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Ratgeber GmbH-Recht: Zu den Pflichten und Haftungsrisiken des Geschäftsführers einer GmbH

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Ratgeber GmbH-Recht: Geschäftsführertätigkeit in der GmbH – Zu den Pflichten und Haftungsrisiken des Geschäftsführers einer GmbH

Aus der jahrelangen Beratung mittelständischer Unternehmen ist beim Autor dieses Beitrags die Erkenntnis gewachsen, dass deren Geschäftsführer meist juristisch unerfahren und sich der mit ihrer Tätigkeit einhergehenden Pflichten und somit Haftungsrisiken, wenn diese nicht beachtet werden, nicht hinreichend bewusst sind.

A. Einführung

Die zentrale Gesetzesnorm, die Aufschluss  über die Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH gibt, ist § 43 Aba. 1 GmbHG:

„Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.“

Demnach haben die Geschäftsführer „in den Angelegenheiten der Gesellschaft“ mit der Sorgfalt  eines ordentlichen Kaufmanns zu agieren.

Grundsätzlich haftet den Gesellschaftsgläubigern für jedes vertragliche und außervertragliche

Verschulden ihrer Geschäftsführer (§§ 31, 278 BGB) nur die GmbH. Der Geschäftsführer muss regelmäßig die Verletzung ihm obliegender Pflichten auch lediglich der Gesellschaft gegenüber

verantworten. Gegenüber der GmbH machen sie sich schadensersatzpflichtig, wenn der Gesellschaft wegen einer sorgfaltswidrigen Pflichterfüllung ein Schaden entsteht. Dies regelt § 43 Abs. 2 GmbHG. Im Falle eines Vorsatzes kommt gar eine Strafbarkeit z.B. wegen Untreue (§ 266 StGB) in Betracht.

Im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten, haftet zwar grundsätzlich nur die GmbH, die sich wie dargestellt bei ihren Geschäftsführern schadlos halten kann. Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine Außenhaftung der Geschäftsführer ausgeschlossen ist.

Neben der Eigenhaftung im Bereich des Steuer– und Sozialrechts  kommt eine Haftung des Geschäftsführers aus eigenen vertraglichen Verpflichtungen, aus veranlasstem Rechtsschein, wegen eines (Eigen-)Verschuldens bei Vertragsschluss sowie aus unerlaubter Handlung in Betracht.

Aus vorgenannten Gründen ist jedem Geschäftsführer einer GmbH dringend zu empfehlen, die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsführertätigkeit sowie die drohenden Konsequenzen im Innen- wie auch im Außenverhältnis möglichst genau zu kennen. Hierüber soll der nachfolgende Beitrag informieren.

B. Die Pflichten des Geschäftsführers

Voraussetzung für jedwede Haftung ist eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers.

Die Pflichten des Geschäftsführers ergeben sich aus dem Gesetz, dem Gesellschaftsvertrag sowie auch – sofern gegeben – aus seinem Anstellungsvertrag. Aus der Geschäftsordnung folgen im Falle mehrerer Geschäftsführer oft bindende, haftungsrelevante Zuständigkeitsverteilungen.

Nachfolgend sollen in erster Linie die aus dem Gesetz resultierenden Pflichten dargestellt werden.

I. Ausgangspunkt: Business Judgement Rule

Übergeordnet ist zunächst von erheblicher Bedeutung, dass dem Geschäftsführer bei der Führung der Geschäfte der GmbH ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt wird.

Eine etwaige Schadensersatzpflicht kommt überhaupt erst dann in Betracht, wenn die Grenzen
dieses ihm eingeräumten Handlungsspielraums überschritten sind.

Als Faustformel gilt, dass eine rechtmäßige Ermessensentscheidung vorliegt, soweit der betroffene Geschäftsführer „bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln“ (sogenannte business judgement rule). Dann ist eine Haftung wegen einer Pflichtverletzung grundsätzlich ausgeschlossen.

Hintergrund dieses weiten Handlungsspielraums ist, dass ein Handeln im Unternehmensinteresse notwendigerweise auch das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken beinhalten kann. Die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen ist dem immanent.

Kurz: Unternehmerisches Handeln ist stets mit Risiken verbunden. Erst ein als gänzlich verantwortungslos einzustufendes Handeln sprengt diesen Handlungsspielraum.

II. Pflicht zur sorgfältigen, ordnungsgemäßen Unternehmgensleitung

Aufgabe der Geschäftsführer ist es, die Gesellschaft zu leiten. Die Geschäftsführer haben dabei die Pflicht dafür zu sorgen, dass sich die Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten rechtmäßig verhält. Dazu im Einzelnen:

1. Förderung des Gesellschaftszwecks

Die Geschäftsführung hat den satzungsmäßigen Gesellschaftszweck aktiv zu verfolgen.

Die Geschäftsführung hat demgemäß insbesondere das Tagesgeschäft zu leiten, die langfristige Unternehmenspolitik zu entwickeln und ggf. die von den Gesellschaftern beschlossene Unternehmenspolitik umzusetzen.

Maßstab für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Leitungspflichten ist dabei nach
§ 43 Abs. 1 GmbHG die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“. Konkretisiert wird dies durch die Pflicht, die Entscheidungsgrundlagen sorgfältig zu ermitteln, sich ausschließlich am Unternehmenswohl zu orientieren und das Risiko nicht zu überspannen (business judgement rule!).

Wenn Vorstehendes vom Geschäftsführer beachtet wird, ist auch das Eingehen eines Risikos, das sich später verwirklicht, oder eine sonstige unternehmerische Fehlentscheidung nicht pflichtwidrig und löst deshalb auch keine Haftung aus.

