AGB-Einbeziehung im Tagesgeschäft
AGB-Einbeziehung im Tagesgeschäft
Verträge werden im Tagesgeschäft regelmäßig mündlich vorbereitet und knapp dokumentiert: Vor-Ort-Termin, Telefon, Handschlag, Papier-Bestellung, Lieferschein, Messe. Der Streit entzündet sich regelmäßig an folgenden Fragen: Gelten AGB überhaupt? Welche Fassung war maßgeblich? Und wie ist mit widersprechenden AGB beider Seiten umzugehen? Diese Seite ordnet das Thema: Sie erläutert die rechtlichen Anforderungen an die Einbeziehung von AGB und deren Umsetzung für die Praxis.
1. Rechtsrahmen
Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Vertragsbestandteil, wenn beim Vertragsschluss ausdrücklich auf sie hingewiesen wird und die andere Seite in zumutbarer Weise Zugang zur konkreten Fassung (z. B. „AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“) erhält (§ 305 Abs. 2 BGB). Ein allgemeiner Footer-Link oder eine Signaturzeile genügt dafür regelmäßig nicht.
Antwortet die Gegenseite mit eigenen Einkaufsbedingungen, liegt regelmäßig eine abändernde Annahme vor, die rechtlich als Ablehnung mit neuem Angebot gilt (§ 150 Abs. 2 BGB). Wer daraufhin ohne Klarstellung leistet, produziert eine kollisionsbehaftete Vertragslage. Übereinstimmendes bleibt, Widersprechendes fällt häufig heraus; es greift dispositives Recht (§ 306 BGB).
Individuell ausgehandelte Abreden gehen AGB vor (§ 305b BGB). „Aushandeln“ verlangt erkennbaren Einfluss der Gegenseite auf Inhalt und Reichweite der Regelung; bloßes Zur-Kenntnis-Nehmen genügt nicht. Überraschende Klauseln werden nicht Vertragsbestandteil (§ 305c BGB).
2. „Mechanik“ der Einbeziehung von AGB in den Vertrag
Vorbereitung
Die aktuelle Fassung wird eindeutig bezeichnet („AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“) und als PDF bereitgehalten; zusätzlich steht sie unter einer konkreten URL zur Verfügung. Rechtlich abgesicherte Textbausteine (Bestätigung/Gegenbestätigung) und eine klare interne Zuständigkeitsregel (wer versendet, wer prüft) vermeiden Fehler und Lücken.
Beim Vertragsschluss
Auf die Geltung der AGB wird ausdrücklich hingewiesen, gleichzeitig erhält die andere Seite Zugang zur konkreten Fassung – durch nachweisbare Übergabe eines Ausdrucks oder die Benennung einer konkreten URL/QR-Code, die genau diese Fassung erschließt. Kritische Punkte, mit denen die Gegenseite typischerweise nicht rechnet (z. B. weitgehende Haftungsbegrenzungen, Gerichtsstandsvereinbarung, verkürzte Verjährung), werden offen angesprochen und nach Möglichkeit individuell vereinbart.
Nachsorge
Schriftliche Bestätigung mit (i) Benennung der Fassung („AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“), (ii) Beifügung des PDFs bzw. konkreter URL und (iii) – falls die Gegenseite eigene Einkaufsbedingungen eingeführt hat – ausdrücklicher Zurückweisung dieser Bedingungen. Mit der Leistungserbringung wird erst nach dieser Klarstellung begonnen.
Besondere Konstellationen
Telefon/Eilauftrag Kurzmail vor Leistungsbeginn mit Fassungsangabe und Anlage bzw. konkreter URL; kurze Freigabe erbitten.
Messe/Termin vor Ort Ausdruck/QR-Code zur Fassung bereithalten; noch am selben Tag schriftlich bestätigen. AGB können auch nachträglich einbezogen werden; hierfür ist eine (nachweisbare) Vertragsänderung erforderlich. Ein bloßer Hinweis genügt nicht.
Wiederkehrende Geschäfte/Rahmen Jede neue Bestellung/Annahme enthält die konkrete Fassungsangabe; Fassungswechsel werden aktiv und nachweislich mitgeteilt.
Folgebelege & Fehler
Folgebelege. Lieferschein/Servicebericht verweisen auf die beim Abschluss einbezogene Fassung („AGB, Stand: …“). Folgebelege ersetzen den Einbeziehungsakt nicht, stützen aber die Dokumentation.
