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Die Leistungspflicht der Privaten Krankenversicherung (PKV) – Wann und wofür muss die PKV zahlen?

Die Leistungspflichten der privaten Krankenversicherer ergeben sich im Wesentlichen aus dem im Einzelfall gewählten Tarif und den dazugehörigen Tarifbedingungen, die dem jeweiligen Vertrag beigefügt sind. In dem einzelnen Vertrag können verschiedenste Leistungen vereinbart werden. Allerdings ergeben sich die üblichen Leistungen der privaten Krankenversicherer aus § 192 VVG in Verbindung mit den Musterbedingungen 2009 für die Krankheitskosten und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK). Es ist darauf hinzuweisen, dass die MB/KK Vertragsgegenstand geworden sein müssen. In aller Regel findet sich in den Verträgen aber ein Verweis auf die MB/KK, da diese von den privaten Krankenversicherern selbst aufgestellt worden sind.

Nach § 192 Abs. 1 VVG in Verbindung mit den MB/KK werden die Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen erstattet. Die Schwangerschaft und die Entbindung sind keine Krankheiten, sondern ein Zustand der Gesundheit. Aus diesem Grund wird die Verpflichtung des Krankenversicherers zur Übernahme der Kosten für die Vorsorgeuntersuchung, die Entbindung, etc. in § 192 Abs. 1 VVG und § 1 Abs. 2 Satz 4a MB/KK extra benannt.

Die Voraussetzungen der Leistungspflicht des Versicherers sind gem. § 192 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 MB/KK:

  • entstandene Aufwendungen
  • das Bestehen einer Krankheit oder Unfallfolgen
  • die Durchführung einer Heilbehandlung
  • die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist dabei anhand objektiver Kriterien zu bestimmen. Es kommt nicht auf die subjektive Vorstellung des Versicherungsnehmers an (BGH VersR 1987, 278, 279; OLG Hamm VersR 1997, 1342).

Nicht zu erstatten sind von vornherein Kosten, die in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen (Übermaßvergütung, § 192 Abs. 2 VVG). Zur Feststellung eines Missverhältnisses sind die Werte von Leistung und Gegenleistung anhand objektiver Kriterien miteinander zu vergleichen.

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Aufwendungen

Der Leistungsanspruch gegen den Versicherer setzt voraus, dass dem Versicherungsnehmer Aufwendung entstanden sind. Es bedarf eines wirksamen und fälligen Vergütungsanspruchs des Behandlers oder sonstigen Leistungserbringers gegen den Versicherten (BGH NJW 2003, 1596). Ein wirksamer Vergütungsanspruch und damit eine entsprechende Leistungspflicht entstehen nur bei Beachtung der gebührenrechtlichen Bestimmungen der GOÄ und GOZ. Der Versicherer ist grundsätzlich nur nachleistungspflichtig. Dies gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer nachweisbar nicht in der Lage ist, anfallende Behandlungskosten zu tragen und deshalb eine ärztlich dringend angeratene Behandlung nicht durchführen lassen könnte (OLG Hamm VersR 2006, 826).

Krankheit oder Unfallfolgen

Zweck des Krankenversicherungsvertrages ist es grundsätzlich nur die Kosten für die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer Krankheit, dem Eintritt eines ungewissen Ereignisses, abzudecken. Dies macht es erforderlich, den Begriff der Krankheit von nur subjektiv empfundenen Beeinträchtigungen abzugrenzen.

Die Rechtsprechung definiert den Krankheitsbegriff im Sinne des § 1 Abs. 2 MB/KK als anomalen Körper- oder Geisteszustand, der eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt (BGH VersR 1987, 278 f.; OLG Karlsruhe NJW 1986, 1552).

Die Rechtsprechung hat eine Krankheit in folgenden Fällen bejaht, wobei hier nur ein kleiner Auszug dargestellt werden soll:

  • -Alkoholismus (OLG Hamm VersR 1986, 865)
  • -Eileiterschwangerschaft (OLG Stuttgart VersR 1991, 646)
  • -Fettleber und erhöhte Harnstoffkonzentration (LG und OLG Hamburg VersR 1981, 1049).