2. Bindung an das Gesetz (sog. Legalitätspflicht)

Bei der Erfüllung gesetzlicher Pflichten führt ein Verstoß fast zwangsläufig zu einem Pflichtverstoß auch im Innenverhältnis. Gesetzliche Pflichten sind daher unbedingt zu beachten. Die Geschäftsführer können nicht davon ausgehen, dass die Gesellschafter diese Pflichten nicht erfüllen wollen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Pflichten aufgrund öffentlichen Rechts (z.B. Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht) oder aufgrund des Privatrechts bestehen (z. B. die Verkehrssicherungspflicht).

3. Keine zwingende Bindung an Verträge

Bei der Erfüllung privatrechtlicher Pflichten aus Verträgen sieht dies jedoch anders aus.

Es kann unternehmerisch durchaus Sinn machen, solche Pflichten nicht zu erfüllen
und stattdessen Schadensersatzansprüche abzuwarten und ggf. zu erfüllen
( sog. „nützliche“ Pflichtverletzung).

Sofern der Geschäftsführer nach pflichtgemäßer Abwägung zu diesem Ergebnis kommt, liegt ein Pflichtverstoß seinerseits im Verhältnis zur Gesellschaft in diesem Fall nicht vor.

III. Treuepflicht

Der Geschäftsführer hat gegenüber der Gesellschaft eine besondere organschaftliche Treuepflicht, aufgrund derer er in sämtlichen, das Interesse der Gesellschaft berührenden Angelegenheiten allein deren Wohl und nicht seinen eigenen Vorteil oder den Vorteil Dritter zu verfolgen hat.

Bedeutsam ist die Treuepflicht als besondere Pflicht gegenüber der allgemeinen Unternehmensleitungspflicht deshalb, weil bei Erfüllung der Treuepflicht kein unternehmerischer Handlungsspielraum besteht. Ausfluss dieser Treupflicht ist insbesondere auch die oben erwähnte Pflicht zu gesetzestreuem Verhalten.

Aus der Treuepflicht folgt unter anderem:

  • Jeder Geschäftsführer muss seine Arbeitskraft voll der Gesellschaft zur Verfügung stellen, auch Überstunden können geschuldet sein.
  • Ein Geschäftsführer darf sein Amt nicht ohne Rücksicht auf die GmbH niederlegen (keine „Amtsniederlegung zur Unzeit“).
  • Jeder Geschäftsführer unterliegt einem umfassenden Wettbewerbsverbot.
  • Wichtig: Der Geschäftsführer darf seine Stellung nicht zum eigenen Vorteil ausnutzen. Insbesondere darf er Geschäftschancen der GmbH nicht für sich nutzen oder sich auf irgendeine Weise zu Lasten der GmbH bereichern.
  • Jeden Geschäftsführer trifft eine umfassende Verschwiegenheitspflicht.

IV. Haftungsbefreiungen und -erleichterungen

Gewissermaßen eine Haftungsbefreiung stellt es dar, wenn der Geschäftsführer eine Pflicht ohne Verschulden verletzt hat. Denn ohne Verschulden gibt es in aller Regel keine Haftung.

Liegt eine Pflichtverletzung vor, wird das Verschulden des Geschäftsführers vermutet. Er müsste also beweisen, dass er mangels Verschulden im Einzelall nicht haftet.

In Betracht kommt z.B., dass sich der Geschäftsführer entlastend darauf beruft, dass er nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass er eine Pflicht verletzt. Dies wäre im Einzelfall zu prüfen und zu würdigen.

Im Übrigen kommen folgende den einzelnen Geschäftsführer möglicherweise entlastende Fälle in Betracht:

1. Geschäftsverteilung bei mehreren Geschäftsführern

Mehrere Geschäftsführer sind, sofern der Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschlüsse
nichts anderes ergeben, gemeinsam berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft zu leiten.

Eine etwaige Abgrenzung der Aufgaben kann sich aus entsprechenden Gesellschafterbeschlüssen ergeben. Fehlen solche, können die Geschäftsführer selbst Aufgabenbereiche untereinander verteilen und abgrenzen. Dies erfordert, dass diese Aufteilung nach außen sichtbar, möglichst schriftlich, vorgenommen wird. Hinzu kommen muss, dass die fragliche Aufteilung qualifikationsgerecht erfolgt ist. Ferner ist zu beachten, dass nicht jede Aufgabe der Geschäftsführung zuweisbar ist.

Folge einer wirksam vorgenommenen Aufteilung ist, dass den einzelnen Geschäftsführer bezüglich seiner Mitgeschäftsführer nur noch Überwachungspflichten treffen. Für die einzelnen, vom Mitgeschäftsführer getroffenen Entscheidungen ist er grundsätzlich nicht mehr verantwortlich.

2. Pflichtendelegation

Grundsätzlich darf der GmbH-Geschäftsführer ihn obliegende Aufgaben unbeschränkt delegieren. Dabei versteht sich von selbst, dass eine solche zulässige Pflichtendelegation nicht automatisch zu einer Enthaftung führt. Vielmehr trifft den Geschäftsführer als Folge der Delegation eine umfassende Kontroll- und Überwachungspflicht. Lesen hierzu meinen gesonderten Beitrag.

3. Weisungen der Gesellschafter

Die Gesellschafter der GmbH können den Geschäftsführern jederzeit Weisungen erteilen. Weisungsberechtigt ist im Normalfall die Gesellschafterversammlung, nicht aber der einzelne
Gesellschafter.

Aus dem Weisungsrecht der Gesellschafter folgt die Pflicht der Geschäftsführer, sich an Weisungen zu halten. Geschieht dies nicht, ist dies ein Pflichtverstoß und kann zur
Haftung des Geschäftsführers führen. Umgekehrt sind die Geschäftsführer von jeder Haftung frei, wenn sie aufgrund einer zulässigen Weisung der Gesellschafterversammlung handeln.