Typische Fehler. Allgemeiner Website-Link oder Signaturhinweis statt konkreter Fassung; Austausch eines PDFs unter derselben URL ohne neuen Hinweis; Leistungsbeginn vor Klarstellung; „Es gelten unsere AGB“ ohne Übergabe/Zugänglichmachen der konkreten Fassung.
3. Widersprechende AGB (Kollisionen)
Treffen sich AGB beider Seiten, gilt nicht automatisch die „letzte Mail“. Rechtlich maßgeblich ist: Eine Annahme „unter eigenen Bedingungen“ ist regelmäßig ein neues Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB). Ein Vertrag kommt – ohne Klärung – nur in den übereinstimmenden Punkten zustande; widersprechende Bestimmungen treten häufig zurück, die Lücken füllt dispositives Recht (§ 306 BGB). Individuell verhandelte Abreden gehen stets vor (§ 305b BGB); überraschende Regelungen werden nicht Bestandteil (§ 305c BGB). Ziel ist eine eindeutige Vertragsgrundlage vor Beginn der Leistung. Das gelingt mit vier Schritten:
- Fremde Bedingungen dokumentiert vor Leistungsbeginn zurückweisen.
- Eigene Fassung eindeutig einbeziehen („AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“; PDF beifügen oder konkrete URL nennen).
- Kernpunkte bei Bedarf kurz individuell vereinbaren (z. B. Haftung, Gewährleistungsfristen, Eigentumsvorbehalt, Gerichtsstand/Rechtswahl; Gerichtsstandsvereinbarung nur wirksam, wenn ausdrücklich vereinbart, § 38 ZPO).
- Leistung erst nach schriftlicher Klarstellung aufnehmen.
3.1 Bestellung (Einkaufsbedingungen) ↔ Auftragsbestätigung (Lieferbedingungen)
Ausgangslage: Der Käufer verweist in der Bestellung auf seine Einkaufsbedingungen; der Verkäufer bestätigt mit eigenen Lieferbedingungen.
Rechtslage: Eine Annahme „unter eigenen Bedingungen“ ist rechtlich ein neues Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB). Ohne Klärung bleibt nur der gemeinsame Kern.
Vorgehensweise: Schriftlich und unmissverständlich klarstellen, dass die fremden Bedingungen nicht gelten; die eigene konkrete Fassung einbeziehen („AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“; PDF/konkrete URL); bei Bedarf einzelne Kernpunkte (Haftung, Gewährleistung, Gerichtsstand/Rechtswahl) möglichst individuell vereinbaren. Erst danach leisten.
Formulierungsvorschlag
„Wir weisen Ihre Einkaufsbedingungen zurück. Der Vertrag kommt ausschließlich unter Einbeziehung unserer AGB (Stand: TT.MM.JJJJ) zustande; beigefügt/abrufbar unter [URL]. Leistung erst nach Ihrer Bestätigung.“
3.2 Beide Seiten bestehen auf ihren AGB
Ausgangslage: Nach Austausch von Bestellung und Auftragsbestätigung erklären beide Seiten, es gälten „ausschließlich unsere AGB“.
Rechtslage: Ohne Einigung gilt nur Übereinstimmendes; kollidierende Bestimmungen scheiden aus, mit Risiken u. a. bei Haftung, Verjährungsfristen, Eigentumsvorbehalt sowie Gerichtsstand/Rechtswahl (letzterer wirksam nur bei ausdrücklicher Vereinbarung, § 38 ZPO).
Vorgehensweise (zwei Optionen):
- Priorität festlegen: „Vorrang der AGB des Verkäufers (Stand: TT.MM.JJJJ); Abweichungen siehe Ziff. 1–5.“
- AGB ausschließen und Kernpunkte individuell regeln: Leistung, Preis, Haftung, Gewährleistung, Eigentumsvorbehalt, Gerichtsstand/Rechtswahl.
In beiden Fällen gilt: erst nach schriftlicher Bestätigung leisten.
Priorität: „Für diesen Auftrag gelten vorrangig unsere AGB (Stand: TT.MM.JJJJ). Abweichungen regeln wir in Ziff. 1–5. Bitte bestätigen.“
Neutralisierung: „Die AGB beider Parteien finden keine Anwendung. Es gelten ausschließlich die nachfolgenden individuell vereinbarten Regelungen (Ziff. 1–5). Bitte bestätigen.“
3.3 Rahmenvertrag mit Vorrang der Verkäufer-AGB; Abrufe des Käufers mit eigenen AGB
Ausgangslage: Es besteht ein beidseitig unterschriebener Rahmenvertrag, der die AGB des Verkäufers (Stand: TT.MM.JJJJ) als Grundlage und mit Vorrang festlegt. In den späteren Einzelabrufen verweist der Käufer gleichwohl auf seine Einkaufsbedingungen und behauptet deren Vorrang. Der Verkäufer liefert.
