Offenkundige Tatsachen im Zivilprozess – gerichtliche Beweisaufnahme erforderlich?
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In der digitalen Ära, in der Suchmaschinen wie Google eine zentrale Rolle spielen, gewinnen „offenkundige Tatsachen im Zivilprozess“ zunehmend an Bedeutung. Die Zivilprozessordnung (ZPO) stellt in § 291 nämlich klar, dass „offenkundige Tatsachen“, im Zivilprozess keiner Beweiserhebung bedürfen. Doch was genau unter einer „offenkundigen Tatsache“ zu verstehen ist und wie sie verwertet werden darf, wirft in der Praxis häufig Fragen auf.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jüngst in einem sehr praxisrelevanten Urteil wichtige Punkte in Bezug auf „offenkundige Tatsachen“ klargestellt.
Er bestätigte zunächst, dass im Internet auffindbare Informationen als „offenkundige Tatsachen“ im Sinne des § 291 ZPO gelten können. Darüber hinaus gab der BGH wertvolle Hinweise für die Gerichte, wie sie mit solchen Tatsachen umzugehen hat.
Der BGH unterstrich in seinem Beschluss vom 27. Januar 2022 (Az. III ZR 195/20) insbesondere die Notwendigkeit, dass ein Gericht den Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme geben muss, bevor es eine „offenkundige Tatsache“ in seine Entscheidung einfließen lässt. Das gilt selbst dann, wenn diese Tatsache dem Internet entnommen wurde. Ein Hinweis kann lediglich dann entfallen, wenn beide Parteien bereits Kenntnis von der fraglichen Tatsache und ihrer Entscheidungsrelevanz haben.
Der BGH hat wörtlich ausgeführt:
„(…) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (…) darf ein Gericht seiner Entscheidung keine Tatsachen zugrunde legen, ohne den Parteien vorher Gelegenheit zu geben, sich zu ihnen zu äußern. Das gilt auch dann, wenn es sich um offenkundige Tatsachen im Sinne des § 291 ZPO handelt. Zu diesen gehören auch solche, die das Gericht dem Internet entnommen hat; will es diese zur Grundlage seines Urteils machen, muss es das Ergebnis seiner Ermittlungen den Parteien zugänglich machen und ihnen durch einen Hinweis (…).“
Eines gerichtlichen Hinweises soll es allerdings ausnahmsweise dann nicht bedürfen, wenn es sich um Tatsachen bzw. Umstände handelt, die den Parteien „ohne Weiteres gegenwärtig sind und von deren Entscheidungserheblichkeit sie wissen“.
Mit dieser Entscheidung des BGH wurde das grundrechtlich verankerte Recht beider Parteien auf rechtliches Gehör respektiert und betont. Die Gerichte müssen die betroffene Partei auf die beabsichtigte Verwertung einer „offenkundigen Tatsache“ hinweisen. Nur so erhält die Partei die Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Ausnahmen sind lediglich bei allgemein bekannten Umständen und ihrer klaren Relevanz für den Fall zulässig.
Wenn Steuerberater Fehler machen und Mandanten dadurch Schäden entstehen, ist die Frage, ob und inwieweit bereits eine Verjährung eingetreten ist, rechtlich nicht ohne Schwierigkeiten zu beantworten.
Nach mittlerweile nicht mehr ganz junger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteile vom 04.07.2017, Az. XI ZR 562/15 und Az. XI ZR 233/16) sind über lange Zeit übliche Bearbeitungsgebühren auch bei Darlehen an Unternehmen unzulässig und damit entsprechende Vereinbarungen in Kreditverträgen – auch im Falle von Überziehungskrediten – unwirksam.
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