Durch den Gesellschafterbeschluss wird also die Verantwortung für die betroffene Handlung von der Geschäftsführung auf die Gesellschafter verlagert. Dies gilt sogar grundsätzlich auch dann, wenn hierdurch die Gesellschaft bewusst geschädigt wird!

Grenzen findet diese Verlagerung der Verantwortung dort, wo das Gesetz den Gesellschaftern Grenzen setzt und dem entsprechenden Gesellschafterbeschluss die Wirksamkeit verweigert, diesen also für nichtig erklärt. Dies sind die Fälle des § 241 AktG, die auch auf die GmbH entsprechend anzuwenden sind.

4. Schließlich: Haftungserleichterungen im Anstellungsvertrag

Nach überwiegender Auffassung lässt sich die Haftung des Geschäftsführers über seinen Anstellungsvertrag begrenzen. Gründe des Gläubigerschutzes lassen dies allerdings fragwürdig erscheinen. Denn die Gläubiger der GmbH sind darauf angewiesen, dass die GmbH mit der notwendigen Sorgfalt geführt wird. Das Gesetz lässt aber letztlich eine Beschränkung zu. Anerkanntermaßen zulässig sind insbesondere folgende Haftungsbegrenzungen:

  • Haftungsausschluss für fahrlässige Pflichtverletzungen,
  • Begrenzung der Haftung auf einen Höchstbetrag,
  • Verkürzung der Verjährung.

C. Die Fälle einer Innenhaftung des Geschäftsführers

Die Standardhaftungsnorm bildet § 43 Abs. 2 GmbhG, die dann greift, wenn

• ein Geschäftsführer eine ihn treffende Pflicht verletzt hat (s.o.),
• ihn ein Verschulden trifft,
• auch sonst keine Haftungsbefreiung greift, sowie
• der Gesellschaft daraus ein Schaden erwachsen ist.

Darüber hinaus existieren die folgenden, spezielleren Haftungstatbestände:

I. Verschärfte Schadensersatzhaftung in Fällen des § 43 Abs. 3 GmbhG

§ 43 Abs. 3 GmbHG sieht für zwei bestimmte Sachverhalte eine verschärfte und unabdingbare Haftung der Geschäftsführer vor.

Diese Sachverhalte betreffen das Kapitalerhaltungsgebot und dienen dem Gläubigerschutz. Die verschärfte Haftung tritt ein, wenn entgegen

  • § 30 GmbHG Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft vorgenommen werden, § 43 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 GmbHG, oder
  • den Bestimmungen des § 33 GmbHG eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben werden, § 43 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 GmbH.

Der Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn eigenkapitalersetzende Darlehen i. S. d. § 30 GmbHG an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Dies ergibt sich unmittelbar daraus, dass diese dem Stammkapital gleichgestellt sind und daher ebenso wenig wie dieses zurückgezahlt werden dürfen. Anders sieht dies jedoch bei eigenkapitalersetzenden Darlehen nach §§ 32a, b GmbHG aus. Hier ist die Rückzahlung zulässig, jedoch besteht ggf. ein Erstattungsanspruch der Gesellschaft. Dementsprechend handeln die Geschäftsführer bei einer Rückzahlung nicht pflichtwidrig nach § 43 Abs. 3 GmbHG. Ob die Rückzahlung in der konkreten Situation dennoch pflichtwidrig ist, ist hiervon unabhängig zu beurteilen. Jedenfalls ist sie nach entsprechender Weisung der Gesellschafterversammlung zulässig.

Die Haftung der Geschäftsführer ist in den genannten Fällen zwingend, wobei wie auch sonst ein Verschulden des Geschäftsführers Voraussetzung seiner Haftung ist. Gegebenenfalls scheiden auch Haftungserleichterungen, also die Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz oder eine betragsmäßige Beschränkung, aus. Ein Handeln auf Weisung der Gesellschafterversammlung entlastet den Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 S. 3 GmbHG nur dann, solange der Anspruch nicht zur Befriedigung der Gläubiger geltend gemacht wird.

II. Ersatzpflichten bei Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht, § 15a Abs. 1 InsO

Die früher in § 64 GmbHG a.F. geregelte Insolvenzantragspflicht des GmbH-Geschäftführers ist heute für alle juristischen Personen zentral in § 15a InsO geregelt.

Jeder Geschäftsführer ist bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes – Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen und so die Gesellschaft in ein Verfahren zu bringen, in dem die Forderungen der Gläubiger so weit wie möglich befriedigt werden.

Nach § 15b Abs. 1 InsO dürfen Geschäftsführer nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder deren Überschuldung keine Zahlungen mehr für diese vornehmen. Untersagt sind somit grundsätzlich Zahlungen ab Eintritt der Insolvenzantragspflicht. Denn der Geschäftsführer darf nicht einzelne Gläubiger durch Leistungen bevorzugen, die die verfügbaren Mittel zu Lasten der Gesamtheit der Gläubiger schmälern.

Eine Ausnahme gilt für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, § 15b Abs. 1 S.2 InsO. In diesen Fällen fehlt es gegebenenfalls von vornherein an einer Pflichtwidrigkeit der Zahlung. Beurteilungsmaßstab der zu beachtenden Sorgfaltspflicht ist dabei das objektive Gläubigerinteresse.

Die Frage, wann eine Zahlung als „mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar“ gilt, wird – als Novum zu früheren Rechtslage – in § 15b Abs. 2 und Abs. 3 InsO konkretisiert:

Nach § 15b Abs. 2 gelten Zahlungen, die „im ordnungsgemäßen Geschäftsgang“ erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die „zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich“ sind, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar.

Gemäß § 15b Abs. 2 S. 2 InsO sind die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang getätigten Zahlungen im Sinne des § 15b Abs. 2 S. 1 InsO allerdings nur privilegiert, solange die Geschäftsführer– was sie darzulegen und zu beweisen haben – „Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreiben“.