Rechtslage: Der Rahmenvertrag setzt die vertragliche Basis für die Abrufe. Verweist der Käufer im Abruf auf abweichende Einkaufsbedingungen, kann darin ein abweichendes Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB) bzw. der Versuch einer Änderung der vereinbarten Grundlage liegen. Ob die Lieferung diese Abweichung akzeptiert, hängt vom Gesamtbild ab: Bei klarer Vorrangklausel im Rahmen spricht viel dafür, den Abruf als Durchführung unter dem Rahmen zu verstehen; gleichwohl kann eine Lieferung ohne zeitnahe Klarstellung als konkludente Zustimmung zu (Teilen) der Einkaufsbedingungen gedeutet werden. In Kollisionslagen greifen oft Knock-out-Lösungen: Übereinstimmendes gilt, Widersprechendes fällt weg; Lücken füllt dispositives Recht (§ 306 BGB). Besser ist die eindeutige Fixierung spätestens parallel zum Leistungsbeginn.
Empfohlenes Vorgehen des Verkäufers (praxisnah).
- Abruf bestätigen mit Rahmenbezug und Vorrang. Schriftlich Bezug auf den Rahmenvertrag (Datum/Bezeichnung) nehmen, den Vorrang der Verkäufer-AGB bekräftigen und die konkrete Fassung benennen („AGB des Verkäufers, Stand: TT.MM.JJJJ“, PDF/URL).
- Einkaufsbedingungen zurückweisen. Klarstellen, dass die im Abruf genannten Einkaufsbedingungen – auch mit behauptetem Vorrang – nicht gelten und eine Abänderung des Rahmens nicht vereinbart ist.
- Sicherste Lösung: Leistungsbeginn an Klarstellung knüpfen. Lieferung erst nach kurzer Gegenbestätigung; bei Eilsachen: vorläufige Ausführung unter ausdrücklichem Vorbehalt, gleichzeitig schriftliche Klarstellung wie oben.
- Alternative: Einzelne Abweichungen individuell regeln. Wenn der Abruf in nur einzelnen Punkten abweicht (z. B. Liefertermin/Lieferparität), dies als Individualabrede separat festhalten; der Rahmen und die Verkäufer-AGB gelten im Übrigen fort.
Textbaustein (Abrufbestätigung des Verkäufers)
„Wir führen Ihren Abruf vom [Datum] auf Grundlage des Rahmenvertrags vom [Datum] aus. Es gelten die AGB des Verkäufers (Stand: TT.MM.JJJJ), beigefügt/abrufbar unter [URL]. Die in Ihrem Abruf genannten Einkaufsbedingungen – auch mit behauptetem Vorrang – werden nicht Vertragsbestandteil. Abweichungen regeln wir ausschließlich durch ausdrückliche Einzelvereinbarung. Bitte kurz bestätigen; wir liefern nach Ihrer Bestätigung. (Bei Eile: Lieferung erfolgt vorläufig; vorstehende Klarstellung bleibt maßgeblich.)“
4. Fassungssicherheit und Versionierung
Die Wirksamkeit der Einbeziehung steht und fällt mit der konkreten Fassung. Maßgeblich ist, welche AGB beim Abschluss zugänglich waren und als „AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“ bezeichnet wurden. Änderungen wirken grundsätzlich nur für künftige Abschlüsse; rückwirkende „Updates“ gibt es nicht.
Grundsätze
- Jede Fassung erhält eine eindeutige Bezeichnung („AGB, Stand: 15.09.2024“) und ein eigenständiges PDF.
- Für Online-Bereitstellung wird pro Fassung eine eigene URL verwendet; stille Dateiaustausche unter derselben Adresse sind zu vermeiden.
- Angebot, Bestätigung und – falls erforderlich – Gegenbestätigung nennen immer die konkrete Fassung und fügen das PDF an bzw. nennen die konkrete URL.
- Bei persönlichen Abschlüssen genügt ein Papierexemplar; aus Beweisgründen kurze Empfangsnotiz oder Gegenzeichnung vorsehen.