Keine Krankheit wurde dagegen in folgenden Fällen angenommen:

  • Einfache, altersbedingte Fehlsichtigkeit. Eine solche entspricht dem natürlichen Alterungsprozess (LG Mannheim VersR 2008, 1200 f.)
  • -sackartige Hautfalten im Augenbereich (LG Köln VersR 1983, 388)
  • -Minderwuchs bei einem 5- bzw. 6-jährigen Jungen (OLG Hamm VersR 1986, 865)

Statt Krankheit kann dem Versicherungsfall als Gefahrereignis auch ein Unfall zugrunde liegen. Die PKV schließt insoweit eine Unfallversicherung mit ein (BGH VersR 1976, 851 f.). Der Versicherungsfall beginnt – ebenso wie der Versicherungsfall wegen Krankheit – nicht schon mit dem Unfallereignis, sondern erst mit der Heilbehandlung. Der Versicherungsfall setzt voraus, dass ein Unfallereignis eingetreten ist und dass die medizinisch notwendige Heilbehandlung sich auf Folgen erstreckt, die ursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind.

Der Unfallbegriff ergibt sich aus der Legaldefinition in § 178 Abs. 2 VVG. Demnach liegt ein Unfall vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet.

Dem Umfang nach ist die Leistungspflicht der PKV bei Unfällen gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 MB/KK auf die medizinisch notwendige Heilbehandlung der Unfallfolgen beschränkt.

Heilbehandlung

Nach der wiederkehrenden Formel des BGH ist Heilbehandlung jede ärztliche Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist und die auf eine Heilung oder Linderung einer Krankheit abzielt (BGH VersR 1996, 1224 ff.; VersR 1978, 271, 272).

Linderung bedeutet dabei nicht nur die unmittelbare Besserung eines krankhaften Zustands. Von der Linderung einer Krankheit durch ärztliche Tätigkeit ist vielmehr auch dann zu sprechen, wenn diese die Abschwächung, eine partielle oder völlige Unterbindung oder die Beseitigung von Krankheitsfolgen bezweckt (BGH VersR 1996, 1224 ff.; OLG Köln VersR 1990, 612, 613).

An einer Heilung oder Linderung fehlt es, wenn die Behandlung ausschließlich anderen Zwecken dient. Beispiele hierfür sind die Sterilisation zum Zwecke der Begrenzung der Familienplanung oder Schönheitsoperationen.

Leistungen, die nicht in direktem Zusammenhang zur ärztlichen Tätigkeit stehen, gehören ebenfalls nicht zu den versicherten Kosten der Heilbehandlung. In diesem Sinn hat die Rechtsprechung zum Beispiel einen Erstattungsanspruch für angefallene Fahr- und Hotelkosten bei Behandlung in einer auswärtigen Klinik verneint (LG Freiburg VersR 1986, 570, 571).

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MB/KK ist Gegenstand des Versicherungsschutzes die Heilbehandlung einer Krankheit der versicherten Person. In wenigen Ausnahmefällen können dazu auch Maßnahmen gehören, die an anderen Personen vorgenommen werden. Dies ist der Fall, wenn die Behandlung der versicherten Person zwangsläufig den Eingriff bei Dritten erfordert, wie beispielsweise bei einer Transplantation (LG Oldenburg r+s 1990, 317).

Medizinische Notwendigkeit

Die medizinische Notwendigkeit gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 MB/KK ist in der Praxis die relevanteste Voraussetzung hinsichtlich der Kostenübernahme durch die private Krankenversicherung. Für die Bewertung, ob eine medizinische Notwendigkeit vorliegt, hat die Rechtsprechung über Jahrzehnte hinweg folgende, nunmehr als gefestigt anzusehende Beurteilungsformel entwickelt:

Eine Heilbehandlung ist medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Vertretbar ist die medizinische Notwendigkeit einer Heilbehandlung, wenn sie sowohl in begründeter und nachvollziehbarer wie fundierter Vorgehensweise das zugrunde liegende Leiden diagnostisch hinreichend erfasst und eine ihm adäquate, geeignete Therapie anwendet (BGH VersR 2003, 581, 584; 1979, 221 ff.; OLG Köln VersR 1995, 1177).

Steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest, besteht grundsätzlich auch die Eintrittspflicht des Versicherers (BGH NJW 1996, 3074, 3075). Eine stationäre Behandlung ist nur dann medizinisch notwendig, wenn der angestrebte Behandlungserfolg in der Prognose durch ambulante Maßnahmen nicht in gleichem Maße erzielt werden kann (OLG Zweibrücken VersR 2007, 1505; OLG Koblenz VersR 2008, 339).

Die Bezugnahme auf „wissenschaftliche Erkenntnisse“ meint dabei nicht, dass bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Heilbehandlung nur solche Erkenntnisse berücksichtigt werden dürften, die in der medizinischen Wissenschaft – also im Bereich von Forschung und Lehre an wissenschaftlichen Hochschulen und Universitäten – eine Absicherung erfahren haben. Vielmehr können auch solche medizinischen Erkenntnisse berücksichtigt werden, die sich im Bereich der sog. alternativen Medizin ergeben haben oder sich als das Ergebnis der Anwendung von sogenannten „Außenseitermethoden“ darstellen (BGH NJW 1996, 3074, 3075; § 4 VI MB/KK). Erforderlich sind aber auch hier eine auf medizinischen Erkenntnissen beruhende Wirkungsweise und eine erfolgreiche Bewährung der Methode in der Praxis (BGH NJW 1996, 3074; NJW 2003, 294; OLG Köln VersR 2004, 631).

Zur Bestimmung des Versicherungsfalles wird ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger, Maßstab angelegt (BGH NJW 1996, 3074, 3075; NJW 2005, 3783, 3784). Es kommt deshalb weder auf die Auffassung des Versicherungsnehmers noch allein auf die des behandelnden Arztes an (BGH NJW 1996, 3074, 3075). Dass diesem die Therapie sinnvoll, nützlich oder vertretbar erscheint, genügt deshalb nicht (OLG Köln r + s 1993, 314; LG Berlin r+s 1994, 71). Die medizinische Notwendigkeit einer Behandlungsmaßnahme kann im Streitfalle grds. nur mittels eines Sachverständigengutachtens beurteilt werden (BGH NJW 1979, 1250; OLG Koblenz VersR 2010, 204).

Beachtlich ist, dass die Leistungspflicht nicht auf die kostengünstigste von mehreren medizinisch gleichwertigen Behandlungen beschränkt ist (BGH NJW 2003, 1596, 1599 f., gegen die zuvor ganz herrschende Auffassung)!

Beweislast

Auch im privaten Versicherungsrecht gilt der allgemeine Grundsatz, nach dem derjenige, der von seinem Vertragspartner eine Leistung beansprucht, die Voraussetzungen des vermeintlichen Anspruches nachweisen muss. Da die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung nach § 1 Abs. 2 Satz MB/KK zentrale Leistungsvoraussetzung ist, ist sie nach ständiger Rechtsprechung vom Versicherungsnehmer zu beweisen. Zweifel gehen zu seinen Lasten (BGH VersR 1996, 1224 ff.; 1991, 987; OLG Frankfurt/M. VersR 1981, 451 f.). Eine Beweisführung prima facie scheidet aus (KG r+s 2000, 120, 122).

Hat der Versicherer die medizinische Notwendigkeit einer konkreten Maßnahme geprüft und seine Leistungspflicht teilweise anerkannt, ist der Eintritt des Versicherungsfalles dem Grunde nach unstrittig. § 5 Abs. 2 Satz 1 MB/KK räumt dem Versicherer in diesem Fall jedoch ausdrücklich das Recht ein, seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen, wenn die Heilbehandlung das medizinisch notwendige Maß übersteigt.

Da es sich insoweit um eine Regelung handelt, aus der der Versicherer eine ihm günstige Rechtsfolge ableitet, hat dieser nunmehr zu beweisen, dass das Ausmaß der Maßnahme medizinisch nicht mehr erforderlich ist (BGH VersR 1991, 987; OLG Düsseldorf r+s 2000, 429 f.).

