibt. Ist von einer solchen Beförderung auszugehen, weil ein wirksamer Frachtvertrag i.S. von § 407 HGB zu Stande gekommen ist, so unterfallen alle Ansprüche, die mit dieser Beförderung in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, der Verjährungsregelung des § 439 HGB, unabhängig davon, von welcher Seite sie geltend gemacht werden und auf welchem Rechtsgrund sie beruhen (vgl. Begr. z. RegE des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Dr 13/8445, S. 77; BGH, NJOZ 2006, 1068).“.

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Fazit: § 439 HGB umfasst den gesamten „Sachverhalt“ im Zusammenhang mit einer Beförderung

Die transportrechtliche Verjährung knüpft nicht (allein) an einen Transportvertrag und den aus diesem resultierenden Ansprüchen an.

Umfasst von der kurzen Verjährung des § 439 HGB ist vielmehr jeder im Zusammenhang mit einer Beförderung stehende Anspruch. Insbesondere gilt die kurze Verjährung damit auch außerhalb des betroffenen Beförderungsvertrages, soweit der in Frage stehende Anspruch einen „inneren“, z.B. wirtschaftlichen, Zusammenhang mit der Beförderung aufweist.

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Durchsetzung internationaler Gerichtsstandsvereinbarungen: Was tun bei einer Klage aus dem Ausland trotz entgegenstehender ausschließlicher Gerichtsstandsvereinbarung?

Um kostspielige und unangenehme Rechtsstreitigkeiten im Ausland zu verhindern, ist es ratsam, mit ausländischen Geschäftspartnern ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen abzuschließen, die ausschließlich deutsche Gerichte als zuständig festlegen. Allerdings kommt es nicht selten vor, dass der Geschäftspartner im Streitfall, entgegen der Gerichtsstandsvereinbarung, Klage in seinem eigenen Land einreicht. In solchen Fällen stellt sich die Frage: Was kann man zur Durchsetzung internationaler Gerichtsstandsvereinbarungen tun?

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Anerkennung und Vollstreckung von EU-Urteilen in Deutschland

Mit der Internationalisierung des Geschäftsverkehrs geht einher, dass der Frage, ob und wie ein im Heimatland des Gläubigers ergangenes Urteil im hiervon abweichenden Heimatstaat des Schuldners vollstreckt werden kann, eine hohe praktische Bedeutung zukommt. Denn die leidliche Erfahrung auch des Verfassers dieses Beitrags zeigt, dass viele Schuldner zur freiwilligen Leistung nicht bereit sind.

Nachfolgender Beitrag verschafft einen Überblick, wie ein in der EU in Zivil- und/oder Handelssachen erlassenes Urteil in anderen EU-Mitgliedstaaten – hier am Beispiel Deutschland – vollstreckt werden kann.

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Beförderungsbedingungen Brief: Zur Haftung der Post bei Verlust eines Einschreibens

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Beförderungsbedingungen Brief: Zur Haftung der Post bei Verlust eines Einschreibens

 

Die Frage der Haftung für Einschreibesendungen der Deutschen Post gewinnt immer mehr an Bedeutung, da in der Lebenswirklichkeit in der Welt von amazonm ebay & Co. Waren zunehmend als z.B. eingeschriebenen Maxibriefsendung verschickt werden. Dann nämlich kommt die Frage praktische Bedeutung, ob und ggf. in welcher Höhe eine Haftung der Post in Betracht kommt. Hiermit befasst sich der nachfolgende Beitrag.

Das Problem

Gewöhnliche Briefsendungen enthalten in aller Regel lediglich Gedankenerklärungen ohne materiellen Wert. Der Haftungsfrage im Verlustfall kommt daher keine praktische Bedeutung zu. Anders ist dies bei Einschreibebriefen, die in der heutigen wirtschaftlichen Realität immer häufiger auch zum Versand von Warensendungen benutzt werden. Bedenkt man, dass für Einschreiben ein zusätzliches Entgelt erhoben wird und Übernahme und Ablieferung – wie bei Paketen auch – in persönlicher Form stattfinden, drängt sich die Frage geradezu auf, ob hier nicht die auch für sonstige Warensendungen (z.B. Pakete) geltenden Haftungsgrundsätze zumindest entsprechend gelten müssen. In 2006 hatten sich in kurzer Abfolge das Amtsgericht Bonn am 29.03.2006 und der BGH am 14.06.2006 mit dieser Fragestellung zu befassen. Von praktischer Relevanz ist insbesondere, ob die Post bei Einschreibebriefen eine sog. Einlassungsobliegenheit trifft; d.h. die Pflicht sich zu den Umständen des Verlustes zu erklären. Der BGH hat im erwähnten Urteil eine „Post-freundliche“ und zugleich zweifelhafte Position eingenommen. Das Amtsgericht Bonn ist – zu Recht, wie der Verfasser im Folgenden erläutern wird – einen anderen Weg gegangen.