§ 15b Abs. 3 InsO sieht vor, dass Zahlungen nach verstrichener Insolvenzantragsfrist des § 15a Abs. 1 InsO nicht mit der Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Dies bedeutet, dass der Geschäftsleiter, der den Insolvenzantrag verspätet stellt und während der Verschleppungszeit masseschmälernde Zahlungen vorgenommen hat, regelmäßig nach § 15b Abs. 1 InsO haftet.

Folge einer verbotenen Zahlung ist dann eine entsprechende Erstattungspflicht des Geschäftsführers; § 15b Abs. 4 S.1 InsO.

D. Die Außenhaftung des Geschäftsführers

Eine Haftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten (Außenhaftung) ist die Ausnahme, weil der Gesetzgeber in § 43 Abs. 2 GmbHG eine grundsätzliche Entscheidung hin zu einer Innenhaftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft getroffen hat.

Folgende Fälle einer dennoch gegebenen Außenhaftung sind bedeutsam:

I. Zivilrechtliche Außenhaftung

Ein Außenhaftung des Geschäftsführers kann sich aus dem Zivilrecht wie folgt ergeben:

1. Vertragsähnliche Haftung wegen sog. culpa in contrahendo (c.i.c.), §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 BGB

Eine Außenhaftung des Geschäftsführers kann sich auf vertraglicher Ebene aus § 311 Abs. 3 BGB ergeben.

Danach können rechtsgeschäftliche Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch für einen Dritten bestehen, der „in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst“.

Eine Haftung wird in folgenden Fällen diskutiert:

  • Wirtschaftliches Eigeninteresse

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten kommt zunächst dann in Betracht, wenn er eine so enge (wirtschaftliche) Beziehung zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen hat, dass er letztlich als Vertreter in eigener Sache tätig wird.

Der Geschäftsführer haftet dann unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 BGB wegen unmittelbaren wirtschaftlichen Eigeninteresses. Die anzulegenden Maßstäbe für dieses Eigeninteresse sind streng. Nicht ausreichen soll es zum Beispiel, dass der verhandelnde Geschäftsführer gleichzeitig Allein- oder Mehrheitsgesellschafter der GmbH ist, oder er durch den Abschluss des Vertrages einen Provisionsanspruch erwirbt. Bejaht hat der BGH die Haftung für den Fall, dass die Tätigkeit des Geschäftsführers auf die Beseitigung von Schäden abzielt, für die er andernfalls von der Gesellschaft selbst haftbar gemacht werden könnte oder in Fällen, in denen der Geschäftsführer von Anfang an die vertragliche Leistung nicht an die Gesellschaft weiterleiten sondern von ihm selbst bestimmten Zwecken zuführen wollte.

  • Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens

Eine weitere Fallgruppe bildet die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens durch den Geschäftsführer. Dies meint Fälle, in denen er zusätzliches besonders auf sich bezogenes und über die normale Verhandlungsloyalität hinausgehendes Vertrauen bezüglich der Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen hervorruft und der Willensentschluss des anderen Teils darauf beruht. Gefordert wird, dass der Geschäftsführer eine garantieähnliche Erklärung gegenüber dem Vertragspartner abgegeben hat.

2. Haftung aus unerlaubten Handlungen, § 823 Abs.1 und Abs. 2 BGB

Eine Haftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten kann sich auch aus dem Deliktsrecht ergeben.

Voraussetzung ist, dass der Geschäftsführer im unmittelbaren Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Geschäftsführer einen Dritten schädigt und dabei entweder ein Schutzgut i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB oder ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB schuldhaft verletzt.

Die Gesellschaft selbst haftet gegebenenfalls neben dem Geschäftsführer gesamtschuldnerisch.

Zu unterscheiden ist zwischen aktivem Tun und Unterlassen:

Haftung wegen aktivem Tun

Verletzt eine eigene Handlung des Geschäftsführers ein in § 823 Abs. 1 BGB genanntes Rechtsgut wie insbesondere Leib, Leben oder das Eigentum eines Dritten, haftet er neben der Gesellschaft persönlich. Dies ist weitestgehend unumstritten.

Die Begehungshaftung gem. § 823 Abs. 2 BGB erweitert die auf nur wenige benannte Rechtsgüter beschränkte Außenhaftung nach § 823 Abs. 1 BGB um eine zusätzliche
Schutzgesetzhaftung.

Während § 34 GmbHG kein Schutzgesetz ist, kommen als Schutzgesetze, deren Verletzung durch den Geschäftsführer eine Haftung auslösen kann, z.B. in Betracht: § 35a GmbHG, § 58 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 82 GmbHG, § 85 GmbHG, sowie § 15a Abs. 1 InsO.

Diverse weitere Schutzgesetze finden sich im Strafrecht, so z.B. § 266 StGB (Untreue), § 263 StGB (Betrug), §§ 266a Abs. 1 StGB, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Pflicht zur Weiterleitung der Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung) sowie §§ 283 Abs. 2 S. 1 Nr. 5, 7, 283b Abs. 1 Nr. 1, 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Bankrottdelikte).

Verletzt der Geschäftsführer ein solches vorstehendes Schutzgesetz durch sein eigenes
Tun fahrlässig oder vorsätzlich rechtwidrig und schuldhaft, trifft ihn dafür neben seiner etwaigen Strafhaftung eine zivilrechtliche Außenhaftung direkt und persönlich gegenüber dem geschädigten Dritten.

Haftung wegen Unterlassung (Garantenhaftung)

Eine zivilrechtliche Unterlassungshaftung setzt eine dem unterlassenden Geschäftsführer
obliegende Eingriffs- im Sinne von Erfolgsabwendungspflicht voraus.

