LinkedIn Pages im AGB-Check
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AGB liest kaum jemand. Diese Reihe markiert Klauseln, die regelmäßig übersehen werden und beim Lesen überraschen: weil ihr Umfang weiter reicht als erwartet, weil sie versteckte Voraussetzungen oder Ausschlüsse enthalten oder weil sie Risiken unerwartet zuweisen. Heute: LinkedIn Pages – Namens- und Markenhoheit der Plattform, Inhaltslöschung ohne Speicherpflicht sowie Kostenverlagerung und Auslandsforum.
Vertragspartner und anwendbares Recht
(Hinweis: Rechtswahl/Gerichtsstand wirken erst, wenn das Klauselwerk wirksamer Vertragsbestandteil geworden ist – dazu der Folge-Abschnitt.)
Für Unternehmen in der EU, im EWR und in der Schweiz ist Vertragspartner LinkedIn Ireland Unlimited Company (Dublin).
Die LinkedIn Pages Nutzungsbedingungen vereinbaren als anwendbares Recht irisches Recht und den Gerichtsstand Dublin. Diese Rechtswahl ist im unternehmerischen Verkehr nach Art. 3 Rom I-VO grundsätzlich wirksam. Die Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der irischen Gerichte ist im EU-Binnenmarkt nach Art. 25 Brüssel-Ia-VO regelmäßig wirksam (wenn Formvorgaben eingehalten werden). Zwingendes Unionsrecht – insbesondere Datenschutz-, Wettbewerbs- und Plattformvorgaben – gilt unabhängig davon fort.
Für die nachfolgende Einordnung wird die deutsche AGB-Systematik als Orientierungsraster verwendet. Sie verdeutlicht, an welchen Stellen auch nach irischem Recht Fragen der Transparenz, Fairness und Zumutbarkeit entstehen können. Maßgeblich bleibt jedoch die vereinbarte Rechtsordnung.
Geltung der Nutzungsbedingungen – sind sie überhaupt Vertragsinhalt?
Ob die Plattformbedingungen im Streitfall überhaupt Teil des Vertrags sind, hängt davon ab, ob sie wirksam einbezogen wurden. Maßgeblich sind in aller Regel: klarer Hinweis, Zugriff auf den Volltext vor Vertragsschluss und nachweisliche Zustimmung zur konkreten Version. Diese Grundanforderungen dürften – allenfalls in Nuancen unterschiedlich – in den meisten Rechtsordnungen eine Rolle spielen.
Konkreter Anknüpfungspunkt: Nach Art. 10 Abs. 1 Rom I richtet sich die Frage der Einbeziehung grundsätzlich nach dem Recht, das nach den AGB gelten soll (hier: irisches Recht). Ausnahmsweise kann sich eine deutsche Partei nach Art. 10 Abs. 2 Rom I auf deutsches Recht berufen, um fehlende Zustimmung zu rügen, wenn eine Beurteilung nach dem vorgesehenen ausländischen Recht den Umständen nach nicht gerechtfertigt wäre. Die Reichweite dieser Ausnahme ist streitig; im Streitfall lohnt der Einbeziehungs-Check.
LinkedIn Pages – konkret:
Die Bindung entsteht regelmäßig über die Einrichtung als Seiten-Administrator mit aktiver Bestätigung (Klick). Streitentscheidend sind Admin-Protokolle (wer, wann, welche Fassung), der zugängliche Volltext vor dem Klick sowie Update-Mitteilungen und ein klarer Geltungsbeginn bei späteren Fassungswechseln. Fehlen diese Nachweise, bietet die Einbeziehungsfrage eine tragfähige Angriffslinie – insbesondere bei Eingriffen in Namensführung/Darstellung, Inhaltslöschungen oder Haftungsgrenzen.