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Was sagt das Gesetz?

Der Gesetzgeber hat die Post hinsichtlich der Beförderung von „Briefen und briefähnlichen Sendungen“ haftungsrechtlich privilegiert. Zum Ausdruck kommt dies in § 449 HGB und wird in dessen Gesetzesbegründung erläutert: 

449 HGB:

(1) Soweit der Frachtvertrag nicht die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand hat, kann von den Haftungsvorschriften in § 413 Absatz 2, den §§ 414, 418 Absatz 6, § 422 Absatz 3, den §§ 425 bis 438, 445 Absatz 3 und § 446 Absatz 2 nur durch Vereinbarung abgewichen werden, die im Einzelnen ausgehandelt wird, auch wenn sie für eine Mehrzahl von gleichartigen Verträgen zwischen denselben Vertragsparteien getroffen wird. Der Frachtführer kann sich jedoch auf eine Bestimmung im Ladeschein, die von den in Satz 1 genannten Vorschriften zu Lasten des aus dem Ladeschein Berechtigten abweicht, nicht gegenüber einem im Ladeschein benannten Empfänger, an den der Ladeschein begeben wurde, sowie gegenüber einem Dritten, dem der Ladeschein übertragen wurde, berufen.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann die vom Frachtführer zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes auch durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf einen anderen als den in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehenen Betrag begrenzt werden, wenn dieser Betrag

1.zwischen 2 und 40 Rechnungseinheiten liegt und der Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen seinen Vertragspartner in geeigneter Weise darauf hinweist, dass diese einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Betrag vorsehen, oder
2.für den Verwender der vorformulierten Vertragsbedingungen ungünstiger ist als der in § 431 Absatz 1 und 2 vorgesehene Betrag.

Ferner kann abweichend von Absatz 1 durch vorformulierte Vertragsbedingungen die vom Absender nach § 414 zu leistende Entschädigung der Höhe nach beschränkt werden.

(3) Ist der Absender ein Verbraucher, so kann in keinem Fall zu seinem Nachteil von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Vorschriften abgewichen werden, es sei denn, der Frachtvertrag hat die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen zum Gegenstand.

(4) Unterliegt der Frachtvertrag ausländischem Recht, so sind die Absätze 1 bis 3 gleichwohl anzuwenden, wenn nach dem Vertrag sowohl der Ort der Übernahme als auch der Ort der Ablieferung des Gutes im Inland liegen.

Auszug aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 13/8445):

„Die in dem vorliegenden Entwurf vorgesehenen Haftungsregeln werden den Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs in vielen Fällen nicht gerecht: die Mehrzahl der zu befördernden Briefsendungen und ein Teil der briefähnlichen Sendungen (etwa Päckchen) wird ohne direkten Kundenkontakt über Briefkästen eingeliefert. Der Absender ist oft nicht bekannt. Güterwert und Haftungsrisiko sind bei diesen Produkten kaum abschätzbar. Hier muß es dem Beförderer möglich bleiben, die Haftung – und nicht bloß die Haftungshöhe – durch allgemeine Geschäftsbedingungen zu modifizieren.“

Die Fragestellung

Gilt die Haftungsprivilegierung nach § 449 HGB für „Briefe und briefähnliche Sendungen“ auch für Einschreiben?

„Nein“ muss die Antwort lauten, wenn man die Begründung zum Regierungsentwurf zum TRG (BT-Drucksache 13/8445, s.o.) liest. Denn der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung deutlich gemacht, dass entscheidendes Abgrenzungskriterium von Briefen und briefähnlichen Sendungen gegenüber sonstigem Transportgut der gänzlich fehlende Kundenkontakt (Anonymität) sein soll. Aus dieser Anonymität folge nämlich, dass für die Post Güterwert und Haftungsrisiko schlicht nicht abschätzbar seien.