Relevanz hat dies insbesondere im Bereich der Verkehrssicherungs- und Organisationspflichten gegenüber Dritten. Wie bereits dargestellt, führt eine Verletzung der aus der Organstellung des Geschäftsführers resultierender Pflichten grundsätzlich nur zu einer Haftung gegenüber der Gesellschaft.

Daraus leitet der BGH ab, dass der Geschäftsführer gegenüber Dritten selbst dann nicht haftet, wenn er Kenntnis z.B. von Wettbewerbsverstößen, Urheberrechts- oder Kennzeichenverletzungen hatte und deren Verhinderung unterlassen hat.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn den Geschäftsführer eine „Garantenstellung“ zum Schutz Dritter vor Gefährdung oder Verletzung ihrer Rechtsgüter einnimmt. Eine solche folgt noch nicht aus der bloßen Stellung als Geschäftsführer einer GmbH. Vielmehr muss er über seine Organstellung hinaus eine eigene Verkehrs- oder Organisationspflicht verletzt haben, was einer besonderen Rechtfertigung in Form einer deliktspezifischen Eingriffspflicht bedarf.

Anerkanntermaßen haben GmbH-Geschäftsführer eine haftungsbegründende Garantenstellung insbesondere in folgenden Fällen:

  • als sog. Beschützergarant für die Gewährsübernahme von der GmbH im weiteren Sinne anvertrauten fremden Güter
  • als sog. Überwachergarant aus „Verkehrssicherungspflicht“ kraft Übernahme der Sicherung „GmbH-eigener“ Sachgefahrenquellen wie z.B: gefahrenträchtige Betriebsgüter, Fahrzeuge, Gerätschaften etc.

Bei Wettbewerbsverstößen der GmbH reicht – anders als dies früher einmal angenommen wurde – die bloße Kenntnis und die Möglichkeit der Unterbindung des Wettbewerbsverstoßes allein nicht aus. Vielmehr muss der Wettbewerbsverstoß auf einem dem Geschäftsführer zurechenbaren Verhalten beruhen, z.B. im Falle einer Maßnahme, die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird. Weiter kommt eine Unterlassungshaftung in Betracht, wenn der Geschäftsführer eine Gefahrenquelle für Wettbewerbsverstöße beispielsweise durch einen dauerhaften Auslandsaufenthalt, geschaffen hat und er sich auf diese Weise der Möglichkeit entzieht, etwaige Wettbewerbsverstöße zur Kenntnis zu nehmen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

3. Schadensersatz wegen Insolvenzverschleppung

Besondere Erwähnung verdient die deliktsrechtliche Außenhaftung des Geschäftsführers wegen Insolvenzverschleppung.

§ 15a Abs. 1 S. 1 InsO verpflichtet die Geschäftsführer einer GmbH dazu, spätestens innerhalb von drei Wochen (Zahlungsunfähigkeit) bzw. sechs Wochen (bei Überschuldung) nach Eintritt eines Insolvenzgrundes Insolvenzantrag zu stellen. Diese Pflicht besteht im Interesse des gesamten Rechtsverkehrs, der vor insolventen Gesellschaften geschützt werden soll. Dem entsprechend ist § 15a Abs. 1 S. 1 InsO Schutzgesetz zugunsten aller Gläubiger der GmbH.

Durch Verletzung der Antragspflicht kann sich daher der Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO persönlich schadensersatzpflichtig machen.

Voraussetzung der Haftung ist dabei lediglich, dass der Geschäftsführer pflichtwidrig und
schuldhaft nicht rechtzeitig Insolvenzantrag stellt. Hierzu ist auf obige Ausführungen unter C. II. zu verweisen.

Neugläubiger, deren Verbindlichkeiten nach Vorliegen eines Insolvenzgrundes begründet wurden, haben einen Anspruch auf Ersatz ihres vollen Schadens, nicht nur auf den sog. Quotenschaden. Diesen können sie selbst geltend machen, nicht aber der Insolvenzverwalter. Der Geschäftsführer haftet dabei auf das sog. negative Interesse. Er hat den geschädigten Gläubiger daher so zu stellen, als hätte es das schädigende Ereignis nicht gegeben.

Die Altgläubiger können hingegen nur die sog. Quotenverschlechterung ersetzt verlangen. Denn für Altgläubiger, also Gläubiger, die bereits vor dem Eintritt des Insolvenzgrundes Gläubiger der GmbH waren, besteht der Schaden darin, dass ihre Forderungen noch wertloser wurden, als sie ohnehin schon waren. Bei rechtzeitiger Antragstellung wäre die Insolvenzquote entsprechend höher gewesen. Ihr Schaden besteht daher wie gesagt in der Quotenverschlechterung.

II. Deliktsrechtliche Außenhaftung wegen Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Pflichten

Eine GmbH unterliegt einer Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Pflichten.

Dies sind Pflichten z.B. aus den Bereichen Arbeitssicherheit, Sozialversicherung, Steuerrecht, Umweltschutzrecht und natürlich produktbezogene Pflichten wie das Lebensmittelrecht oder das Arzneimittelrecht. Wie sonst ist Adressat dieser Pflichten in erster Linie die GmbH selbst. Hierbei wird jedoch häufig auch der Geschäftsführer als Organ als „Störer“ im Sinne des Gefahrenabwehrrechts angesehen, sodass auch der Geschäftsführer polizei- und ordnungsrechtlich in Anspruch genommen werden kann. Da dem Störer die Beseitigung der Störung auferlegt werden kann, kann dies zu einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers für die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der Allgemeinheit oder sonstiger Dritter durch die GmbH führen.

Zudem ergibt sich die Verantwortlichkeit der Geschäftsführer allgemein aus § 9 Abs. 1 OWiG und § 14 Abs. 1 StGB. Danach haften Organe von Gesellschaften strafrechtlich und nach Ordnungswidrigkeitenrecht für die Erfüllung der Pflichten der Gesellschaft, indem die Eigenschaften der Gesellschaft ihnen persönlich zugerechnet werden. Dies führt über § 823 Abs. 2 BGB auch zu einer zivilrechtlichen Haftung der Geschäftsführer, soweit es sich um drittschützende Pflichten handelt.