BGH-Aktuell: Korrektur einer Fehlsichtigkeit durch LASIK-OP kann notwendig sein (BGH-Urteil vom v. 29. 3. 2017 – IV ZR 533/15)

Mit sehr praxisrelevanten Urteil vom 29. 3. 2017 (Az. V ZR 533/15) hat der BGH zurecht festgestellt, dass die PKV im Falle einer OP-mäßigen Korrektur einer Fehlsichtigkeit nicht einfach auf die Möglichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verweisen kann. Denn (so zutreffend der BGH):

Das Tragen einer Sehhilfe stellt in Bezug auf die Fehlsichtigkeit der Kl. keine Heilbehandlung dar!

Nachfolgend ein paar wesentliche Auszüge aus dem Urteil:

„(…) Die Leistungspflicht (…) hängt deshalb davon ab, ob die durchgeführte Operation eine medizinisch notwendige Heilbehandlung darstellte. Dazu hat das BG – von seinem Standpunkt konsequent – keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

Heilbehandlung – hier die ambulante Operation beider Augen – ist dabei jegliche ärztliche Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her auf Heilung, Besserung oder Linderung der Krankheit abzielt. Darauf, ob die Durchführung dieser Therapie geeignet war, diese Ziele auch zu erreichen, kommt es für das Vorliegen einer Heilbehandlung im Sinne der Klausel nicht an. Dieser Frage kommt Bedeutung vielmehr erst bei der Prüfung zu, ob die Heilbehandlung als medizinisch notwendig im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 AVB anzusehen ist; dafür ist ein objektiver Maßstab anzulegen (Senatsurt. v. 10. 7. 1996 – IV ZR 133/95, BGHZ 133, 208 = r+s 1996, 457 unter II 2).

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann die medizinische Notwendigkeit der Operation dabei nicht bereits mit Hinweis auf die Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verneint werden.

Das Tragen einer Sehhilfe stellt in Bezug auf die Fehlsichtigkeit der Kl. keine Heilbehandlung dar. Brillen und Kontaktlinsen sind lediglich Hilfsmittel, mit denen körperliche Defekte über einen längeren Zeitraum ausgeglichen werden. Mit der Sehhilfe wird demnach – für den Einsatz von Hilfsmitteln kennzeichnend – unmittelbar eine Ersatzfunktion für ein krankes Organ wahrgenommen, ohne dessen Funktionsfähigkeit wieder herzustellen (vgl. Senatsurt. v. 17. 12. 1986 – BGH Aktenzeichen IVAZR7885 IVa ZR 78/85, BGHZ 99, BGHZ Band 99 Seite 228 = r+s 1987, RUNDS Jahr 1987 Seite 80 unter II 5 und v. 19. 5. 2004 – BGH Aktenzeichen IVZR17603 IV ZR 176/03, NJW-RR 2005, NJW-RR Jahr 2005 Seite 260 juris Rn. 21).

Der durchschnittliche VN kann aus § 1 Abs. 2 Satz 1 AVB nicht ersehen, dass die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung grundsätzlich davon abhängen soll, ob er (dauerhaft) auf ein Hilfsmittel zurückgreifen kann, das den bei ihm bestehenden anormalen Körperzustand auszugleichen oder abzuschwächen geeignet ist, ohne am eigentlichen Leiden etwas zu ändern. Für eine solche generelle Subsidiarität der Heilbehandlung gegenüber dem Hilfsmittel geben die VersBedingungen nichts her. Ihnen ist auch sonst nicht zu entnehmen, dass außer der medizinischen Notwendigkeit andere (finanzielle) Aspekte bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Heilbehandlung eine Rolle spielen sollen. Denn § 1 Abs. 2 Satz 1 AVB stellt ausdrücklich auf die „medizinisch notwendige“ Heilbehandlung ab, wobei sich „medizinisch“ gerade auf „notwendig“ bezieht. Dieser sprachliche Zusammenhang macht bei verständiger Lektüre deutlich, dass die Notwendigkeit der Heilbehandlung allein aus (rein) medizinischer Sicht zu beurteilen ist und andere Gesichtspunkte dabei keine Rolle spielen. (…)

Von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung im Sinne der vorstehenden Ausführungen wird daher dann auszugehen sein, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt worden ist, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken (…).“

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Umfang des Versicherungsschutzes

Das konkrete Leistungsversprechen ergibt sich gem. § 1 Abs. 3 MB/KK aus dem Versicherungsschein, den in ihm enthaltenen oder späteren schriftlichen Vereinbarungen und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Letztere beinhalten die MB/KK des Verbandes, die unternehmenseigenen Tarifbedingungen und den Tarif selbst.