Der vorgenannte gesetzgeberische Wille lässt m.E. nur den Schluss zu, dass es sich bei einem Einschreiben nicht um einen Brief oder eine briefähnliche Sendung i.S.d. § 449 HGB handelt (ebenso z.B: Koller, Kommentar zum Transportrecht, 5.A., § 449, Rn. 30; Grimme in Transportrecht 2004, 161).

Bedeutung kommt letzterem weniger deshalb zu, weil die Post anderenfalls über § 449 Abs. 2 HGB die Möglichkeit hätte, für Einschreiben ihr Haftung selbst für die Fälle eines qualifizierten Verschuldens über ihre AGB auszuschließen oder jedenfalls zu begrenzen. Denn die Post  hat – für manch einen sicherlich überraschend – in ihren AGB ausdrücklich die Haftung für qualifiziertes Verschulden übernommen.  So lautet Ziffer 6 Abs. 1 Allgemeinen Geschäftsbedingungen „Brief National“:

„Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen.“

Die vielmehr interessante Frage, die sich auch der BGH und das Amtsgericht Bonn in ihren nachfolgend erläuterten Entscheidungen zu stellen hatten, ist daher, ob die Post im Falle eines Einschreibens eine sog. Einlassungsobliegenheit treffen kann:
Im allgemeinen Frachtrecht ist anerkannt, dass in Fällen, in denen der zu vermutende Bereich des Schadenseintritts dem Einblick des Absenders entzogen ist, den Frachtführer eine prozessuale Aufklärungspflicht trifft; dies vor allem dann, wenn der Schadenshergang völlig im Dunkeln liegt (vgl. Koller, Transportrechtskommentar, 5. Auflage, § 435, Rn. 21).

Wird diese Einlassungsobliegenheit nicht erfüllt, wird zu Lasten des Frachtführers vermutet, dass ihn ein qualifiziertes Verschulden mit der Folge einer unbegrenzten Haftung trifft.

BGH-Urteil vom 14.06.2006 (Az. I ZR 136/03), NJW-RR 2007, 96-98

Der BGH hat eine solche Einlassungsobliegenheit, die unstreitig für gewöhnliche Briefsendungen nicht gelten kann, nunmehr ganz ausdrücklich auch für Einschreibebriefe verneint. Aufgegriffen hat er zur Begründung die gesetzgeberisch gewollte Privilegierung für die Beförderung von Briefen. Der BGH hat ausgeführt:

„Bei der Briefbeförderung steht die Übermittlung der in dem Brief enthaltenen individuellen Gedankenerklärung im Vordergrund. Beim Versand von Paketen geht es um die Beförderung der verpackten werthaltigen Gegenstände. Dem Versender eines Briefes erwächst aus dessen Verlust im Allgemeinen kein materieller Schaden (vgl. BGHZ 149, 337, 349). Dementsprechend besteht bei Briefsendungen für Dritte im Allgemeinen auch kein Anreiz, sich den Inhalt der Sendungen anzueignen, um sich zu bereichern.

Dass die Sorgfalts- und Organisationsanforderungen im Bereich der Versendung von Briefen und briefähnlichen Sendungen geringer sind als bei der Paketbeförderung, steht im Einklang mit der Systematik des Gesetzes, das in § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB für Briefe und briefähnliche Sendungen weitergehende Haftungsbeschränkungen als bei anderen Sendungen ermöglicht.“

Vorstehende Feststellung, die für gewöhnliche Briefe ohnehin als unstreitig bezeichnet werden kann, hat der BGH nun auf Einschreiben übertragen. Zur Begründung hat er ausgeführt:

„Der Einschreibebrief unterscheidet sich nur insoweit von einer gewöhnlichen Sendung, als die Einlieferung und der Zugang der Sendung dokumentiert werden. Auch er unterliegt den am wirtschaftlich Vertretbaren orientierten Regeln des massenhaften Brieftransports zu günstigen Preisen. Der Einschreibebrief ist nicht zum Versand von wertvollen Waren bestimmt. Auf einen Einschreibebrief treffen die Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs – schnelle und kostengünstige Übermittlung zu jedem Haushalt in Deutschland – ebenso zu wie auf gewöhnliche Briefe und briefähnliche Sendungen.“

Die Schwachstellen des BGH-Urteils

Die Argumentation des BGH überzeugt nicht.