Langjährige Geschäftsbeziehungen
Eine „gelebte Praxis“ ersetzt weder Hinweis noch Zugang zur konkreten Fassung. Bei Fassungswechsel gilt: (i) Änderungsmitteilung an die Ansprechpartner senden, (ii) ab dem nächsten Geschäftsvorfall die neue Fassung ausdrücklich benennen, (iii) PDF/URL beifügen. Alte Fassungen bleiben im Archiv abrufbar, damit im Streitfall klar ist, welche Version beim jeweiligen Abschluss zugrunde lag.
Beweis und Organisation
- Archiv: Getrennte Ablage pro Fassung (z. B. „AGB_2023-10-01.pdf“, „AGB_2024-09-15.pdf“) mit kurzem Änderungsprotokoll.
- Zugriffsnachweis: Bei Link-Nutzung – soweit möglich – Protokoll über den Abruf der konkreten URL aufbewahren.
- Dokumentenkette: Angebot/Bestätigung/Gegenbestätigung samt Anlage in einem Vorgangsbündel ablegen; bei Papierübergabe kurzer Vermerk („Exemplar übergeben am …“).
Mitteilung bei Fassungswechsel (Textbaustein, kurz)
„Wir haben unsere AGB aktualisiert (Stand: TT.MM.JJJJ). Für künftige Aufträge gelten diese AGB; das PDF ist beigefügt bzw. unter [konkrete URL] abrufbar. In Angebot und Auftragsbestätigung verweisen wir jeweils auf die konkrete Fassung.“
Fehlerrisiken: Allgemeiner Website-Link statt konkreter Fassungsangabe; Austausch des PDFs unter identischer URL ohne neue Benennung; Abschlussunterlagen ohne Beifügung/URL und ohne Datum der Fassung; spätere „Nachreichung“ einer neuen Fassung für einen bereits geschlossenen Vertrag.
5. Dokumentation und Beweisführung
Beweisziel und Maßstab. Im Streit muss der Verwender darlegen und beweisen, dass die AGB beim Vertragsschluss einbezogen wurden und welche konkrete Fassung zugrunde lag. Maßstab ist § 286 ZPO: Das Gericht bildet seine Überzeugung aus der Gesamtschau der Tatsachen und Beweismittel. Entscheidend ist eine geschlossene, lückenarme Tatsachenkette; ausreichend ist die zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit – ein Lesebeweis ist nicht erforderlich.
Was das Gericht sehen will. Erstens: den Hinweis beim Abschluss und den Zugang zur konkreten Fassung („AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“). Zweitens: den dokumentierten Umgang mit fremden Bedingungen (insbesondere die ausdrückliche Zurückweisung; bei Abweichungen eine kurze Individualabrede). Drittens: den Leistungsbeginn erst nach dieser Klarstellung. Wer diese Chronologie belegt, setzt sich regelmäßig durch, ohne eine Klauselprüfung führen zu müssen.
Die überzeugende Kette (Beispiel)
- Am [Datum] findet das Abschlussgespräch statt; die Geltung wird erklärt und die konkrete Fassung „AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“ als Ausdruck übergeben oder über eine konkrete URL zugänglich gemacht.
- Am selben Tag folgt eine Bestätigung, die die Fassung nennt und das PDF beifügt bzw. die konkrete URL angibt.
- Geht eine Bestellung mit Einkaufsbedingungen ein, erfolgt am selben Tag eine Gegenbestätigung mit ausdrücklicher Zurückweisung und erneuter Benennung der konkreten Fassung; zugleich wird klargestellt, dass die Leistung erst nach Bestätigung beginnt.
- Die Leistung beginnt erst nach der kurzen Gegenbestätigung.
Diese Vier-Schritt-Abfolge ist kurz, konsistent und prozessual tragfähig.
Organisationsstandard (knapp). Jede Fassung liegt als eigenes PDF („AGB_YYYY-MM-DD.pdf“) vor und – bei Online-Bereitstellung – unter einer eigenen URL. Vorlagen für Angebot, Bestätigung und Gegenbestätigung enthalten die feste Fassungsangabe. Im DMS/ERP ist ein Freigabeschritt hinterlegt („Leistungsbeginn erst nach Klarstellung“). Für Rahmenverträge wird eine Abrufbestätigung mit Rahmenbezug und Fassungsangabe verwendet. In der Vorgangsakte werden Angebot, Bestellung/Abruf, Bestätigung/Gegenbestätigung, AGB-PDF (Stand) sowie Versand-/Downloadnachweise zusammengeführt; bei Papierübergabe genügt ein kurzer Vermerk.
Fehlerbilder und Korrektur.
– „Es gelten unsere AGB“ ohne Fassungsangabe/Übergabe: sofort Bestätigung mit Fassungsangabe und Anlage nachreichen; künftig Standard einhalten.