Dabei können die Tarifbedingungen von den MB/KK – die nicht verbindlich sind – auch inhaltlich abweichen. Beispiele für die Vereinbarung zusätzlicher Leistungen sind die Erstattung der Kosten für einen Aufenthalt im Hospiz oder die Möglichkeit einer Inanspruchnahme auch von Psychotherapeuten.

Der Umfang des Versicherungsschutzes kann auch einzelvertraglich weiter begrenzt werden. Da der private Krankenversicherer zur Annahme eines Versicherungsantrages grundsätzlich nicht verpflichtet ist, steht es ihm frei, den Vertrag zu besonderen Bedingungen wie der Vereinbarung eines Leistungsausschlusses oder eines Risikozuschlages abzuschließen. § 203 Abs. 1 Satz 2 VVG räumt ihm dieses Recht unter Hinweis auf ein bei Vertragsabschluss ggf. erhöhtes Risiko ausdrücklich ein.

Ist wegen des erhöhten Risikos eine höhere Prämie vereinbart, kann der VN nach § 41 VVG verlangen, dass die Prämie angemessen herabgesetzt wird, wenn der gefahrerhöhende Umstand nach Antragsstellung oder nach Vertragsschluss entfallen ist.

Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich im Einzelnen auch aus § 4 MB/KK.

Im Folgenden werden die Einzelheiten dargestellt:

  • § 4 Abs. 2 MB/KK.

    4 Abs. 2 MB/KK gewährt dem Versicherten das Recht auf freie Arztwahl, mithin auf die Inanspruchnahme jedes niedergelassenen und approbierten Arztes und Zahnarztes sowie – wenn nicht tariflich ausgeschlossen – jedes Heilpraktikers nach dem Heilpraktikergesetz. § 4 Abs. 2 MB/KK betrifft ausschließlich die ambulante Heilbehandlung.

    Besonderheiten, etwa das Erfordernis einer vorherigen Zusage, sehen die Tarifbedingungen typischerweise für die Inanspruchnahme einer psychotherapeutischen Behandlung vor. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Abgrenzung zwischen behandlungsbedürftiger Störung mit Krankheitswert und bloßer Lebenshilfe häufig nicht leicht zu treffen ist.

  • § 4 Abs. 3 MB/KK.

    Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel müssen von einem Behandler im Sinne des § 4 Abs. 2 MB/KK verordnet werden. Arzneimittel sind über eine Apotheke zu beziehen, was auch Versandapotheken einschließt, sofern diese die üblichen deutschen Qualitätsstandards einhält. Arzneimittel sind alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen (BGH NJW 2006, 2630, 2634). Heilmittel sind typischerweise physikalisch-medizinische Leistungen, die von einem Masseur oder medizinischen Bademeister ausgeführt werden sowie von einem Logopäden durchgeführte Stimm- und Sprechübungsbehandlungen. Hilfsmittel sind Bandagen, Brillen, Gehstützen, Hörgeräte etc.

  • § 4 Abs. 4 MB/KK.

    Für eine stationäre Behandlung hat der Versicherte die Wahl zwischen öffentlichen und privaten Krankenhäusern, einschließlich Privatkliniken. Die notwendige ärztliche Leitung bezieht sich auf den Behandlungsbereich des Krankenhauses und erfordert eine Leitung, Führung und Überwachung durch medizinisch weisungsfreie Ärzte. Ferner bedarf es einer hinreichenden sachlichen und personellen Infrastruktur. Die Abgrenzung muss deshalb normativ erfolgen: Hindert die Behandlung den Versicherten an der Entfaltung seiner üblichen Lebensgewohnheiten in einer der vollstationären Aufnahme vergleichbaren Weise, handelt es sich um eine § 4 Abs. 4 MB/KK unterfallende teilstationäre Behandlung (LG Köln VersR 2002, 1137).

