Urkundenklage im Zivilprozess: Definition, Ablauf und Kontext mit dem Mahnverfahren

LEGAL+

LEGAL+ NEWS

Urkundenklage im Zivilprozess: Definition, Ablauf und Kontext mit dem Mahnverfahren

Dieser Ratgeber erklärt bündig die Urkundenklage im deutschen Zivilprozess, ihre Unterschiede zum Mahnverfahren und gibt Tipps, wann sie sinnvoll ist.

Was versteht man unter einer Urkundenklage?

Eine Urkundenklage bzw. ein Urkundenprozess bietet als beschleunigtes Verfahren die Möglichkeit, eine Klage – zunächst – nur mittels Urkunden zu führen, vgl. § 592 ZPO.  

Im sog. Urkundenprozess werden folglich keine Zeugen vernommen und keine Gutachten erstellt. Es wird nur der Anspruch aus der Urkunde geprüft. Die Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten sind spiegelbildlich auf Urkunden beschränkt. Letzteres bedeutet: 

Selbst wenn der mittels Urkunden geltend gemachte Anspruch unbegründet ist, dies vom Beklagten jedoch nicht mittels Urkunden belegt werden kann, wird die Klagepartei den Urkundenprozess zunächst gewinnen und erhält so einen – vorläufig – vollstreckbaren Titel.  

Der Beklagte hat dann allerdings die Möglichkeit, in einem sog. Nachverfahren (§ 600 ZPO) alle ihm im Urkundenprozess verwehrt gebliebenen Einwände gegen die Klageforderung zu erheben. Im Erfolgsfalle ist der Kläger, der aufgrund des im Urkundenprozess erwirkten Titels Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen hat, gegenüber dem Beklagten zum Schadensersatz verpflichtet.

Urkundenklage vs. Mahnverfahren

Der vorstehend in Grundzügen dargestellte Urkundenprozess ist im Zusammenhang mit dem Mahnverfahren zu sehen. Beide Verfahren stellen eine Möglichkeit dar, in im Vergleich zur regulären Klage deutlich kürzerer Zeit einen Vollstreckungstitel zu erhalten.

Während im Mahnverfahren ein unbegründeter Widerspruch des Beklagten ohne weiteres dazu führt, dass der Kläger seinen Anspruch im regulären Klageverfahren weiterverfolgen muss, bietet die Urkundenklage die Chance, über eine Urkunde, die den fraglichen Anspruch geeignet verbrieft, zu einem Vollstreckungstitel zu gelangen. Hier reicht also ein Widerspruch des Beklagten allein nicht aus. Nur dann, wenn es dem Beklagten gelingt, die Begründetheit des Anspruchs aus der Urkunde heraus zu Fall zu bringen, muss der Kläger – wie im Falle des Mahnverfahrens – seinen Anspruch im regulären Klageverfahren weiterverfolgen.

Law, portrait and a mature graduate with a certificate from education achievement in an office. Smi

Bewertung: Wann ist die Urkundenklage das richtige Verfahren für Sie?

Die Urkundenklage soll der Verfahrensbeschleunigung dienen, kann jedoch ihre Vorteile nur dann voll ausspielen, wenn der Anspruch eindeutig aus der Urkunde hervorgeht und der Beklagte keine substantiierten Einwendungen erhebt. Andernfalls kann – eher: wird – das Verfahren in ein reguläres Klageverfahren (Nachverfahren) übergehen mit der Folge, dass sich der Kläger besser von vornherein für das normale Verfahren hätte entscheiden sollen.

Auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erhebung einer Urkundenklage vorliegen, ist diese daher nicht in jedem Fall die beste Wahl.

Dem Kläger ist insbesondere zu raten, den potenziellen Widerstand des Beklagten im Voraus zu antizipieren und entsprechend zu planen. Wenn ein Widerstand des Beklagten wahrscheinlich erscheint, ist es im Zweifel sinnvoller, direkt ein reguläres Klageverfahren zu wählen, um Zeit und Ressourcen zu sparen.

Jedoch sollte vor der Wahl dieses Verfahrens immer der spezifische Sachverhalt betrachtet und eine Abwägung der Vor- und Nachteile vorgenommen werden.

Sie haben Fragen dazu?

AKTUELLE BEITRÄGE

Businessmen Deal Handshake Agreement Concept
Handelsrecht

Corona als Störung der Geschäftsgrundlage?

Unzählige Vertragsverhältnisse konnten seit Beginn der Corona-Krise nicht planmäßig durchgeführt werden. Schuld waren meist die staatlichen Corona-Maßnahmen, für die naturgemäß keine der Vertragsparteien eine Verantwortung trifft. Dies hat die spannende Frage aufgeworfen, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen die vertragliche Hauptleistung – z.B. die Überlassung der Räumlichkeiten in mietrechtlichen Konstellationen – trotz der Corona-Maßnahmen nach wie vor erbracht werden konnte, allerdings die Nutzung der Räume für den Mieter infolge der Corona-Maßnahme ganz oder teilsweise nicht möglich war.

Weiter lesen »
collection of various flags of different countries standing tall together in a row on a stand
Prozessführung

Klage aus dem Ausland – Zustellung wirksam?

Verklagt zu werden, ist immer unerfreulich. Hat man es allerdings mit einer Klage aus dem Ausland zu tun, ist das Ärgernis aus diversen Gründen erheblich größer, nur beispielhaft sei auf die oft erheblichen Kosten hingewiesen. Die erste Frage, die Sie aufwerfen sollten, wenn Sie in Ihrem Briefkasten eine Klage aus dem Ausland vorfinden, lautet: Ist Zustellung der Klage überhaupt wirksam? Oftmals ist dies nämlich nicht der Fall, was Ihnen diverse Vorteile bringt (z.B. Zeitgewinn, Möglichkeit eigener prozessualer Schritte etc.).

Weiter lesen »
Businessman sleeping at office
Handelsrecht

Prozessrecht: Der untätige Sachverständige

Der untätige Sachverständige bedeutet für Betroffene ein großes Dilemma. Der Gesetzgeber hat dies durchaus erkannt und hat mit einer Reform des Sachverständigenrechts mit Wirkung seit 15.10.2016 durchaus relevante Verschärfungen im Zivilprozessrecht verankert.

Weiter lesen »

KONTAKT

LEGAL+

+49 (40) 57199 74 80

+49 (170) 1203 74 0

Bleichenbrücke 11 D-20354 Hamburg

kontakt@legal-plus.eu

Profitieren Sie von meinem aktiven Netzwerk!

Ich freue mich auf unsere Vernetzung.

Copyright 2024 © All rights Reserved.