– Austausch des PDFs unter identischer URL: künftig pro Fassung eine eigene URL verwenden und in Schreiben diese URL nennen.
– Beginn vor Klarstellung: unverzüglich schriftlich klarstellen und die weitere Leistung von der Bestätigung abhängig machen; bereits Erbrachtes dokumentieren.
– Zeugen statt Urkunden: Zeugen nur ergänzend einsetzen; tragend ist die zeitnahe Dokumentation der Einbeziehung und der konkreten Fassung.
Warum diese Linie trägt. Sie liefert genau das, was § 286 ZPO verlangt: eine überprüfbare Abfolge aus Hinweis, Zugang zur konkreten Fassung, Behandlung fremder Bedingungen und erst danach beginnender Leistung – und verhindert so, dass dispositives Recht ungewollt Lücken füllt.
6. Praxisbeispiele
6.1 Papier-Bestellung mit Einkaufsbedingungen nach Telefonat
Sachverhalt. Nach einem Telefonat sendet der Käufer eine Bestellung und verweist auf seine Einkaufsbedingungen; zuvor gibt es kein Schriftstück zur AGB-Geltung.
Ziel. Klare Vertragsgrundlage vor Leistungsbeginn.
Vorgehen. Am selben Tag Gegenbestätigung: fremde Bedingungen ausdrücklich zurückweisen; konkrete Fassung benennen („AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“) und das PDF beifügen bzw. eine konkrete URL angeben; bei Bedarf einzelne Punkte (z. B. Liefertermin) kurz individuell regeln; Leistungsbeginn erst nach Bestätigung.
Belege. Gegenbestätigung, AGB-PDF/URL, Versand-/Empfangsnachweis.
Ergebnis. Vertrag auf Basis der eigenen AGB; widersprechende Regelungen greifen nicht.
6.2 Termin/Messe – Handschlag, kurze Zusammenfassung am Abend
Sachverhalt. Preis und Leistungsumfang werden am Stand festgelegt: „Wir machen das so“.
Ziel. Einbeziehungsakt beim Abschluss nachweisbar machen.
Vorgehen. Vor Ort Ausdruck der konkreten Fassung übergeben oder QR-Code/konkrete URL nennen; noch am selben Tag kurze Bestätigung senden, die die Fassung („AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“) nennt und beifügt/verlinkt; ungewöhnliche Punkte (Haftung, Gerichtsstand, verkürzte Verjährung) offen ansprechen und – falls erforderlich – als kurze Individualabrede fixieren.
Belege. Übergabevermerk (kurzer Aktenvermerk)/Foto des Aushändigens oder QR-Hinweis, Bestätigung, AGB-PDF/URL.
Ergebnis. Einbeziehung und etwaige Abweichungen sind dokumentiert; späteres Bestreiten läuft ins Leere.
6.3 Eilauftrag am Telefon („Bitte sofort anfangen“)
Sachverhalt. Der Kunde drängt auf sofortige Leistung; die formale Bestellung soll „nachgereicht“ werden.
Ziel. Starten – aber auf belastbarer Grundlage.
Vorgehen. Vor Beginn kurze E-Mail: Einbeziehung der konkreten Fassung der eigenen AGB („AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“), PDF/konkrete URL; ausdrückliche Zurückweisung abweichender Einkaufsbedingungen; Bitte um kurze Bestätigung. Erst danach beginnen. Ist ein Start ausnahmsweise vor Bestätigung unvermeidbar: ausdrücklicher Vorbehalt und dieselbe Klarstellung.
Belege. Kurzmail, AGB-PDF/URL, Bestätigung.
Ergebnis. Leistung auf geklärter Vertragsgrundlage; Zugang und Umgang mit fremden Bedingungen sind nachweisbar.
6.4 Rahmenvertrag mit Vorrang der Verkäufer-AGB; Abrufe des Käufers mit eigenen AGB
Sachverhalt. Ein unterschriebener Rahmenvertrag erklärt die AGB des Verkäufers (Stand: TT.MM.JJJJ) zur Grundlage und räumt ihnen Vorrang ein. In Einzelabrufen verweist der Käufer dennoch auf eigene Einkaufsbedingungen und behauptet deren Vorrang.
Ziel. Durchführung des Abrufs auf Grundlage des Rahmenvertrags, ohne Kollisionsrisiko.