Die sich aus dem Steuerrecht und dem Sozialversicherungsrecht ergebenen Pflichten verdienen besondere Aufmerksamkeit:

1. Steuerrechtliche Haftung

Nach § 34 Abs. 1 AO hat der Geschäftsführer die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu
erfüllen.

Er hat die Bücher zu führen, die Steuererklärungen abzugeben und die Steuern aus dem Vermögen der GmbH zu zahlen. Eine Haftung für Verletzung dieser Pflichten ordnet hierzu § 69 AO an. Danach haftet der Geschäftsführer, wenn er seine steuerlichen Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt.

Die steuerlichen Pflichten werden dabei von der Rechtsprechung so weit gefasst, dass der
Geschäftsführer de facto dafür einzustehen hat, dass die Steuern bei Fälligkeit gezahlt werden.

Geschieht dies nicht, haftet der Geschäftsführer.

Voraussetzung ist allerdings, das überhaupt Mittel vorhanden sind, aus denen die Steuern gezahlt werden können. In diesem Fall führen auch frühere Pflichtverletzungen – z.B. fehlende Abgabe einer Steuererklärung – nicht mehr zur Haftung, da sie für den Steuerausfall nicht kausal waren. Zu den verfügbaren Mitteln gehören dabei auch Kreditmittel, die der Gesellschaft zur Verfügung stehen oder die beschafft werden können. Grundsätzlich ist für die Verfügbarkeit der Fälligkeitszeitpunkt der Steuern maßgeblich.

2. Haftung für die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen

Bei den Beiträgen für die Sozialversicherung der Arbeitnehmer ist zu unterscheiden zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmeranteil. Ersterer ist eine eigene Schuld der GmbH und von dieser aus eigenen Mitteln zu entrichten. Er stellt eine normale Verbindlichkeit der GmbH dar; für ihre Begleichung gelten keine Sonderregeln. Daher gibt es insoweit keine persönliche Haftung des Geschäftsführers.

Anders ist dies jedoch bei den Arbeitnehmerbeiträgen. Das Vorenthalten von
Arbeitnehmerbeiträgen ist nach § 266a StGB strafbar. Diese Pflicht trifft den Arbeitgeber, also die GmbH. Über § 14 Abs. 1 StGB haftet jedoch auch der Geschäftsführer strafrechtlich für die Erfüllung dieser Pflicht.

Da es sich bei § 266a StGB um ein Schutzgesetz handelt, haftet der Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB auch zivilrechtlich, wenn er die Arbeitnehmeranteile nicht abführt. Insbesondere in der finanziellen Krise darf sich der Geschäftsführer dabei nicht mehr darauf verlassen, dass die Angestellten, denen er diese Aufgabe übertragen hat, diese wie bisher erledigen. In dieser Situation greift vielmehr seine Überwachungspflicht ein; er hat im Ergebnis persönlich dafür zu sorgen, dass die Beiträge abgeführt werden. Sofern es mehrere Geschäftsführer gibt, trifft in der Krise der Gesellschaft auch diejenigen Geschäftsführer eine gesteigerte Überwachungspflicht, die nach der internen Aufgabenverteilung hierfür nicht zuständig sind.

Im Ergebnis ist daher die Haftung des Geschäftsführers für den Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherung ähnlich streng wie die steuerliche Haftung. Dies ist Ergebnis der Strafbarkeit der Nichtabführung der Beiträge nach § 266a StGB und der Erstreckung der Arbeitgebereigenschaft auf den Geschäftsführer durch § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB

III. Schließlich: Bußgeldhaftung aus Aufsichtspflichtverletzungen

Bedeutsam und nicht zu vernachlässigen ist auch die mögliche Haftung gemäß § 130 OWIG wegen Aufsichtspflichtverletzungen. § 130 Abs. 1 OWiG lautet:

„Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.“

Den eigentlichen Verstoß begeht demnach ein Mitarbeiter, der aber selbst mangels eigener Inhaberstellung nicht haften kann. Deshalb haftet die Aufsichtsperson bußgeldrechtlich selbst für bzw. an Stelle der eigentlich verpflichteten, aber ausführungsunfähigen GmbH für fehlerhafte Beaufsichtigung und Organisation der Firma.

Bei Verwirklichung einer solchen „Stellvertretertat“ trifft die GmbH daneben eine eigene Bußgeldhaftung gem. § 30 OWiG.

Grundvoraussetzung der Haftung ist der objektive Verstoß eines Mitarbeiters gegen Betriebspflichten der Inhaber-GmbH. Dieser Verstoß ist Anlass für eine (unterlassene) gebotene Aufsicht bzw. Überwachung seitens der Betriebsführung, die sich nach dessen Art, Branche, Größe, Organisation und Risikobereichen der Firma richtet: In etwa das gesamte Spektrum der Verkehrspflichten der Fahrlässigkeitsdelikte sowie die Garantenpflichten der Unterlassungsdelikte – vereinfacht gesagt „quasi alles“. In der Praxis dominieren die Unterlassungen völlig.

Zur ordentlichen Geschäftsorganisation gehören als Mindeststandard eine sachgerechte Aufgabenteilung und Organisation, sorgfältige Auswahl und Beaufsichtigung der Mitarbeiter, Instruktion und Aufklärung der Mitarbeiter, Überwachung und Kontrolle der innerbetrieblichen Ausführung, Berichtspflichten der Überwachungs- und Leitungsinstanzen, Einschreiten und gegebenenfalls Sanktionieren bei Verstößen sowie anlassbezogene besondere Aufsicht bei Unregelmäßigkeiten.