  • § 4 Abs. 5 MB/KK.

    Reine Kur- und Sanatoriumsbehandlungen sind von der Leistungspflicht generell ausgenommen (§ 5 I lit. d) MB/KK, zu den übrigen Ausschlüssen der Leistungspflicht gem. § 5 MB/KK, vgl. unten). Jedoch verschwimmen die Grenzen zwischen Sanatorium und Krankenhaus zunehmend, wenn in einem Haus sowohl klinische (§ 4 Abs. 4 MB/KK) als auch Kur- und Sanatoriumsbehandlungen stattfinden können. In der Praxis hat sich dafür der Begriff der „gemischten Anstalt“ etabliert. Die Erstattungsfähigkeit bedingt hier neben der Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 MB/KK die vorherige Leistungszusage des Versicherers (§ 4 Abs. 5 MB/KK). Die Klausel ist AGB-rechtlich unbedenklich (BGH NJW 2003, 598, 599).

  • § 4 Abs. 6 MB/KK.

    Während von der Schulmedizin überwiegend anerkannte Methoden ohne weiteres erstattungsfähig sind, setzt die Leistungspflicht für Methoden der alternativen Medizin voraus, dass sich diese in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder keine schulmedizinische Therapie zur Verfügung steht (§ 1 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 MB/KK). In diesem Falle kann der Versicherer den zu erstattenden Betrag auf das Niveau einer schulmedizinischen Methode herabsetzen (Halbsatz 2). Unklar ist insoweit die anzuwendende Vergleichstherapie, wenn eine solche – wie in Variante 2 – gerade nicht zur Verfügung steht. Nicht erstattungsfähig sollen bspw. die Kosten für bioelektrische Funktionsdiagnostik, Decoder-Dermographie und Eichothermtherapie (OLG Saarbrücken VersR 2002, 1015), Elektroakupunktur nach Voll (OLG Frankfurt NJW-RR 2003, 245) und Bioresonanztherapie (OLG Koblenz VersR 2002, 1367; OLG Saarbrücken VersR 2002, 1015) sein, erstattungsfähig dagegen die für Hämatogene Oxidationstherapie (OLG Saarbrücken VersR 2002, 1015), Akupunktur und Behandlung mit Thymus- und Ney-Präparaten (OLG Stuttgart NVersZ 2007, 974).

Ausschluss der Leistungspflicht

Die dargestellte Leistungspflicht kann in einigen Fällen gemäß § 5 MB/KK ausgeschlossen sein. So werden etwa Verletzungen durch Kriegsereignisse (§ 5 Abs. 1 lit. a)) und durch vorsätzlich herbeigeführte Versicherungsfälle (§ 5 Abs. 1 lit. b)) von der Leistungspflicht ausgenommen. Auch kann der Leistungserbringer, im Regelfall der Arzt, von der Erstattung ausgeschlossen werden, wenn sein Fehlverhalten bei der Abrechnung von Leistungen wiederholt Anlass zu berechtigten Beanstandungen des Versicherers gegeben hat (§ 5 Abs. 1 lit c); OLG München NJW-RR 1999, 1706; OLG Köln VersR 1996, 490). Denkbar sind hier insbesondere Fälle des Abrechnungsbetruges.

Allerdings sind auch Entziehungskuren, die darauf abzielen, den Patienten von einer Bindung an Drogen, Alkohol, Nikotin oder andere Suchtmittel zu lösen, von der Erstattungspflicht ausgenommen (§ 5 Abs. 1 lit d); BGH VersR 1988, 573, OLG Hamm r+s 1999, 84). Nicht unter diesen Ausschluss fallen Krankheiten, die aus der Abhängigkeit von den Suchtmitteln resultieren, beispielsweise Leberschäden. In der Praxis hat dieser Ausschluss insbesondere im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch erhebliche Bedeutung. In einigen Tarifbedingungen einzelner Krankenversicherer ist eine Leistungspflicht für Entziehungskuren daher enthalten. Nicht unter diesen Ausschluss fallen Krankheiten, die aus der Abhängigkeit von den Suchtmitteln resultieren, beispielsweise Leberschäden. Zum Ausschluss von Kur- und Sanatorium siehe bereits oben.