Vorgehen. Jeden Abruf schriftlich bestätigen: ausdrücklicher Rahmenbezug (Datum/Bezeichnung), Benennung der konkreten Verkäufer-AGB (PDF/konkrete URL), ausdrückliche Zurückweisung der im Abruf genannten Einkaufsbedingungen unter Verweis auf den Rahmenvertrag; ggf. akzeptable Abweichungen (z. B. Termin) als kurze Individualabrede festhalten; Leistung erst nach Gegenbestätigung, bei Eilsachen vorläufig unter Vorbehalt.
Belege. Rahmenvertrag, Abrufbestätigung, AGB-PDF/URL, Versand-/Empfangsnachweise.
Ergebnis. Der Rahmen bleibt tragende Grundlage; ein bloßer AGB-Verweis im Abruf verschiebt die Rangordnung nicht.
7. Mustertexte (praxisnah, kurz, belastbar)
Platzhalter in eckigen Klammern bitte ersetzen. Die Fassung stets konkret benennen: „AGB, Stand: [TT.MM.JJJJ]“. Bei Online-Bereitstellung eine konkrete URL angeben, die genau diese Fassung erschließt.
7.1 Bestätigung nach Termin/Telefon (Einbeziehungsakt)
Betreff: Bestätigung des Vertragsschlusses – Einbeziehung unserer AGB (Stand: [TT.MM.JJJJ])
Wir bestätigen den heute geschlossenen Vertrag. Der Vertrag kommt ausschließlich unter Einbeziehung unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB, Stand: [TT.MM.JJJJ]) zustande. Die Fassung ist beigefügt bzw. unter [konkrete URL] abrufbar. Abweichende Einkaufs- oder sonstige Bedingungen der Gegenseite werden nicht Vertragsbestandteil. Bitte bestätigen Sie kurz.
7.2 Gegenbestätigung zur Bestellung mit Einkaufsbedingungen
Betreff: Ihre Bestellung vom [Datum] – Klarstellung der Vertragsgrundlage
Wir nehmen Ihre Bestellung nicht zu den darin einbezogenen Einkaufsbedingungen an. Der Vertrag kommt ausschließlich auf Grundlage unserer AGB, Stand: [TT.MM.JJJJ] zustande; die Fassung ist beigefügt bzw. unter [konkrete URL] abrufbar. Abweichungen bedürfen einer ausdrücklichen Vereinbarung. Mit der Leistung beginnen wir erst nach Ihrer Bestätigung.
7.3 Abrufbestätigung zum Rahmenvertrag (Vorrang Verkäufer-AGB)
Betreff: Abruf vom [Datum] – Durchführung nach Rahmenvertrag vom [Datum]
Wir führen Ihren Abruf auf Grundlage des Rahmenvertrags vom [Datum] aus. Es gelten gemäß Rahmenvertrag die AGB des Verkäufers, Stand: [TT.MM.JJJJ], beigefügt bzw. abrufbar unter [konkrete URL]. Die im Abruf genannten Einkaufsbedingungen – auch mit behauptetem Vorrang – werden nicht Vertragsbestandteil. Abweichungen regeln wir ausschließlich durch ausdrückliche Einzelvereinbarung. Bitte bestätigen Sie kurz.
7.4 Einbeziehung im Angebot/Anschreiben
Dieses Angebot gilt nur unter Einbeziehung unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB, Stand: [TT.MM.JJJJ]). Die Fassung ist beigefügt bzw. unter [konkrete URL] abrufbar.
7.5 Prioritätsabrede bei beiderseitigen AGB (Auflösung der Kollision)
Die Parteien vereinbaren, dass für den vorliegenden Auftrag die AGB des [Verkäufers/Käufers], Stand: [TT.MM.JJJJ], vorrangig gelten. Abweichungen werden – soweit erforderlich – als Individualabreden in den nachfolgenden Ziffern [x–y] festgehalten. Im Übrigen bleibt es bei den vorrangigen AGB.
7.6 AGB-Neutralisierung mit Kernabrede (wenn keine Priorität durchsetzbar)
Die AGB beider Parteien finden keine Anwendung. Es gelten ausschließlich die nachfolgenden individuell vereinbarten Regelungen: [Leistungsinhalt], [Preis/Zahlung], [Haftung/Haftungsbegrenzung], [Gewährleistungsfristen], [Eigentumsvorbehalt], [Gerichtsstand/Rechtswahl]. Ergänzend gilt dispositives Recht.