Vertiefung: AGB-Einbeziehung im B2B – Leitfaden & Checkliste
Namens- und Markenhoheit der Plattform
„… dass wir die Seite gemäß unseren Richtlinien ändern können. Wir können beispielsweise den Namen des Unternehmens auf der Seite ändern und Erklärungen zur Klarstellung auf der Seite hinzufügen, um Verwechslungen bei Mitgliedern oder Konflikte in Bezug auf Markenrechte zu vermeiden. Darüber hinaus können wir (a) jede Namensänderung einschränken und sind nicht verpflichtet, Änderungen, Zusammenführungen oder sonstige Anfragen umzusetzen, und (b) bestimmen, wie Namensänderungen in Profilen und anderen Verweisen auf das Unternehmen in den LinkedIn Services dargestellt werden.“
(LinkedIn Pages, Ziff. 4, „Einschränkungen des Unternehmensseiten-Services“)
Analyse
LinkedIn kann Namen von Unternehmensseiten eigenmächtig anpassen und ergänzende Hinweise zur Klarstellung einfügen. Wie Umbenennungen im Netzwerk dargestellt werden, entscheidet allein die Plattform. Das geht über reine Moderation hinaus und betrifft unmittelbar die Außendarstellung. Rechtlich ist das im Plattformumfeld nicht ungewöhnlich; die Grenzen sind jedoch wenig konkret. In Fällen von Namensnähe, Markenstreit oder Umfirmierung kann der Eingriff spürbar wirken, ohne geregeltes Anhörungsverfahren.
Im B2B-Plattformkontext sind Eingriffsrechte nicht unüblich, sie müssen aber transparent und proportional sein (§ 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Klausel fehlt ein erkennbarer Prüfmaßstab und ein Verfahrensrahmen, was die Transparenzanforderungen tendenziell nicht erfüllen dürfte.
Konsequenzen für Ihre Praxis
Nachweise zur Markenführung bereithalten (Registerauszug, verbindliche Schreibweise, Logo-Leitfaden) und die Seite fortlaufend dokumentieren (Screenshots mit Datum und Permalink). Einen kurzen Reaktionsweg festlegen: Wer prüft, wer antwortet, welche Unterlagen werden beigefügt. Bei geplanten Umbenennungen Rechtekette und Status vorab klären.
Inhaltslöschung und keine Speicher- oder Anzeigepflicht
„… dass wir nicht dazu verpflichtet sind, Informationen oder Inhalte auf unseren Business-Services (oder sonstigen Serviceleistungen) zu veröffentlichen, und diese nach eigenem Ermessen mit oder ohne vorherige Benachrichtigung entfernen können. LinkedIn kann gesetzlich dazu verpflichtet sein, in bestimmten Ländern gewisse Informationen oder Inhalte zu entfernen.“
„… wir uns nicht dazu verpflichten, von Ihnen veröffentlichte Informationen und Inhalte zu speichern oder weiterhin anzuzeigen. Wir sind nicht dazu verpflichtet, Ihnen eine Kopie von Inhalten oder Informationen, die Sie oder andere Personen bereitstellen, verfügbar zu machen und diese zu speichern oder aufzubewahren, soweit dies nicht durch geltendes Recht vorgeschrieben ist oder in unserer Datenschutzrichtlinie festgelegt ist.“
(LinkedIn Pages, Ziff. 4, „Einschränkungen des Unternehmensseiten-Services“)
Analyse
Es besteht kein Anspruch auf Veröffentlichung, fortdauernde Anzeige oder Speicherung. Inhalte können ohne Vorankündigung entfernt werden. Für Unternehmen bedeutet das: Sichtbarkeit und Nachweis hängen nicht verlässlich an der Plattform. Wer Beiträge oder Metriken als Beleg braucht, muss selbst vorsorgen.
Ein vollständiger Speicher-/Anzeigeausschluss kombiniert mit Entfernung ohne vorherige Benachrichtigung verschiebt das Gleichgewicht zulasten des Nutzers. Ohne Benachrichtigungs- und Begründungspflicht droht Intransparenz; bei wesentlichen Kommunikationsinhalten kann eine unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB) im Raum stehen, sofern keine legitimen Missbrauchsgründe dokumentiert sind.
Konsequenzen für Ihre Praxis
Wichtige Veröffentlichungen parallel unternehmensintern sichern. Für entfernte Inhalte ein kurzes „Vorfallsprotokoll“ führen. Zentrale Informationen zusätzlich auf eigenen Systemen bereitstellen; Zusagen gegenüber Kunden nicht an die Verfügbarkeit der Plattform knüpfen.