Lesen Sie zu den Anforderungen an eine Pflichtendelegation bitte auch meinen gesonderten Beitrag

In subjektiver Hinsicht muss der Verstoß bei gehöriger Aufsicht und Kontrolle der Überwachungsinstanz bewusst oder zumindest für diese sowohl vorhersehbar als auch durch innerbetriebliche Vorkehrungen vermeidbar gewesen sein.

E. Fazit

Anliegen des vorstehenden Beitrags ist es, Geschäftsführern und solchen, die es werden wollen, aufzuzeigen, dass die Pflichtenpallette des Geschäftsführers als Handlungsorgan der GmbH sehr umfangreich ist und dabei die persönliche Haftung auch nach außen keineswegs selten ist.

Der Geschäftsführer ist als das gesetzliche Handlungsorgan der für sich gesehen handlungsunfähigen GmbH für alles verantwortlich. Beschränkungen seiner Haftung sind in begrenztem Umfang – z.B. durch Zuständigkeitsabgrenzungen im Falle mehrerer Geschäftsführer – möglich, soweit sie auf wirksame Weise umgesetzt worden sind.

Probleme bereitet es für viele Geschäftsführer, im Einzelfall festzustellen, in welchem Handeln eine ordnungsgemäße Pflichterfüllung liegt. Wie aufgezeigt, ist der Geschäftsführer einerseits dem Wohl seiner GmbH, andererseits Recht und Gesetz verpflichtet. Wie oben aufgezeigt, kann im Einzelfall das ordnungsgemäße Verhalten auch darin liegen, einen Vertrag mit einem Geschäftspartner zu brechen.

Angesichts der zahlreichen Sachverhalte, aus denen eine persönliche Haftung für den Geschäftsführer resultieren kann, ist eine rechtliche Beratung insbesondere in unklaren Konstellationen dringend anzuraten.

 

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Compliance in the workplace. Folders labeled Compliance, Violations in focus.

Grundsatz: alle Aufgaben des Vorstandes sind delegierbar

Grundsätzlich gilt, dass der Vorstand seine Pflichten als Handlungsorgan der AG unbeschränkt delegieren kann. Es gibt allerdings wichtige Ausnahmen von diesem Grundsatz. Nicht delegierbar sind:

  • Die sog. Gesamtverantwortung der Mitglieder des Vorstands ist „unteilbar, unbeschränkbar und unveräußerlich,
  • Gesetzlich verankerte, persönliche Pflichten, z.B.: Meldepflichten, die Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses, die Erfüllung gewisser steuerlicher Pflichten etc.,
  • Pflichten bei Hauptversammlungsbeschlüssen, zur Berichterstattung an den Aufsichtsrat, zur Einberufung der Gesellschafterversammlung, zur Vorlage zustimmungspflichtiger Geschäfte an den Aufsichtsrat (§ 111 Abs. 4 S. 2 AktG) sowie bestimmte Pflichten im Zusammenhang mit Jahresabschluss, Lagebericht und Gewinnverwendungsvorschlag,
  • Die Pflichten nach § 91 Abs. 2 AktG, wonach der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen hat, damit Entwicklungen, die den Fortbe­stand der Gesellschaft bedrohen können, möglichst früh erkannt werden (Risikofrüherkennungssystem),
  • Die Pflicht jedes Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG „die Gesellschaft zu leiten“; daraus folgt, dass strategische Grundentscheidungen (Unternehmensplanung) unübertragbar beim Vorstand verbleiben müssen,
  • Die Aufgabe, dem Unternehmen „ein organisatorisches Grundgerüst zu geben, es in funktionsfähige und aufeinander abgestimmte Einheiten zu gliedern und den unternehmensinternen Informationsfluss zu sichern (Unternehmenskoordinierung)“,
  • In nachstehenden Grenzen die Kontrolle der gehörigen Erledigung delegierter Geschäftsführungsaufgaben (Unternehmenskontrolle),
  • Die Entscheidung über die Besetzung der nachgeordneten Führungsstellen im Unternehmen (Führungspostenbesetzung).

In einer Krise der Gesellschaft oder in bestimmten Ausnahmesituationen (etwa bei ei­ner Häufung von Schadenfällen) kann es trotz im Prinzip wirksamer Geschäftsverteilung zu einer Gesamtzuständigkeit aller (auch ansonsten unzuständigen) Vorstandsmitglieder kommen.

Pflicht bei der Delegation

Es versteht sich von selbst, dass die grundsätzlich zulässige Pflichtendelegation nicht automatisch zu einer Enthaftung des Vorstands führt. Vielmehr trifft den Geschäftsleiter nach der Delegation eine umfassende Kontroll- und Überwachungspflicht. Dies betrifft im Einzelnen:

  • Bei allen Formen der Delegation (horizontal, vertikal oder nach außen) ist darauf zu achten, dass Zuständigkeiten klar und eindeutig zugeordnet werden, damit sie zweifelsfrei bei bestimmten Personen lokalisierbar sind.
  • Alle Aufgaben sind möglichst genau zu definieren und überschneidungsfrei zuzuweisen.
  • Die Situation, dass sich „einer auf den anderen verlässt“, ist zu vermeiden, jeder muss seine Pflichten genau kennen.
  • Unklarheiten und Lücken führen dazu, dass die Delegation unwirksam ist und die Pflicht bei der Geschäftsleitung insgesamt verbleibt.
  • Es wird daher empfohlen, alle Delegationen von Organpflichten schriftlich zu fixieren, etwa in Organisationsplänen (Organigramme) und in Stellenbeschreibungen

Auswahl

Folgende Qualifikationsmerkmale sind zu prüfen und sicherzustellen, bevor an eine Person im Unternehmen Aufgaben übertragen werden:

  • Persönliche Eignung (Zuverlässigkeit, Belastbarkeit);
  • Fachliche Befähigung (Ausbildung, Qualifikation, Erfahrung) zur Erfüllung der wahrzunehmenden Aufgabe (je komplexer die Aufgabe ist und je größer der bei Schlechterfüllung drohende Schaden desto strenger der anzulegende Sorgfaltsmaßstab).