7.7 Eilauftrag – Freigabe vor Leistungsbeginn
Betreff: Eilauftrag – Klarstellung der Grundlage / Freigabe erbeten
Zur sofortigen Ausführung bitten wir um kurze Bestätigung, dass der Auftrag ausschließlich unter Einbeziehung unserer AGB, Stand: [TT.MM.JJJJ] erfolgt (PDF anbei bzw. abrufbar unter [konkrete URL]). Abweichende Einkaufsbedingungen gelten nicht. Beginn erst nach Ihrer Freigabe. (Falls ausnahmsweise ein Vorab-Start nötig ist, erfolgt die Leistung unter ausdrücklichem Vorbehalt dieser Klarstellung.)
7.8 Verhandlungsvermerk (Nachweis der Individualvereinbarung)
Am [Datum], Ort [Ort], Teilnehmer [Namen/Funktion]. AGB-Hinweis erteilt; Fassung „AGB, Stand: [TT.MM.JJJJ]“ als Ausdruck übergeben bzw. über [konkrete URL] zugänglich gemacht. Zu Ziffer [X] wurden Alternativen erörtert ([Variante 1] / [Variante 2]); entschieden wurde Variante [ ]. Endwortlaut: „[Text]“. Vermerk erstellt von [Name], versandt an [Gegenseite] am [Datum].
8. FAQ
8.1 Einbeziehung & Form
- Gilt ein mündlicher Hinweis?
- Ja, wenn er beim Abschluss erfolgt und die konkrete Fassung „AGB, Stand: TT.MM.JJJJ“ zugänglich gemacht wird (Ausdruck/konkrete URL). Beweisbar wird es erst mit der zeitnahen schriftlichen Bestätigung.
- Reicht der Aufdruck „Es gelten unsere AGB“ auf Formularen?
- Nur als Indiz. Ohne Zugang zur konkreten Fassung ist die Einbeziehung angreifbar. Lösung: Fassungsangabe + PDF/konkrete URL beim Abschluss.
- Dürfen AGB in Papierform ausgehändigt werden, obwohl sonst digital gearbeitet wird?
- Ja. Entscheidend ist der Zugang zur konkreten Fassung; das Medium ist zweitrangig. Übergabe dokumentieren.
- Braucht es eine Unterschrift „AGB zur Kenntnis genommen“?
- Nein. Erforderlich ist die Kenntnisnahmemöglichkeit, nicht der Lesebeweis. Eine Empfangsbestätigung erhöht den Beweiswert.
- Wie lange darf die Zeitspanne zwischen Abschluss und Bestätigung sein?
- So kurz wie möglich. Jede Verzögerung schwächt den Bezug zum Abschluss.
8.2 Digitale Konstellationen
Definition „konkrete URL“: direkter Link auf das datierte PDF der maßgeblichen Fassung; jede Fassung besitzt eine eigene URL (kein stiller Austausch unter derselben Adresse).
- Ist ein Link auf unsere Website ausreichend?
- Nein. Zulässig ist nur eine konkrete URL zur konkreten Fassung. Unzulässig: Start- oder Übersichtsseiten. Zulässig: datierte, versionierte PDF-URL (z. B.
/static/agb/AGB_2024-09-15.pdf
). - Kurze Links/QR-Codes – geht das?
- Ja, wenn sie stabil sind und exakt auf die konkrete Fassung führen (Weiterleitung auf die versionierte Ziel-URL, Ziel nach Versand nicht mehr ändern, keine vorzeitigen Ablaufdaten).
- Cloud-Links (WeTransfer/Drive) – geeignet?
- Nur eingeschränkt. Risiken: Ablauf des Links, späterer Austausch unter gleicher URL, fehlende Revisionssicherheit. Sicherer: je Fassung eigene Datei/ID, ideal ohne Login, Datei unter derselben URL nicht ersetzbar, datiertes PDF, Download-/Zugriffsprotokolle sichern.
- Darf dieselbe URL für neue Fassungen wiederverwendet werden?
- Nein. Jede Fassung braucht eine eigene URL und ein eigenes PDF. Sonst ist die Beweisführung angreifbar.
- Reicht eine feste Datei „/agb.pdf“, die intern ausgetauscht wird?
- Nein. „Lebender Link“ – beweisschwach. Sicher ist nur eine versionierte Datei mit datiertem Namen und eigener URL je Fassung.
- E-Mail-Signatur mit AGB-Link – genügt das?
- Nein. Als Zusatz okay; Einbeziehungsakt bleibt der Hinweis beim Abschluss plus Zugang zur konkreten Fassung.
- Elektronische Signatur (eSign) – hilft sie?
- Ja, wenn die Signaturmappe die konkrete AGB-Fassung enthält und zeitlich dem Abschluss zugeordnet ist.