Im Einklang mit dem gesetzgeberischen Willen steht zunächst die zutreffende Feststellung des BGH, dass Einschreiben begrifflich nicht „Briefe oder briefähnliche Sendungen“ darstellen. Seine Begründung, warum sie solchen gleichzustellen seien, verfängt jedoch nicht.

Der BGH ignoriert, dass der Gesetzgeber die Haftungs-Privilegierung von Briefen ganz entscheidend auch auf die Anonymität des Briefversands (vgl. oben die Gesetzesbegründung, II. 2.) gestützt hat. Diese Anonymität fehlt bei Einschreiben jedoch.

Ferner überzeugt auch sein Argument nicht, dass „die Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs – schnelle und kostengünstige Übermittlung zu jedem Haushalt in Deutschland-“ bei Einschreiben genauso zuträfen wie bei gewöhnlichen Briefen.

Zunächst gilt, dass Einschreiben nur einen Bruchteil des Briefpostvolumens der Post ausmachen. Das Entgelt, das die Post für Einschreiben einfordert, macht zudem oft ein Vielfaches des Portos eines Normalbriefes aus. Vor diesem Hintergrund können Einschreiben nicht als Teil des „Massengeschäftes“ angesehen werden, dessen Bewältigung – angeblich – nur unter gänzlichem Verzicht von Schnittstellenkontrollen möglich sei.

Im Übrigen sieht die wirtschaftliche Realität so aus, dass „die Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs“ bei Massenpaketdiensten (DHL, UPS etc.) heute ebenso zutreffen. Nicht selten liegen die Pakettarife der Massenpaketdienstleister kaum über den Tarifen der Post für eingeschriebene Großbriefe. Trotzdem müssen auch die Massenpaketdienstleister mit ihrer Haftung leben; insbesondere bei Verlusten in der Lage sein, sich zu den Verlustumständen einzulassen, wenn sie einer Haftung entgehen wollen.

Schließlich verschließt der BGH die Augen vor der wirtschaftlichen Realität, wenn er ausführt: „Der Einschreibebrief ist nicht zum Versand von wertvollen Waren bestimmt.“

Es ist bereits bei normaler Briefpost äußerst fraglich, ob davon ausgegangen werden kann, dass der Absender in aller Regel kein Wertinteresse hat mit der Folge, dass er im Verlustfalle auch kein Interesse an der Wiedererlangung seiner Sendung haben wird. Vor allem bei „Maxibriefen“ wird eher das Gegenteil die Regel sein. Kaum ein Maxibrief wird nämlich lediglich „Gedankenerklärungen“ enthalten. Außerdem ist auch zu bedenken, dass heutzutage reine Gedankenerklärungen zunehmend auf elektronischem Wege (vor allem per Email) ihre Empfänger erreichen, so dass auch bei normalen Briefen (bis 20 g) fraglich sein dürfte, ob sie immer lediglich Gedankenerklärungen enthalten.

Jedenfalls aber im Falle eines Einschreibens kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Empfänger kein Wertinteresse an der per Einschreiben übergebenen Sendung hat. Der Fall, dass es dem Absender bei einem Einschreiben lediglich auf eine Empfangsbestätigung ankommt, dürfte nämlich allenfalls einen Bruchteil aller Einschreiben ausmachen. Viel häufiger hingegen dürfte der Fall sein, dass ein Einschreiben als „kleines Paket“, also zum Versand kleiner Warensendungen genutzt wird.

Contra BGH:      Urteil des Amtsgericht Bonn vom 29.03.2006 (Az. 9 C 549/05), n.v.)

Das Amtsgericht Bonn hat – mit Blick auf Vorstehendes ganz zu Recht – für ein in Verlust geratenes Einschreiben – genauer: dessen Inhalt – eine Einlassungsobliegenheit angenommen. Da sich die Post nicht zu entlasten vermochte, haftete sie unbeschränkt. Die Post hat bedauerlicherweise zu verhindert gewusst, dass das Amtsgericht sein Urteil mit Entscheidungsgründen versieht, indem sie den in Streit stehenden Anspruch noch rechtzeitig anerkannt hatte. Dies ist für den Verfasser, der an dem Verfahren auf Seiten des Anspruchstellers beteiligt war, jedoch kein Hindernis, die zutreffenden Beweggründe des Amtsgericht im Folgenden darzustellen:

Der Sachverhalt der Entscheidung stellt sich in Kürze wie folgt dar:

Der Post wurde ein Autoschlüssel mittels Einschreiben zur Beförderung übergeben, das beim Empfänger jedoch nie ankam. Eine Schadensanzeige führte dazu, dass die Post den leeren, aufgerissenen Umschlag des Einschreibens an den Absender zurückgab, im übrigen aber jede Haftung über EUR 20,– hinaus mit der Begründung ablehnte, eine höhere Haftung sei gemäß ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften des Handelsgesetzbuch stünden, nicht vorgesehen.

Die Post hat sich im Prozess nicht dazu eingelassen bzw. nicht dazu einlassen können, wie es dazu kommen konnte, dass der Inhalt der Sendung verloren ging. Infolgedessen hat das Amtsgericht entscheiden müssen, ob es die streitgegenständliche Sendung dem Haftungsprivileg des § 449 HGB unterwirft oder nicht.

Im Einklang mit der vom BGH vertretenen Auffassung war das Hauptargument der Post gegen eine Einlassungspflicht wie folgt:
Bei der Briefbeförderung handele es sich um ein Massengeschäft, dessen gesetzliche Anforderungen nach der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV), insbesondere an die Beförderungsdauer, die Post gar nicht erfüllen könne, wenn sie verpflichtet wäre, Schnittstellenkontrollen durchzuführen. Wenn nun aber die Post nicht gehalten sei, Schnittstellenkontrollen durchzuführen, könne von ihr zwangsläufig auch nicht abverlangt werden, im Verlustfalle die Umstände des Verlustes darzulegen.

Das Amtsgericht Bonn hat sich erfreulicherweise gegen die mächtige postfreundliche Rechtsprechung des BGH, der sich den erläuterten Argumenten (vgl. oben V.) zugunsten der Post verschlossen hat, gestemmt, und im oben beschriebenen Fall von der Post verlangt, die Umstände des Verlustes darzulegen:
Der Umschlag des Einschreiben war in einem Umschlagzentrum in aufgerissener Form aufgefunden worden. Das Amtsgericht hat nun zu Recht gefordert, dass sich die Post dazu erklären muss und hat der Post damit die beschriebene Einlassungsobliegenheit aufgebürdet. Die Post kam dem nicht nach. Die Konsequenz erahnend, hat die Post daraufhin den Anspruch anerkannt.

Fazit

Der Post steht es frei, in ihren Beförderungsbedingungen für Einschreiben ausdrücklich einen Beförderungsausschluss für Warensendungen zu vereinbaren. Solange die Post dies aber nicht getan hat, überzeugt die Argumentation des BGH mit Blick auf die wirtschaftliche Realität nicht. Die BGH-Rechtsprechung kann sich dem Eindruck nicht entziehen, hier den Belangen der Post als ehemaliges Staatsunternehmen allzu zugeneigt gewesen zu sein. Die erstinstanzlichen Gerichte (wie das Amtsgericht Bonn) scheinen demgegenüber ungefangener zu agieren.

Festzuhalten bleibt, dass es heutzutage kaum noch zu rechtfertigen ist, Einschreiben und gewöhnliche Briefsendungen haftungsrechtlich gleich zu behandeln. Insbesondere verfängt es nicht, auf die Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs abzustellen. Letztere gelten heute längst auch bei Massenpakettransporten, die zu großbriefähnlichen Konditionen in Tagesfrist abgewickelt werden und dennoch keiner Haftungsprivilegierung unterliegen.

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Der Handlingagent in der Transportkette

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Der Handlingagent in der Transportkette

Eine immer wieder äußerst praxis-relevante Frage der Transportrechtspraxis ist die rechtliche Position sog. Handlingagenten. Diese lässt sich – wie sogleich aufgezeigt werden wird – in das klassische System der Beteiligten einer Transportkette schwer einordnen.

Was tun Handlingagenten?

Handling-Agenten kümmern sich – vereinfacht ausgedrückt – an Frachtumschlagplätzen umfassend darum, dass die Frachtgüter von Frachtführer A zum Frachtführer B gelangen.