Die Behandlung durch nahe Angehörige ist ebenfalls nicht erstattungsfähig (§ 5 Abs. 1 lit. g)). Dieser Klausel liegt die praktische Erfahrung zugrunde, dass die Wahrscheinlichkeit einer in Wirklichkeit unentgeltlichen, gegenüber dem Versicherer jedoch abgerechneten Behandlung umso größer ist, desto näher die Verwandtschaft ist (OLG München VersR 2000, 1406 ff.; LG Stuttgart r+s 1997, 169).

Ausgeschlossen sind schließlich Leistungen für eine durch Pflegebedürftigkeit bedingte Unterbringung. Davon ist auszugehen, wenn die dauerhafte Hilflosigkeit des Betroffenen für Verrichtungen des täglichen Lebens im Vordergrund steht, das heißt die Verbesserung oder Heilung der zugrunde liegenden Krankheit nicht (mehr) das Ziel ist (OLG Hamm NJW-RR 1995, 1498; KG r+s 2003, 292). Eintrittspflichtig ist hier die Pflegeversicherung.

Subsidiaritätsklausel

5 Abs. 3 MB/KK sieht eine Leistungsbegrenzung für den Fall vor, dass der Versicherungsnehmer außerhalb der Krankheitskostenversicherung auch einen anderweitigen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfall- (SGB VII) oder Rentenversicherung (SGB VI) bzw. gesetzlichen Heilfürsorge (insbes. für Soldaten, Polizeivollzugsbeamte, Angehörige der Berufsfeuerwehr) hat.

In diesem Fall ist die Leistungspflicht des Krankenversicherers auf Erstattung der Aufwendungen begrenzt, die trotz der genannten gesetzlichen Leistungen notwendig bleiben.

Die Leistungspflichten der privaten Krankenversicherer ergeben sich im Wesentlichen aus dem im Einzelfall gewählten Tarif und den dazugehörigen Tarifbedingungen, die dem jeweiligen Vertrag beigefügt sind. In dem einzelnen Vertrag können verschiedenste Leistungen vereinbart werden. Allerdings ergeben sich die üblichen Leistungen der privaten Krankenversicherer aus § 192 VVG in Verbindung mit den Musterbedingungen 2009 für die Krankheitskosten und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK). Es ist darauf hinzuweisen, dass die MB/KK Vertragsgegenstand geworden sein müssen. In aller Regel findet sich in den Verträgen aber ein Verweis auf die MB/KK, da diese von den privaten Krankenversicherern selbst aufgestellt worden sind.

Nach § 192 Abs. 1 VVG in Verbindung mit den MB/KK werden die Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen erstattet. Die Schwangerschaft und die Entbindung sind keine Krankheiten, sondern ein Zustand der Gesundheit. Aus diesem Grund wird die Verpflichtung des Krankenversicherers zur Übernahme der Kosten für die Vorsorgeuntersuchung, die Entbindung, etc. in § 192 Abs. 1 VVG und § 1 Abs. 2 Satz 4a MB/KK extra benannt.

Die Voraussetzungen der Leistungspflicht des Versicherers sind gem. § 192 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 MB/KK:

  • entstandene Aufwendungen
  • das Bestehen einer Krankheit oder Unfallfolgen
  • die Durchführung einer Heilbehandlung
  • die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist dabei anhand objektiver Kriterien zu bestimmen. Es kommt nicht auf die subjektive Vorstellung des Versicherungsnehmers an (BGH VersR 1987, 278, 279; OLG Hamm VersR 1997, 1342).

Nicht zu erstatten sind von vornherein Kosten, die in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen (Übermaßvergütung, § 192 Abs. 2 VVG). Zur Feststellung eines Missverhältnisses sind die Werte von Leistung und Gegenleistung anhand objektiver Kriterien miteinander zu vergleichen.

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