8.3 Kollisionen & Priorität
- „Letzte Mail gewinnt“ – stimmt das?
- Regelmäßig nein. Ohne Klärung gilt nur Übereinstimmendes; Abweichendes fällt weg, Lücken füllt dispositives Recht. Lösung: schriftlich zurückweisen, eigene konkrete Fassung benennen, Kernpunkte ggf. individuell regeln.
- Kann man AGB beider Seiten gleichzeitig gelten lassen?
- Nur, wenn echte Priorität/Koexistenz sauber geregelt wird. Praktisch sicherer: Prioritätsabrede oder Neutralisierung + Kernabrede.
8.4 Fassungen & Änderungen
- Darf „AGB, Stand: aktuell“ verwendet werden?
- Nein. Es braucht eine datierte Fassung. „Aktuell“ verwischt die Beweislage.
- Wie wird ein Fassungswechsel wirksam?
- Für künftige Abschlüsse durch Mitteilung und anschließende Benennung der neuen Fassung bei jedem Abschluss. Rückwirkende „Updates“ gibt es nicht.
- Müssen alte Fassungen verfügbar bleiben?
- Ja, als Beweis. Jede Fassung mit eigenem PDF und eigener URL archivieren.
8.5 Sprache, Inhalt, Adressaten
- AGB auf Englisch mit deutschem Vertragspartner (oder umgekehrt) – problematisch?
- Nur, wenn Verständlichkeit zweifelhaft ist. Bei deutschsprachigen Ansprechpartnern besser deutsche Fassung bzw. zweisprachig mit klarer deutscher Auslegungsklausel.
- Überraschende Klauseln – wie vermeiden?
- Früh und offen ansprechen, ggf. individuell vereinbaren. Sonst droht der Ausschluss.
- Kernpunkte als Individualabrede – wie geht das?
- Nur nachweislich ausgehandelt (Alternativen, Änderungen, Vermerk) und mit klarem Vorrang zur AGB-Klausel. Checkboxen, vorformulierte Optionen oder bloßes „Zur-Kenntnis-Nehmen“ genügen nicht.
8.6 Branchen- und Ablaufbesonderheiten
- Montage/Service vor Ort – wie binde ich AGB ein?
- Einbeziehungsakt vor Arbeitsbeginn sichern (Kurzmail/Bestätigung mit Fassung). Hinweise auf Lieferschein/Servicebericht dienen nur der Stütze.
- Einkaufsportal des Kunden zwingt zu „AEB akzeptieren“?
- Vorgelagert schriftlich klarstellen, dass der Vertrag nur auf Basis der eigenen AGB/Prioritätsabrede zustande kommt. Ohne Bestätigung besser nicht leisten.
8.7 Beweis & Organisation
- Welche zwei Dokumente tragen am meisten?
- (1) Zeitnahe Bestätigung/Gegenbestätigung mit konkreter Fassungsangabe + PDF/URL. (2) Versand-/Downloadnachweis zur konkreten URL. Zeugen ergänzen nur.
- Darf ich die Leistung ausnahmsweise vor Klarstellung beginnen?
- Nur mit ausdrücklichem Vorbehalt und paralleler Klarstellung. Sonst droht eine unklare Vertragslage.
- Wie lange sollten Nachweise aufbewahrt werden?
- Mindestens bis zum Ablauf der längsten relevanten Verjährung (regelmäßig Gewährleistungsfristen + Puffer) und nicht kürzer als die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten (§§ 257 HGB, 147 AO, GoBD). Alte Fassungen dauerhaft archivieren.
8.8 Internationale Sachverhalte
- UN-Kaufrecht (CISG) – ändert das etwas?
- Die Kollisionslogik bleibt; Vertragsschluss- und Abweichungsregeln des CISG sind zu beachten. Im Zweifel CISG ausdrücklich ausschließen.
- Rechtswahl in AGB – reicht das grenzüberschreitend?
- Ja. Rechtswahl kann wirksam über AGB erfolgen, sofern die AGB wirksam einbezogen sind (Art. 3 Rom-I). In der Praxis zusätzlich klar benennen („deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG)“), um Auslegungsstreit zu vermeiden.
- Gerichtsstand in AGB – wirksam im Ausland?
- Im EU-/EWR-Verkehr grundsätzlich ja, wenn die Formvorgaben eingehalten sind (Art. 25 Brüssel Ia). Außerhalb hängt die Anerkennung vom jeweiligen Recht ab; deshalb die Klausel explizit im Vertragstext wiederholen.
KONTAKT