Ihr Geschäft ist es, z.B. an Flughäfen Luftfrachtsendungen, die an Flughäfen eintreffen oder von dort verschickt werden, in Empfang zu nehmen, zu verwahren und abzuwickeln. Der Handlingagent holt die Ware unmittelbar an dem eintreffenden Flugzeug ab, nimmt diese in sein Lager und gibt diese schließlich an den jeweiligen Empfänger oder Spediteur heraus. Welche Dienste der Handlingagent dabei im Einzelnen anbietet, hängt von der Art der Sendung ab.

Üblicherweise ist es so, dass ein Absender einen Luftfrachtführer, in der Regel eine Airline, beauftragt, einen Lufttransport durchzuführen. Häufig agieren auch Speditionen, die die Gesamtdurchführung eines Transportes übernommen haben, als Absender im transportrechtlichen Sinn. Die Airline ist zur tatsächlichen Durchführung des Lufttransportes darauf angewiesen, dass die jeweilige Sendung an dem Startflughafen in Empfang genommen, in das jeweilige Flugzeug geladen und am Zielflughafen abgeladen und schließlich an den jeweiligen Empfänger herausgegeben wird. Diese Dienste erledigen die Airlines nicht selbst, sondern bedienen sich hierbei der Dienste der Klägerin.

Gerade mit Blick auf das Beispiel Flughafen ist nachvollziehbar, warum es solcher Handlingagent bedarf. Insbesondere Flughäfen unterliegen besonderer Kontroll bzw. Sicherheitsbestimmungen. Landet ein Frachtflugzeug, so kann nicht einfach der weiterbefördernde Frachtführer mit seinem LKW an das Flugzeug heranfahren, um die Ware aufzunehmen. Gleiches gilt umgekehrt, wenn ein Frachtführer Güter zum Weitertransport per Flugzeug anliefert. An dieser Stelle kommen die Handlingagenten mit ihrer Kerntätigkeit ins Spiel, die typischerweise darin besteht als Beauftragter (Erfüllungsgehilfe) der Luftfrachtgesellschaften dafür zu sorgen, dass die Frachtgüter bestimmungsgemäß in die jeweilige Richtung weitertransportiert werden, was regelmäßig auch eine Zwischenlagerung einschließt.

Einordnung des Handlingagenten in den Beförderungsvorgang

Betrachtet man die vorbeschriebene Tätigkeit, stellt sich die Frage, wie die Position des Handlingagenten in der Transportkette einzuordnen ist. Einzig klar ist, dass er regelmäßig vertraglich mit den Fracht-Airlines verbunden ist und insofern natürlich Ansprüche unterschiedlicher Art zwischen Handlingagent und Airline in Betracht kommen.

Wie steht es aber um das  Rechtsverhältnis des Handlingagenten mit den übrigen Beteiligten der Transportkette, mit denen vertragliche Beziehung regelmäßig nicht bestehen:

Bei einem Frachtvertrag im Sinne des § 407 HGB beauftragt der Absender einer Ware eine Spedition oder ein Transportunternehmen als Frachtführer mit der Vornahme einer Beförderung. Der Absender und der Frachtführer sind die Parteien des Frachtvertrages. Ziel des Frachtvertrages ist die Ablieferung bei dem Empfänger. Der Handlingagent hat selbst keinen Vertrag mit dem Absender, Empfänger oder Frachtführer. Vielmehr wird der Handlingagent von Fracht-Airlines bezahlt, die den Lufttransport der Ware für den Absender erbringt und hierbei auf die Dienste des Handlingagenten angewiesen ist.

Fakt ist nach allem: Der Handlingagent ist transportrechtlich nicht als Frachtführer – auch nicht als Unter-Frachtführer oder ausführender Frachtführer – anzusehen, da keinerlei vertragliche Beziehung zum Absender besteht.

Ansprüche gegen den Handlingagenten?

An einem Beispielfall seien denkbare Ansprüche eines anliefernden Frachtführers gegenüber dem Handlingagenten erläutert:

Ein Mitarbeiter des Handlingagenten nimmt Frachtgut eines anliefernden Frachtführers für den Weitertransport durch der Auftraggeber des Handlingagenten (= Luftfrachtführer) entgegen und übernimmt für dem Fahrer des Frachtführers „freundlicherweise“ das Labeling der Sendung, bei dem ihm ein Fehler unterläuft, was zur Fehlleitung des Gutes führt.