Einweisung

Bevor die Person, an die Aufgaben übertragen wurden, ihre Tätigkeit beginnt, ist sicherzustellen:

  • Einweisung in den Aufgabenbereich in der gebotenen Breite und Tiefe,
  • Zurverfügungstellung der zur Bewältigung der Aufgaben nötigen Befugnisse und sachlichen Mittel,
  • Klarstellung der Aufgabe sowie der Berichtslinien,
  • Aufzeigung besonderer Gefahren im Funktionsbereich,
  • Warnung vor typischen Fehlern

Überwachung

Die Pflicht zur Überwachung schließt ein:

Regelmäßige Information

Es bedarf der regelmäßigen Information, um möglichst früh von Tatsachen zu erfahren, die auf mangelnde Pflichterfüllung hindeuten können (Informations- und Kommunikationsaufgabe).

Einrichtung eines Berichtssystems

Es empfiehlt sich die Einrichtung eines Berichtssystems, im Hinblick auf dessen konkrete Ausgestaltung ein breites Ermessen besteht. Es muss aber Gewähr dafür bieten, dass zumindest schwerwiegende Abweichungen, etwa regelmäßig wiederkehrend begangene erhebliche Verfehlungen oder gar Straftaten erkannt werden.

Überwachung der Delegationspersonen

Die  Personen, auf die delegiert wird, sind laufend zu überwachen und zu kontrollieren, um nötigenfalls unmitelbar eingtreifne zu können. Die Überwachung der Personen, auf die der Vorstand delegiert hat, kann ihrerseits – insbesondere an Spezialisten – delegiert werden. Sind diese sorgfältig ausgewählt und eingewiesen, mit den notwendigen personellen und sachlichen Mitteln, Strukturen und Befugnissen ausgestattet, kann sich der Unternehmensleiter „auf die Überwachung der Überwacher“ (Meta-Überwachung) beschränken.

Es gilt der sogenannte Vertrauensgrundsatz: Hat der Unternehmensleiter keinen konkreten Anlass, daran zu zweifeln, dass die von ihm eingesetzten Überwacher ihre Aufgabe korrekt erfüllen, und hat er darüber hinaus dafür Sorge getragen, dass er möglichst zuverlässig und früh von möglichen Missständen in der ansonsten sachgerecht eingerichteten Überwachungsorganisation erfährt, so kann er auf das Funktionieren dieser Organisation vertrauen.

Laufende Kontrolle

Erforderlich ist eine laufende Kontrolle, die sich nicht in sporadischen Maßnahmen erschöpft, sondern sicherstellt, dass Unregelmäßigkeiten auch ohne permanente enge Überwachung nicht vorkommen. Hierzu gehören stichprobenartige Prüfungen, die den Mitarbeitern verdeutlichen, dass Verfehlungen entdeckt und sanktioniert werden können. Der Vorstand muss geeignete und zuverlässige Personen bestellen und diese gelegentlich entweder selbst überprüfen oder durch andere – etwa eine Revisionsabteilung kontrollieren lassen. Dabei sind stichprobenartige, überraschende Prüfungen erforderlich und regelmäßig auch ausreichend, um vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen gesetzliche Vorschriften und Anweisungen der Betriebsleitung zu verhindern. Sie halten den Betriebsangehörigen nämlich vor Augen, dass Verstöße entdeckt und gegebenenfalls geahndet werden können.

Steigerung der Überwachung bei Missständen oder Ausnahmesituationen

Alle Überwachungsmaßnahmen sind bei Defiziten, objektiven Missständen, in Krisen- oder Ausnahmesituationen zu verschärfen.  Ist allerdings abzusehen, dass stichprobenartige Kontrollen nicht ausreichen, um die genannte Wirkung zu erzielen, weil z. B. die Überprüfung von nur einzelnen Vorgängen etwaige Verstöße nicht aufdecken könnte, so ist der Unternehmer zu anderen geeigneten Aufsichtsmaßnahmen verpflichtet. In solchen Fällen kann es geboten sein, überraschend umfassendere Geschäftsprüfungen durchzuführen. Welchen Umfang Prüfungen im konkreten Fall haben müssen, hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles ab. Gesteigerte Aufsichtsmaßnahmen sind jedenfalls dann erforderlich, wenn es im Betrieb bereits zu Unregelmäßigkeiten gekommen oder wenn damit wegen besonderer Umstände zu rechnen ist und ebenso wenn wichtige Vorschriften oder schwierige Rechtsfragen in Rede stehen.

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Handelsrecht

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Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, gerade wenn ihnen eine ausschließliche Geltung zukommen soll, haben in aller Regel nicht zuletzt den Zweck, die von der Vereinbarung begünstigte Partei vor oft sehr erheblichen Kosten eines Rechtsstreits in der Fremde zu schützen.

Leider ist es aber keine Seltenheit, dass der andere Vertragspartner im Streitfall von der Gerichtsstandsvereinbarung plötzlich nichts mehr wissen will. Hintergrund eines solchen an sich unredlichen Vorgehens ist – auf der Hand liegend – nicht zuletzt das Erpressungspotential, das sich mit einem solchen Vorgehen verbindet. Denn die sich – unter Verstoß gegen die Gerichtsstandsvereinbarung – einer ausländischen Klage ausgesetzt sehende Partei ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen regelmäßig gezwungen, im Ausland über Anwälte tätig zu werden. Dies wiederum ist oftmals sehr teuer, wobei hierbei die USA das wohl prominenteste Beispiel darstellen.

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