Kostenverlagerung und Auslandsforum
„Die bei einem Rechtsstreit obsiegende Partei hat das Recht, um Erstattung ihrer Anwalts- und Rechtskosten zu ersuchen.“
(LinkedIn Pages, Ziff. 8.2, Schluss)
Flankierend (Gerichtsstand/Recht):
„… Kalifornien … Santa Clara County …“ bzw. „… Irland … Dublin …“
(je nach LinkedIn-Entität, Ziff. 8.1/8.2).
Analyse
Aus deutscher Sicht ist das ungewöhnlich und überraschend: Anders als die RVG-Deckelung erlaubt die Klausel im ausländischen Forum die Geltendmachung voller Anwaltsgebühren nach lokalem Recht. Das erhöht das Kostenrisiko deutlich und macht Verfahren ohne belastbare Belege wirtschaftlich wenig sinnvoll.
Gerichtsstands- und Rechtswahlklauseln sind im B2B grundsätzlich zulässig. Die zusätzliche sog. Fee-Shifting-Regel kann jedoch wegen abschreckender Kostenwirkung eine unangemessene Benachteiligung darstellen, wenn sie ohne Ausnahmen und ohne inhaltliche Balance greift (§ 307 Abs. 1 BGB). In Summe verstärkt die Kumulation (Forum + Recht + Fees) den Druck zur Streitvermeidung und ist angreifbar, sofern sie faktisch Rechtsschutz vereitelt.
Konsequenzen für Ihre Praxis
Vor jedem Streitfall nüchtern prüfen: Rechtslage, Schaden, Beweise. Belege geordnet vorhalten (Exporte, Systemhinweise, datierte Screenshots). Früh Alternativen erwägen (Kontaktaufnahme, Vergleich, Mediation) und die Absicherung für internationale Verfahren klären.
Mein Fazit zu LinkedIn Pages
Die Bedingungen räumen LinkedIn spürbare Eingriffe in Name und Darstellung von Unternehmensseiten ein, sehen keine Pflicht zur Speicherung oder Anzeige vor und verknüpfen Streitigkeiten mit einem erhöhten Kosten- und Auslandsrisiko. Mit drei einfachen Vorkehrungen – Markenunterlagen griffbereit, eigenes Archiv für Veröffentlichungen, klare Eskalationsregeln – bleibt die Nutzung beherrschbar und rechtlich solide.
AKTUELLE BEITRÄGE

Klageabweisung als „derzeit unbegründet“
Gerade in baurechtlichen Streitigkeiten geht es vielfach um die Fälligkeit von Vergütungsansprüchen, z.B. weil die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung fraglich ist. In diesen Fällen sind dann auch Urteile nicht selten, in denen eine Klageabweisung „als derzeit unbegründet“ erfolgt.
Der BGH hat jüngst mit detaillierter Begründung festgestellt, dass in solchen Fällen die Rechtskraft des abweisenden Urteils auch die Urteilsgründe umfasst, soweit darin die übrigen – also die derzeit nicht fehlenden – Anspruchsvoraussetzungen positiv festgestellt bzw. bejaht worden sind.

Guide to International Civil Procedure: Recognition and enforcement of foreign judgments in Germany
Once a judgment has been successfully obtained against a German debtor abroad (in a third country), the creditor is faced with the important practical question of how to actually get his money.
If the German debtor does not pay voluntarily, only the enforcement of the judgment will help. However, since in most cases the German debtor only has assets in Germany that could be enforced, the foreign judgment must be enforced in Germany. This requires that the foreign judgment has first been declared enforceable by a German court. This declaration of enforceability is the subject of separate court proceedings against the debtor in Germany, at the end of which, if successful, an enforcement order will be issued.
The following article deals with the content of these proceedings.

Ratgeber Berufungsrecht – Bedeutung des Inhalts der Berufungsbegründung für den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts
Die Auffassung, dass der Inhalt der Berufungsbegründung den Überprüfungsrahmen des Berufungsgerichts festlegt, ist weit verbreitet. Nach dieser Auffassung muss die Berufungsbegründung alle Rügen bezüglich des erstinstanzlichen Urteils enthalten, die der Berufungsführer vom Berufungsgericht überprüft wissen möchte. Vergisst er eine Rüge, würde dies zur Folge haben, dass das Berufungsgericht selbst von ihm erkannte und als erheblich erachtete Rechtsverletzungen übergehen muss.
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