Schon stellt sich die Frage, ob der Handlingagent gegenüber dem anlieferenden Frachtführer einer Haftung unterliegt? Im Ergebnis lautet die Antwort: Nein. Denn es fehlt an einer Anspruchsgrundlage:

Für einen etwaigen Anspruch auf Schadensersatz gemäß den  §§ 311 1, II Nr. 3, 280 1, 241 II, 278 BGB fehlt es an dem Tatbestandsmerkmal eines ähnlichen geschäftlichen Kontaktes. Davon werden nämlich seitens der Rechtsprechung nur Sonderverbindungen erfasst, die gemäß § 242 BGB Schutz- und Treuepflichten begründen. Anerkannt wurden dabei sehr spezielle Fälle wie Verkauf einer gemeinsamen Sache (BGH NJW 1980, 2464), nichtige Verträge (BGH NJW 2005, 3208, 3209), Leistungserbringung durch einen Monopolverband (BGH NZG 2015, 1282). Das bloße Übergeben von Ware an das nächste Unternehmen der Transportkette begründet jedoch keinen solchen ähnlichen geschäftlichen Kontakt, dem der Gesetzgeber bei Schaffung der Norm vorschwebte. Würde man dieser Fallgruppe erfassen, würde der Anwendungsbereich der Norm, der nur Ausnahmecharakter hat und spezielle Konstellationen, bei denen eine quasi-vertragliche Schadensersatzhaftung ohne Vertrag greifen soll, zu weit ausgedehnt.

Denkbare Ansprüche aus den §§ 426 1, II BGB würden voraussetzen, dass Handlingagent und der jeweils beteiligte Frachtführer zusammen von einem gemeinsamen Auftraggeber in Anspruch genommen werden.

Ein Anspruch aus den §§ 677, 670, 683 S. 1 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Es liegt bereits kein fremdes oder auch-fremdes Geschäft vor. Der Handlingagent agiert im Zweifel allein im Interesse seines Auftraggebers.

Auch ein Anspruch aus § 831 BGB ist fernliegend, da der objektive Tatbestand einer unerlaubten Handlung kaum vorliegen dürfte.

Schließlich scheidet auch ein Anspruch aus § 437 HGB aus. Es ist schon nicht ersichtlich, inwiefern ein Handling-Agent ausführender Frachtführer im Sinne dieser Vorschrift sein könnte. Selbst wenn der Handlingagent für einen beteiligten Frachtführer dessen Aufgabe des Labelns vornimmt, hat diese Verpflichtung nichts mit einer Ortsveränderung des Frachtguts zu tun, sondern dient der Kennzeichnung bzw. Etikettierung der Ware.

Ansprüche des Handlingagenten?

Wiederum soll dies anhand eines Beispiels erläutert werden:

Handlingagent benachrichtigt den frachtvertragsgemäß für den Weitertransport ab Flughafen beauftragten Frachtführer über die Ankunft des Gutes. Frachtführer holt das Gut erst zwei Wochen später ab und hat damit rein tatsächlich Lageleistungen des Handlingagenten beansprucht.

In Betracht kommt hier zunächst ein vertraglicher Anspruch. Handlingagenten haben regelmäßig Preislisten über die von ihnen angebotenen Leistungen, die sie Spediteuren, mit denen ein regelmäßiger Kontakt besteht, auch zur Verfügung stellen.

Wenn ein vertraglicher Anspruch im Einzelfall ausscheidet, wird man einen gesetzlichen Anspruch auf Lagergeld gemäß § 354 Abs. 1 HGB annehmen müssen: Bei beiden Seiten handelt es sich  um Kaufleute, wobei der Handlingagent in Ausübung seines Handelsgewerbes für den Frachtführer tätig wurde, § 354 Abs. 1 HGB. Durch das grundsätzlich beim Frachtführer bestehende bzw. zu unterstellende Interesse, dass sich jemand der Ware ihres Kunden annimmt, ist der Handlingagent wohl auch im Wege der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag zur Leistung i.S.d. Vorschrift berechtigt.

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Fazit: Handlingagent ist Exot der Transportkette

Der Handlingagent ist Exot in der Transportkette. Ansprüche für/gegen Handlingagenten lassen sich in der Regel nicht über die klassischen gesetzlichen transportrechtlichen Anspruchsgrundlagen lösen.

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